Webmiles

Deutsches Unternehmen im World Wide Web.

Was in den 60-er und 70-er Jahren als Rabattmarken populär war, feiert in Zeiten des E-Commerce seine Auferstehung. Natürlich sagt man dazu jetzt neudeutsch, in Anlehnung an Rabattsysteme von Fluggesellschaften, „Webmiles“. Das Geschäftsmodell wird als ein „Online Prämiensystem für incentivierungsbezogene Kundenbindung und Kundengewinnung“ beschrieben. Mit anderen Worten: Wer bei einer der an dem System beteiligten Firmen etwas kauft, bekommt eine Belohnung, damit er wiederkommt. Diese Belohnung wird in Form von „Webmiles“ vergeben, die dann in verschiedene Prämien umgetauscht werden können. Eine Webmile hat einen Wert von 0,03 Euro. Die Prämien reichen vom Kugelschreiber für 250 bis zu einer Insel an der Ostküste Kanadas für eine Million Bonuspunkte. Die Punkte können jedoch nicht nur beim Kauf bei einem der angeschlossenen Unternehmen verdient werden. Wer sich bereit erklärt, Werbe-E-Mails zu empfangen, an Umfragen teilzunehmen oder Reklame per SMS an sein Mobiltelefon schicken zu lassen, wird ebenfalls belohnt. Gewinn möchte „Webmiles“ mit Provisionen der beteiligten Firmen machen. Die Geschäftsidee stammt von der Vorzeigeunternehmerin Loretta Würtenberger und ihren Freunden Patrick Boos und Dominik von Ribbentrop, die im April 1999 die Firma „Webmiles“ gründeten. Loretta Würtenberger hatte ihr Jurastudium in sechs Semestern absolviert, promoviert und wurde 1998, im Alter von 25 Jahren, Deutschlands jüngste Strafrichterin. Diese Tätigkeit gab sie jedoch nach einem Jahr auf und begann danach als Rechtsanwältin für Internet- und Wettbewerbsrecht in einer Münchener Kanzlei zu arbeiten. Erfahrungen als Unternehmerin hatte sie schon während ihrer Ausbildung gesammelt, von 1992 bis 1994 betrieb sie eine Textilimportfirma. Der 1967 in Hamburg geborene Patrick Boos hatte Betriebswirtschaft studiert und war vor der Firmengründung zuletzt in einer leitenden Position beim Fernsehsender SAT 1 tätig. Dominik von Ribbentrop, der 1963 in Wiesbaden geboren wurde, hatte nach einer Banklehre in England und Frankreich studiert. Danach arbeitete er als Firmenkundenberater und Investment-Manager. Das Firmenkonzept der drei ging auf. Im Jahr 2000 hatte „Webmiles“ schon über 500 000 Nutzer, und das Unternehmen konnte in Europa expandieren. Allerdings mußten die Ableger in Holland und Schweden Ende 2000 wieder geschlossen werden. In diesem Jahr erwarb auch die Firma Bertelsmann einen 70-prozentigen Anteil an der Firma. Es heißt, ohne diese Beteiligung wäre der Bestand von „Webmiles“ in Gefahr gewesen. Loretta Würtenberger hat sich mittlerweile aus der Geschäftsführung des Unternehmens zurückgezogen, sie ist inzwischen als Professorin für Betriebswirtschaftslehre tätig. Der Firma „Webmiles“ steht sie jedoch weiterhin als Beraterin zur Seite. Boos und von Ribbentrop sind nach wie vor in ihrem Unternehmen engagiert.

Beitragsbild: Screenshot der Seite 1999