Herbert Marshall McLuhan

Kanadischer Literaturwissenschaftler und Medientheoretiker.
(31.07. 1911 – 31.12. 1980)

Der von McLuhan geprägte Ausdruck vom „Globalen Dorf“ ist heute zum wohlfeilen Argument geworden, ganz gleich, ob es um die Rechtfertigung amerikanischer Militäraktionen in aller Welt, den Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit oder das Internet geht. Auch der von ihm geprägte Satz „Das Medium ist die Botschaft“ wird gern bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gebraucht. Doch McLuhan war kein Befürworter der elektronischen Medien, die oben genannten Ausdrücke stehen vielmehr als Warnung vor einer durch die elektronischen Medien geschaffenen Massengesellschaft, in der der Mensch nur noch eine Nebenrolle spielt. Herbert Marshall McLuhan wurde 1911 in Edmonton, Kanada, geboren. Nach seinem Studium der Literaturwissenschaften lehrte er zunächst an verschiedenen amerikanischen Hochschulen, bevor er 1946 an die Universität von Toronto kam, wo er später das „Center for Culture and Technology“ gründete. Er veröffentlichte eine Unzahl von Büchern, die oft genug von Mitarbeitern geschrieben wurden, die das Material aus Notizen und Tonbändern McLuhans zusammentrugen. Zu seinen bekannteren Werken gehört „Die Gutenberg Galaxis – The Making of Typographic Man“, in dem er den Erfinder des Buchdrucks als wichtigste Person des Jahrtausends bezeichnet. Er vertrat die Ansicht, der Buchdruck habe zur Individualisierung der Menschen beigetragen und sei die Vorstufe der Industriellen Revolution gewesen. Vom katholischen Philosophen Pierre Teilhard de Chardin (1881-1955) beeinflußt, sah er in den elektronischen Medien zunächst eine Chance für die Menschheit. (Chardin hatte ein die Erde umspannendes Gehirn, als gleichgeschaltetes Bewußtsein der Menschheit beschrieben, das entstehen würde.) Doch später vermutete er darin ein Werk des Antichristen, was er mit den Worten:“Satan ist ein großartiger Elektroningenieur“ ausdrückte. Das elektronische Universum würde das Ende der Kultur, wie sie seit der Erfindung des Alphabets entstanden ist, herbeiführen und die Gleichschaltung der Menschen bewirken. Das „globale Dorf“ sei ein Rückfall in den primitiven Urzustand der Menschheit. Dennoch lehnte er die Maschinenstürmerei als sinnlos ab. Er empfahl stattdessen, über die zu erwartende Entwicklung hinaus zu denken. McLuhans vielzitierter Satz „Das Medium ist die Botschaft“ legt einen erweiterten Medienbegriff zugrunde: Jede Technik, welche die menschlichen Fähigkeiten erweitert, wird von ihm als Medium bezeichnet. Die Summe aller Auswirkungen dieser Techniken auf die Gesellschaft bezeichnete er als die Botschaft. Sein Buch „The Medium is the Massage“ machte ihn Ende der 60-er Jahre populär. Darin legte er dar, daß die elektronischen Medien über das Zentralnervensystem den ganzen Menschen erfassen (ihn durchmassieren), worauf zum Beispiel die hypnotische Wirkung des Fernsehens zurückzuführen sei. Der transportierte Inhalt sei für die Wirkung völlig nebensächlich. Der Familienvater, McLuhan hatte sechs Kinder, und pfeiferauchende Wissenschaftler lehnte das Fernsehen ab, im Kino soll er meist eingeschlafen sein. Statt dessen war er ein unermüdlicher Leser. Der exzentrische Intellektuelle hatte 1000 Ideen, schrieb Unmengen von Leserbriefen und tat in Interviews seine Meinung über Gott und die Welt kund. Gemeinsam mit seinem Neffen, einem Chemiker, patentierte er unter dem Namen „Prohtex“ ein Mittel zum Entfernen von unangenehmen Körpergerüchen aus Unterhosen. Im Playboy legte er dar, warum Miniröcke nicht sexy seien. 1978 hatte er einen kurzen Auftritt in Woody Allens Film „Der Stadtneurotiker“. Nie war er einem Streitgespräch abgeneigt wobei er Kritikern kurzerhand das Wort abschnitt . „Für viele Menschen bedeutet Denken notwendigerweise die Identifikation mit Trends“, lautete häufig seine Kritik. McLuhans Vorträge hielten sich selten an die vorgegebenen Themen. Er war als Wissenschaftler geschätzt, doch gleichermaßen als Scharlatan verrufen. Er starb am 31. Dezember 1980, nachdem ihn ein Schlaganfall in seinem letzten Lebensjahr zur Sprachlosigkeit verdammt hatte.