Amerikanischer Rechtanwalt, entwickelte GML und SGML.
Der 1939 in Brooklyn geborene Charles Goldfarb legte mit seiner Seitenbeschreibungssprache SGML (Standard Generalized Markup Language) unwissentlich den Grundstein für das heute für die Erstellung von Web-Seiten verwendete HTML, das 1989 von Tim Berners-Lee auf der Grundlage von SGML entwickelt wurde. SGML ist eine „Allgemeine Standard Seitenbeschreibungssprache“, in der die Bestandteile eines Dokumentes durch spezielle Befehle markiert werden, welche die geräteunabhängige und plattformübergreifende Darstellung von digitalen Dokumenten ermöglicht. Diese Sprache war von Goldfarb ursprünglich entwickelt worden, um den Austausch und die Archivierung von technischen Dokumentationen möglich zu machen. 1985 legte das amerikanische Verteidigungsministerium fest, zukünftig alle technischen Dokumentationen damit auszuzeichnen und 1986 wurde SGML ISO-Standard. Dabei waren die Erfahrungen Goldfarbs mit der Herstellung von Dokumenten eher nebensächlich. Als Schüler hatte er die Kurbel der Vervielfältigungsmaschine gedreht, mit der Prospekte hergestellt wurden, die er in der Nachbarschaft verteilte. Bei seiner Arbeit als Rechtsanwalt wünschte er sich häufig ein System, das es ermöglichte, Dokumente zu korrigieren und die Abschriften ohne neue Fehler zu erhalten. Auch von der Datenverarbeitung wußte er nicht viel. Er hatte am Columbia College Soziologie studiert, 1964 die Harvard Law School beendet und sich danach in Boston als Rechtsanwalt niedergelassen. Sein Hobby war es, die Wegbeschreibungen für die Fahrer von Autorallyes zu verfassen, was er auf eine ganz besondere Art tat. Ein Freund machte ihn darauf aufmerksam, daß seine Aufzeichnungen die Struktur eines Computergprogramms hatten. Im November 1967 fand er eine Anstellung bei IBM, wo er herausfinden wollte „was für ein Geschäft es wohl sei, das Leute für das Schreiben von Wegbeschreibungen für Rallyepiloten bezahlt.“ Auch versprach er sich von den dort zu gewinnenden Kenntnissen die Möglichkeit, besser neue Klienten aus der wachsenden High Tech Szene Bostons gewinnen zu können. Bei IBM arbeitete er an Abrechungssystemen und installierte ein Satzsystem für eine Lokalzeitung. 1969 beschäftigte er sich am „Cambridge Scientific Center“ der Firma mit den Möglichkeiten, die Computertechnik im Bereich des Rechtswesens einzusetzen. Dabei ging es auch um das Problem, in gespeicherten Dokumenten nach bestimmten Einträgen zu suchen und auf diese zuzugreifen. Gemeinsam mit Ed Mosher und Ray Lorie entwickelte er eine Seitenbeschreibungssprache, die diese Aufgabe bewältigen konnte. Die erste Version wurde „Integrated Textual Information Management Experiment“ (InTIME) geannt. 1973 wurde das System unter dem Namen „GML“ – Generalized Markup Language – veröffentlicht. Goldfarb hatte die Bezeichnung auch gewählt, da diese Buchstabenkombination gleichzeitig auf die Namen der Mitglieder des Entwicklerteams, Golfarb, Mosher und Lorie, hinweist und diese so nicht in Vergessenheit geraten. SGML ist eine Weiterentwicklung dieser Sprache. In vielen Bereichen, in denen mit großen Informationsmengen gearbeitet wird, erfreut sich SGML heute großer Beliebtheit, etwa beim Flugzeughersteller Boeing, wo allein die Dokumentation für das Modell 747 über vier Millionen Seiten umfaßt. Außerdem ist SGML die Grundlage der von Jon Bosak entwickelten Auszeichnungssprache XML. Charles Goldfarb ist seit 1960 verheiratet und hat zwei Söhne. Der Katzenliebhaber lebt in Saratoga nahe, dem ßßß Silicon Valley. Er ist Ehrenmitglied des amerikanischen Fachverbandes für technische Kommunikation und er erhielt den „Gutenberg Award“ der amerikanischen Druckindustrie. Er schrieb zwei Bestseller über SGML und XML, ist aber, wie er in einem Interview sagte, kein Bestseller-Autor, sondern arbeitet immer noch als Rechtsanwalt.