Onlinedienst der Deutschen Bundespost
„Bundespost im Bildschirmtext-Rausch“ so schrieb die „Computerwoche“ im November 1977 über die Pläne der deutschen Post zur Einführung des neuen Angebotes „Bildschirmtext“, BTX. Doch es sollte noch eine Weile dauern, bis dieser Service nach dem Prinzip des von Sam Fedida entwickelten Videotext flächendeckend eingeführt wurde. Auf der Funkausstellung 1977 war BTX erstmals einem größeren Publikum in Deutschland vorgestellt worden. 1980 wurde ein Feldversuch mit jeweils 2000 Interessenten in Berlin und Düsseldorf gestartet. Die Teilnehmer erhielten einen BTX-Decoder, der an ein Fernsehgerät angeschlossen werden konnte, ein Modem und eine Tastatur. Die Übertragung erfolgte mit 1200 Bit pro Sekunde, wobei in 24 Zeilen mit jeweils 40 Zeichen, einfache Grafiken und Texte nach dem CEPT-Standard übertragen werden konnten. Dieser von den europäischen Postbehörden festgelegte Standard erlaubt die Darstellung aller in Europa verwendeten Zeichen, einschließlich der Umlaute. Die bundesweite Einführung des Bildschirmtext erfolgte 1984. Obwohl zahlreiche Dienste angeboten wurden, die Versandhäuser ßßß Otto und „Quelle“ waren vertreten, und Bankgeschäfte konnten über diese relativ sichere Verbindung abgewickelt werden, erfüllten sich die Vorstellungen der Macher, die schon in den 80-er Jahren über eine Millionen Nutzer erwarteten, nicht. 1994 hatte BTX 500.000 Teilnehmer und erst 1997 nutzten 1,5 Millionen Menschen den Dienst, der inzwischen „T-Online“ hieß. Ein Grund für die mangelnde Akzeptanz waren die zahlreichen Erotikangebote im Bildschirmtext, die sich ungehindert ausbreiten konnten, da es der entsprechende Staatsvertrag der Post nicht erlaubte, Einfluß auf die angebotenen Inhalte zu nehmen. Neben dem beliebten Homebanking wurde das System auch für Dienste innerhalb von Firmen, die heute im Internet neudeutsch als „B2B“ bezeichnet werden, genutzt. Zum Beispiel stand die Firma BMW über BTX in Verbindung mit ihren Händlern, und eine große Versicherungsgesellschaft hielt auf diese Weise Kontakt mit ihren Außendienstmitarbeitern. 1992 wurde BTX in Datex-J (Data Exchange für Jedermann) umbenannt und bald darauf unter dem Namen T-Online (Telekom Online) vermarktet, wobei auch der Zugriff auf das Internet ermöglicht wurde. Mit dem wachsenden Netz entwickelte sich der Betreiber des Dienstes, die ßßß Telekom, eine der Nachfolgefirmen der Bundespost, zum größten Internet-Provider Europas. Der Kreis der Nutzer des ehemaligen BTX verkleinerte sich immer mehr und der Dienst wurde Ende 2001 endgültig eingestellt, nachdem er seit Anfang des Jahres nur noch über eine teure Sondernummer erreichbar war.
Beitragsbild: Screenshot eines BTX-Menüs