Amerikanischer Unternehmer, Mitbegründer des Onlinedienstes AOL.
Steven McConnel (Steve) Case ist ein Vollblutgeschäftsmann, bereits im Alter von sechs Jahren verkaufte er gemeinsam mit seinem ein Jahr älteren Bruder frisch gepreßten Fruchtsaft zum happigen Preis von 2 Cents pro Becher. Zwar stammten die Früchte aus dem elterlichen Garten, aber die Pappbecher und vor allem die Arbeitszeit forderten ihren Tribut. Gemeinsam mit seinem Bruder Dan, der gleichzeitig sein bester Freund war, trug er Zeitungen aus, verteilte Werbezettel und gründete im Alter von elf Jahren die Firma Case Enterprises, ein Versandgeschäft mit einem bunt zusammengewürfelten Sortiment, das von Grußkarten bis zu Sämereien reichte. Das Unternehmen der Brüder erhielt sogar die Vertretung eines Schweizer Uhrenherstellers, konnte allerdings keine einzige Uhr absetzen. Dan Case war es auch, der 1983 den Kontakt zwischen Steve und der Firma Control Video Corporation herstellte, aus der später AOL werden sollte. Steve Case wurde am 21. August 1958 als zweiter Sohn eines Rechtanwaltes in Oahu auf Hawaii geboren. Neben seinem Bruder Dan hat er noch eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder. Als Schüler verfasste er, neben seinen Aktivitäten als Kaufmann, für die Schülerzeitung Kritiken über neu erschienene Schallplatten. Der geschäftstüchtige Steve schrieb an die Plattenfirmen er sei “für die führende Jugendzeitschift auf Hawaii“ tätig, um kostenlose Exemplare der Neuerscheinungen zu erhalten, was auch gelang. Nach der High School studierte er Politikwissenschaft am Williams College in Massachusetts wo er 1980 graduierte. Während seiner Studienzeit war er, trotz seines geringen Talents, Sänger zweier New Wave Bands und er dachte sogar an eine Karriere in diesem Bereich, zog dann aber doch das Marketing vor. Seine erste Anstellung fand er bei Procter & Gamble, wo er für die Vermarktung eines neuen Haarfestigers, der mit einem Tuch aufgetragen wurde, zuständig war. Steve Case selbst hält die von ihm ausgearbeitete Werbekampagne für eine einzige Katastrophe, tatsächlich war das Produkt bald wieder vom Markt. Doch das Management war mit ihm zufrieden und er durfte sich um ein weiteres Haarpflegemittel kümmern. Doch die Arbeit mit eingeführten Produkten war „nicht sein Ding“ und er wechselte zu PepsiCo. Dort war er im Bereich Pizzas Hut für die Entwicklung neuer Pizzabeläge zuständig und er lernte, daß die Menschen nicht unbedingt etwas Neues und Kompliziertes möchten, sondern meist mit dem Einfachen zufrieden sind. Eine Einsicht, die ihm später bei AOL zugute kam. In diese Zeit fällt auch die erste Beschäftigung Steves mit dem Internet. Zum Zeitvertreib wurde er Abonnent des Onlinedienstes Source, der ein Bulletin Board mit umfangreichen Diskussionsforen betrieb. Diese Beschäftigung gefiel ihm und er wollte gern auch in diesem Bereich arbeiten. Sein Bruder Dan, der inzwischen als Investment Banker arbeitete, machte ihn 1983 mit Bill von Meister, dem Gründer der Firma Control Video Corporation -CVC-, bekannt. Von Meister betrieb die Gameline, einen Service für Atari User. Der Service erlaubte es, mit Hilfe einer Set-Top-Box Spiele über die Telefonleitung vom Zentralcomputer bei CVC zu laden und online zu spielen, wobei für jeden Download bezahlt werden mußte. Steve Case konnte bei der in Virginia ansässigen Firma als Marketingassistent anfangen. Das Geschäft rentierte sich jedoch nicht, und die Firma geriet in die roten Zahlen. Gemeinsam mit James Kimsey, der ihn vor dem Rauswurf bewahrt hatte, suchte Steve Case nach einem Geschäftsmodell, um die Firma zu retten. Sie kamen auf die Idee einen Onlinedienst „wie ßßß Prodigy, nur benutzerfreundlicher“ anzubieten und es enstand 1985 das Unternehmen Quantum Computer Services, das so einen Service für Commodore Computer Besitzer anbot. Die Geschäftstüchtigkeit und Beharrlichkeit von Steve Case führte die Firme zum Erfolg. So sorgte Case dafür, daß Apple Computer zum Kunden von Quantum wurde. Nachdem das Management von Apple zunächst abgelehnt hatte, mietete Case ein Appartement gegenüber der Firmenzentrale des Computerherstellers und stellte den Verantwortlichen drei Monate lang nach, bis diese entnervt aufgaben und es zu einem Geschäft kam. Auch mit anderen Firmen soll Case ähnlich verfahren haben. 1991 erhielt die Firma die Bezeichnung America Online , AOL, und 1992 wurde Steve Case Geschäftsführer. Durch aggressives Marketing macht Steve Case AOL zum Marktführer der Provider und im Jahr 2000 durch die Fusion mit Time Warner zum größten Medienkonzern der Welt, womit er seinem erklärten Ziel, AOL zum „Microsoft des Internet“ zu machen, einen Schritt näher gekommen sein dürfte. Steve Case selbst wirkt eher unscheinbar, je nach Standpunkt des Betrachters wird der meist mit Khakihose und Jeanshemd bekleidete, als „Milchgesicht aus Washington“ oder „Traum aller Schwiegermütter“ bezeichnet. Steve Case hat 1996 das zweite Mal geheiratet, nachdem seine erste Ehe, aus der er drei Kinder hat, zerbrach, da er die meiste Zeit in der Firma verbrachte. So ist es kein Wunder, daß seine zweite Frau ebenfalls bei AOL arbeitete. Kaum einer seiner Mitarbeiter hat ihn jemals aufbrausend oder gar wütend erlebt, weshalb ihm seine Angestellten auch den Spitznamen „The Wall“ gegeben haben. Auch seine Vorträge sollen alles andere als mitreißend sein, obwohl seine Vision „ ein globales Medium zu bauen, das für die Menschheit so unentbehrlich ist wie Telefon und Fernsehen, nur viel wertvoller.“ durchaus Faszination besitzt.
Beitragsbild: Von Financial Times – Steve Case Uploaded by Schreibvieh, CC BY 2.0,