Amerikanischer Autor, Verfasser der Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace
„Regierungen der industriellen Welt, Ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes. Im Namen der Zukunft bitte ich Euch, Vertreter einer vergangenen Zeit: Laßt uns in Ruhe! Ihr seid bei uns nicht willkommen. Wo wir uns versammeln, besitzt Ihr keine Macht mehr“ So beginnt die „Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace“, die von John Perry Barlow, einem der großen Vordenker des Internet, im Februar 1996 von der Schweiz aus veröffentlicht wurde. In dieser Erklärung beschreibt Barlow das Internet als ein Gebilde, einen „Weltweiten Organismus des Verstandes“, welcher organisch wächst und in dem sich eine eigne Gesellschaft von gleichberechtigten Mitgliedern entwickelt, wodurch die Nationalstaaten überflüssig werden sollen. Für diesen „Cyberspace“ genannten Ort fordert er uneingeschränkte Meinungsfreiheit. Diese Deklaration brachte ihm vom „Yahoo Magazine“ die Bezeichnung „Thomas Jefferson des Cyberspace“ ein. John Perry Barlow wurde 1947 geboren und wuchs auf einer Ranch in Wyoming auf, wo er zunächst die Dorfschule besuchte. 1969 machte er an der Universität in Middletown, Connecticut, seinen Abschluß in vergleichenden Religionswissenschaften mit Auszeichnung. Bis 1988 lebte und arbeitete er als Viehzüchter in Wyoming. Er verkaufte seine Ranch aus Frustration darüber, daß die Anwesen der Nachbarschaft von Film-Stars und Wirtschaftskapitänen aufgekauft wurden, die dort alles andere als Viehzucht betreiben wollten. Seit 1971 schrieb er außerdem Songs für die amerikanische Hippie-Rockgruppe Greatful Dead. Das Internet lernte er in Gestalt des Computernetzes der Alternativszene um San Francisco, ßßß WELL („Whole Earth ‚Lectronic Link“), kennen, auf das er auf der Suche nach einer neuen Gemeinschaft stieß. 1990 machte er den von William Gibson geprägten Ausdruck „Cyberspace“ als Bezeichung für das Internet populär. In diesem Jahr gründete er auch, gemeinsam mit Mitch Kapor, dem ehemaligen Besitzer der Softwarefirma Lotus, die „Electronic Frontier Foundation“ EFF. Die Gründung war die Reaktion auf die Beschlagnahme von Computern durch den amerikanischen Geheimdienst NSA. Im Zuge von Ermittlungen wegen illegalen Softwarehandels wurden auch Daten beschlagnahmt, die mit dem Verfahren nichts zu tun hatten. Die EFF setzt sich für den Erhalt der Bürgerrechte im Internet ein, dies beinhaltet die Wahrung der Privatspähre, also etwa die Erlaubnis zur Verschlüsselung privater Botschaften, und die absolute Meinungsfreiheit. Bekannt wurde die Organisation durch ihren Kampf gegen Pläne der amerikanischen Regierung, alle Endgeräte mit einem Chip zu versehen, der die Verschlüsselung privater Botschaften ermöglicht, jedoch dem Geheimdienst gleichzeitig den Zugriff auf die verschlüsselten Daten erlaubt hätte. John Perry Barlow ist als Autor für die verschiedensten Publikationen tätig, unter anderem schreibt er von Beginn an für das Internetmagazin Wired. Der begeisterte Motorradfahrer nimmt auch schon einmal ein Motorrad als Honorar für eine Reportage an. Seine vielen Reisen führten ihn auch nach Afrika, wo er sich auf der Suche nach dem Cyberspace die Malaria zuzog. Die Erfahrungen aus diesem Kontinent führten Anfang 2000 zur Gründung der „Bridges.org“ einer Organisation zu Überbrückung der „digitalen Teilung“ der Welt. Auf seinen Reisen wird er manchmal von seinen drei Töchtern begleitet, die sonst bei Barlows geschiedener Frau in Wyoming leben. Neben seiner Tätigkeit als Autor macht Barlow auch als Vortragender von sich reden: So verblüffte er bei einem Referat über die Definition des Geldes sein aus Bankern bestehendes Publikum mit einem einzigen: Satz. Er sagte: „Was auch immer Allen Greenspan (Der Präsident der Amerikanischen Zentralbank) dafür hält.“ Er sieht eine Gesellschaft entstehen, in der jeder sein eigener Unternehmer ist, es keine Trennung von „Arbeiten und Leben“ mehr gibt und in welcher der Erfolg einer Person nicht von deren Wissen sondern von deren Bekanntheit abhängt. Als Verfechter der absoluten Meinungsfreiheit lehnt er natürlich auch das Urheberrecht ab, denn „schließlich werden Industriearbeiter auch nicht nach dem bezahlt, was sie getan haben, sondern dafür, was sie hier und jetzt leisten.“ Seine Kritiker werfen ihm vor, er würde dem Neoliberalismus das Wort reden und die absolute Meinungsfreiheit würde der Verbreitung faschistischen Gedankengutes Vorschub leisten. Letzterem hält er, in einem Interview mit der „Zeit“, entgegen: „Die Antwort auf schlechte Reden sind keine Verbote, sondern gute Reden. Und die Antwort auf Haßtiraden sind Liebesbotschaften. Man kontrolliert Ideen nicht mit dem Versuch, ihre Äußerung zu untersagen. Und wenn man sich die Geschichte des Nationalsozialismus ansieht: Die meisten seiner Ideen wurden von den jeweiligen Regierungen verbannt – bis er die Regierung bestimmte.“
Beiragsbild: von Joi [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons