Amerikanischer Soziologe,prägte 1965 den Begriff Hypertext.
Theodor Holm (Ted) Nelson hatte schon immer eine besondere Art, die Dinge zu betrachten. Als Fünfjähriger dachte er darüber nach, wie es möglich sein könnte, daß Floristen Blumen per Telefon verkaufen: „Was machen sie mit den Blumen, wie können sie diese durch die Leitung schicken und am anderen Ende wieder zusammensetzen?“ fragte er sich. Als Student war er seiner Zeit weit voraus, schon 1957 predigte er die sexuelle Revolution. Heute sieht er sich in einem Paralleluniversum: Körperlich lebt er in der Welt wie alle anderen Menschen auch, allerdings unterscheidet sich seine Sicht der Dinge erheblich vom Üblichen. In einem im Wired 1995 erschienenen Artikel, der ihn als chaotischen Typen beschreibt, der keines seiner Projekte jemals fertigstellt, fühlt er sich und seine Ideen gründlich mißverstanden. Xanadu ist eine dieser Ideen, ein Hypertextsystem zum Verwalten von Texten. Nelson geht davon aus, daß es ungeheuer viele „parallele Dokumente“ gibt, wie er es nennt. Das heißt, Dokumente enthalten identische Teile. Diese Teile werden miteinander verbunden. Dabei ist es im heutigen Internet nicht möglich, die Verbindungen zurückzuverfolgen, da die Originale zum Beispiel geändert werden, ihren Platz wechseln oder gar durch Löschen ganz verschwinden. Xanadu ist ein System, bei dem alle Dokumente permanente Adressen haben und es zwei Arten von Verbindungen zwischen ihnen gibt: Links und Transclusions. Ein Link ist die Verbindung zwischen zwei unterschiedlichen Dokumenten, etwa einem Text und einer Anmerkung dazu, während eine Transclusion zum Beispiel ein Zitat kennzeichnet. Dabei sollen mehrere Dokumente auf dem Bildschirm dargestellt und die unterschiedlichen Verbindungen auf einen Blick erkennbar sein. Durch die Transclusion sieht Nelson auch das Problem des Urheberrechtes gelöst, bei jedem Download eines derartigen Schriftstückes soll dem Autor des Originals ein kleines Honorar gezahlt werden. Der Begriff Xanadu geht auf einen Text des englischen Dichters Samuel Taylor Coleridge zurück, in dem ein wunderbares Königreich beschrieben wird. Leider liegt die Beschreibung nur unvollendet vor und auch Ted Nelsons Xanadu ist noch nicht fertiggestellt worden. Ted Nelson wurde 1937 als Sohn der Schauspielerin Celeste Holm und des Filmregisseurs Ralph Nelson geboren. Während seines Studiums am Swarthmore College machte er sich ständig Notizen und ärgerte sich darüber, daß die lineare Art des Schreibens es nicht ermöglichte, diese miteinander zu verknüpfen. So begann er, sich mit Hypertextsystemen zu beschäftigen. Als graduierter Student in Harvard entwickelte er bereits ein System zum Schreiben, Speichern und Ausdrucken von Texten. 1965 prägte er in einem Vortrag während eines Kongresses den Begriff Hypertext. 1967 arbeitete er an der Brown Universität gemeinsam mit Andries Van Dam am ersten kommerziellen Hypertextsystem HES und an dem Hyxpertextsystem FRESS – File Retrival and Editing SyStem -. Bereits hier gab es zwei Arten von Links und Texte wurden in mehreren Fenstern gleichzeitig auf dem Bildschirm dargestellt. Zuvor hatte Nelson vergeblich versucht, seinen Auftraggebern begreiflich zu machen, daß ein solches System getrost darauf verzichten könne, Texte später auf Papier auszudrucken. 1970 fing er an, gemeinsam mit jugendlichen Mitgliedern eines Computerclubs auf einem gemieteten Computer das Xanadu System zu entwickeln. Vor der offiziellen Präsentation mußte das Projekt jedoch wegen Geldmangel eingestellt werden. 1973 begann er die Arbeit an einem Buch, das 1974 im Selbstverlag erschien. Das großformatige Werk war von vorn und hinten zu lesen und hatte demzufolge zwei Titel „Computer Lib“ und „Dream Machines“. Es stellte sich als Konglomerat zusammengeklebter, mit der Schreibmaschine geschriebener Texte dar. Der Inhalt reichte von einer Beschreibung des Watergate Skandals bis zu Programmieranleitungen. Für das Projekt Xanadu gründete er 1979 gemeinsam mit einem ehemaligen Mitarbeiter eines Gebrauchtcomputerladens ein Unternehmen. 1988 – 1992 wurde die Entwicklung von Xanadu durch die Firma Autodesk vorangetrieben, führte aber auch nicht zum Erfolg. Noch 1995 versprach Ted Nelson „ Es wird fertig, fragt sich nur in welchem Jahrzehnt.“ „Der hervorstechendste und wahrscheinlich lustigste Infonaut“ (Howard Rheingold) lehrt heute an der Keio Univerität in Japan und ist Gastprofessor für Multimedia an der Universität Southampton. Inzwischen hat er ein weiteres System zur Dokumentenverwaltung vorgestellt ZigZag. Für den größten Fehler der heute gebräuchlichen Software hält er die Simulation von Papier auf dem Bildschirm. Schon die verwendeten Metaphern der heutigen Betriebssysteme seien Unsinn: Er habe jedenfalls noch keinen vertikal stehenden Schreibtisch gesehen auf dem Dokumentenstapel liegen, bei denen das zuunterst liegende Blatt Papier nach oben fliegt, sobald man eine Ecke davon berührt.
Beitragsbild: Von Dgies – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0