CompuServe

Erster Online-Dienst der Welt.

Wie viele bahnbrechende Entwicklungen ist auch der Online-Dienst CompuServe eher durch Zufall entstanden. Die beiden Absolventen der Universität von Arizona, Dr. John Goltz und Jeff Wilkins, arbeiteten 1969 in Columbus, Ohio, bei der „Golden Unite Life Insurace“ von Henry K. Gard. Die Versicherungsgesellschaft hatte die beiden engagiert, um die Organisation der Firma auf die Computertechnik umzustellen. Goltz und Wilkins hatten bereits einen Großrechner bestellt, als sie ein Angebot über ein leistungsfähigeres Modell, das nur unwesentlich teurer war, erreichte. Während ihres Studiums hatten sie gemeinsam mit einem Studienkollegen geplant, eine Firma zur Vermietung von Rechenzeit zu gründen. Ihr Kommilitone ging jedoch zur Armee und kam, statt mit Computern arbeiten zu können, nach Vietnam, so daß aus dem Projekt nichts wurde. Nun schien Goltz und Wilkins die Gelegenheit günstig, sie konnten die Geschäftsleitung von ihrem Plan überzeugen und es wurde „Compu Serve Network“ gegründet, deren erster Kunde ein Architekt, der Rechenzeit für 125 Dollar kaufte, war. Die Entwicklung des Unternehmens verlief, trotz starker Konkurrenz, positiv. Nach drei Jahren hatte Compu Serve bereits 400 Kunden. Mitte der siebziger Jahre gehörten Firmen wie Procter&Gamble oder General Motors zum Kundenkreis. 1977 wurde das Unternehmen in CompuServe umbenannt und ein Jahr später das Angebot durch „InfoPlex“, einen elektronischen Mail-Service, erweitert. Am ersten Juli 1979 kam Micro Net, ein Informationsservice, der sich auch an nicht professionelle Computernutzer wendete, hinzu. Mit dem „CB-Simulator“, dessen Name den in LKW`s verwendeten Funkgeräten entlehnt war, begann das Zeitalter der Online-Foren und Chat-Rooms. 1980 wurde CompuServe von der international tätigen Steuerberatungsgesellschaft H&R Block übernommen, da dringend Kapital für die weitere Expansion des Onlinedienstes benötigt wurde. Ein Abkommen mit der Presseagentur „Associated Press“ sicherte den mittlerweile 4000 Abonnenten Zugriff auf die neuesten Nachrichten und 1983 wurde mit der „Electronic Mall“ das E-commerce Zeitalter eröffnet, was durch eine Vereinbarung mit dem Kreditkartenanbieter VISA ergänzt wurde. 1990 stellte CompuServe seinen Kunden den „CompuServe Informations Manager“ zur Verfügung, der mit einer grafischen Benutzeroberfläche aufwartete. Anfang der neunziger Jahre war die Firma der größte Onlinedienst der Welt mit über fünf Millionen Kunden. Die wachsende Konkurrenz von in den Markt drängenden neuen Anbietern machte dem Unternehmen jedoch zu schaffen. Besonders der aggressiven Werbung von AOL konnte CompuServe nichts entgegensetzen, so daß CompuServe 1997 von AOL übernommen wurde, wo es als eigene Marke weitergeführt wird. Dr. John Goltz und Jeff Wilkins, die das Unternehmen anfangs neben Harry K. Gard als Präsident und Vizepräsident leiteten, sind schon lange nicht mehr bei CompuServe. Wilkins schied 1985 im Streit mit der Geschäftsführung über die Möglichkeit der Beteiligung am Unternehmen aus und ist nun im Management eines Unternehmens zur Herstellung von CD-ROM`s tätig, während Dr. Goltz im Vorstand einer Netzwerktechnologie-Firma sitzt.

Beitragsbild: Screenshot der Compuserve-Webseite von 2001

Jim Clark

Amerikanischer Unternehmer.

Der 1944 in Texas geborene Jim Clark kann als Spätzünder der New Economy bezeichnet werden, denn erst im Alter von 38 Jahren begann seine Karriere im ßßß Silicon Valley. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und brach mit 16 Jahren die Schule ab, wo er zuvor unter anderem durch Zünden einer Rauchbombe aufgefallen war. Er ging zur Marine, wo die Vorgesetzten ihn zunächst wie einen Idioten behandelten. Nachdem er einen Äquivalenztest für den Higschoolabschluß bestanden hatte, studierte er an den Universitäten von New Orleans und Utah. Er erlangte innerhalb von acht Jahren den regulären College-Abschluß, seinen Master in Physik und promovierte im Fachbereich der Informatik. Nach seinem Studium arbeitete Clark als Dozent an verschiedenen Hochschulen. Als seine Frau ihn verließ, begann er zunächst eine Gesprächstherapie, von der er jedoch nach sechs Monaten einsah, daß sie ihm nichts brachte. Er ließ die Therapie sausen und fand zu einem Wendepunkt in seinem Leben. So begann er sich 1979 intensiv um ein Projekt zu kümmern, mit dem er sich bereits einige Zeit beschäftigte: der Entwicklung eines Microchips zur Darstellung dreidimensionaler Computergrafiken. Daraus resultierte 1982 die Gründung der Firma Silicon Graphics, der legendären Firma für Computergrafik. Silicon Graphics wurde schnell zum Anziehungspunkt der kreativsten Ingenieure. Die Firma revolutionierte nicht nur die Entwurfsprozesse in Architektur und Industrie, sie setzte auch Meilensteine in der Filmwirtschaft, die Filme Terminator 2 und Jurrassic Parc wurden wegen ihrer Effekte, die auf Computern von Silicon Graphics berechnet wurden, weltberühmt. Die Firma entwickelte sich zu einem Großunternehmen, in dem sich Jim Clark mehr und mehr eingeengt fühlte. 1994 verkaufte er seine Anteile an Silicon Graphics und verließ das Unternehmen. Inzwischen hatte auch er das Internet entdeckt und ihm schwebte eine Symbiose dieses neuen Mediums und dem Fernsehen vor. Da kam ihm die Entwicklung von Marc Andreessen, der eine Software für den einfachen Zugriff auf das Internet mitentwickelt hatte, gerade recht. Am selben Tag, an dem er Silicon Graphics verließ, setzte er sich mit Andreessen in Verbindung und es kam zur Gründung der Firma ßßß Netscape, die mit dem Netscape Navigator das Surfen im Internet für ein breites Publikum interessant machte. Die Firma wuchs rasch und 1995 wurde es Jim Clark auch hier zu eng. Er verließ auch diese Firma und gründete mit Healthon ein Unternehmen, welches verschiedene Bereiche des Gesundheitswesens zusammenführen soll. Das Unternehmen, welches zwischenzeitlich in WebMD umbenannt wurde, zeichnete sich allerdings nicht durch großen Erfolg aus. In seiner Freizeit hat der umtriebige Unternehmer unter anderem ein Navigationssystem für seine 30 Millionen Dollar Yacht entwickelt. Natürlich gründete er ein Unternehmen, um diese Entwicklung zu vermarkten. Im Juli 2000 erschien seine Autobiografie „Netscape Time: The Making of the Billion Dollar Start-Up That Took on Microsoft“. Jim Clarks neueste Gründung ist myCFO „My Chief Financial Officer“ ein persönliches Finanzmanagementsystem für „Menschen mit hoher Finanzkraft“.
Das Geheimnis seines Erfolges sieht er unter anderem in seinem Antrieb, immer etwas Neues schaffen zu wollen. Ganz so erfolgreich ist er jedoch nicht, auf dem Friedhof der gestorbenen Dotcoms – dotcomfailures.com – findet man auch die Kibu.com, ein Start-up welches shoppingsüchtige Teenager als Zielgruppe hatte und an dem Jim Clark beteiligt war. Der Kommentar eines Besuchers der Seite warnt: „SGI, Netscape, WebMD und nun Kibu.com. Merkt denn keiner, daß dieser Bursche das Leben aus den Firmen saugt und sie zugrunde gehen? Gebt ihm keine Chance mehr!“ Tatsächlich geriet auch Silicon Graphics in finanzielle Schwierigkeiten. Das paßt durchaus zu Jim Clarks Credo: „Eine erfolgreiche Technologiefirma muß sich immer wieder selbst überflüssig machen. Tut sie es nicht selbst, tun es andere.“

Beitragsbild: Jim Clark Von Knnkanda – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,

Wu Fu Chen

Chinesischer Unternhemer in den USA.

Geschichten von Unternehmern, die es mit nichts anderem als einer guten Idee binnen kurzem zum Millionär gebracht haben, sind im ßßß Silicon Valley schon fast die Regel. Wu Fu Chen ist allerdings eine Ausnahme: In den letzten 15 Jahren gründete er elf Unternehmen in der Netzwerk- und Telekommunikationstechnologie, die alle erfolgreich waren. Manche wurden verkauft, das bekannteste, Cascade Communications, 1997 für 2,6 Milliarden Dollar, in vier anderen ist er immer noch tätig. Das Magazin „Red Herring“ kürte ihn für seinen Unternehmergeist zum „Helden des Internet“ des Jahres 2000. Wu Fu Chen stammt aus Taiwan, wo er 1951 als zehntes Kind eines Bauern geboren wurde. Nach der Schule ging er 1975 in die USA, um an der Berkley Universität zu studieren. Als zwei Jahre später sein erstes Kind geboren wurde, brach er das Studium ab und nahm einen schlecht bezahlten Job als Servicetechniker bei einer Firma für Computersysteme im Finanzwesen an. Die hohen Summen, mit denen er es ständig auf dem Monitor zu tun hatte ärgerten ihn, er sah sich am „falschen Ende des Technologiegeschäftes“. Er beschloß seine Situation zu ändern und „näher beim Geld zu sein“. Bevor er sich selbständig machte, arbeitete er bei unterschiedlichen Firmen, um Erfahrungen zu sammeln, auch bildete er sich in Abendkursen weiter. 1985 gründete er mit einem Kollegen die erste Firma. Diese wurde 1989 für sieben Millionen Dollar verkauft und bildete den Grundstock für seinen künftigen Erfolg. Chen ist ein ungeduldiger Mann, bei Besprechungen trommelt er schon nach kurzer Zeit mit den Fingern auf dem Tisch oder äußert seine Eile durch demonstratives Gähnen. Geschwindigkeit ist ihm vor allem auch bei der Entwicklung neuer Produkte ein wichtiges Element: „Wenn Sie ein Produkt zwei Jahre lang entwickeln, ist die Technologie schon veraltet, wenn es auf den Markt kommt.“ sagt er. Man sagt ihm nach, daß er schon weiß, was die Leute wollen, bevor sie danach fragen. Wu Fu Chen gründet die Firmen aber nicht, um sie später zu verkaufen, er ist einfach nicht der Typ dafür, eine Firma mit mehr als 500 Angestellten durch das Tagesgeschäft zu führen, wie er von sich behauptet. Viel lieber setzt er sein Rezept um: Eine Marktlücke finden, geeignete Ingenieure zusammentrommeln und fähige Manager engagieren. Dann bleibt er noch etwa ein Jahr beim Unternehmen, um es für eine weitere Neugründung zu verlassen. Zur Zeit beschäftigt er sich mit Glasfasertechnlogie für Netzwerke und ist von seinem Erfolg überzeugt. Daß dabei das Geld für ihn eine nicht unwesentliche Triebfeder darstellt, leugnet er nicht: „ Früher haben die Leute gesagt, wir machen unser Geld auf die althergebrachte Art, wir verdienen es. Aber in der optischen Netzwerktechnologie machen wir das Geld auf neue Weise: wir drucken es.“

David Chaum

Amerikanischer Kryptologe, Erfinder des digitalen Geldes.

„Das aufregendste Produkt, das ich innerhalb der vergangenen 20 Jahre gesehen habe.“ Das sagte Nicholas Negroponte über das von David Chaum entwickelte digitale Geld „e cash“. Das Besondere daran ist, daß damit absolut anonym über das Internet bezahlt werden kann. Das Geld wird online von der Bank auf den Rechner des Kunden übertragen, dessen Konto zuvor mit dem gewünschten Betrag belastet worden ist. Er kann es dann zu einem beliebigen anderen Rechner übermitteln, um damit z.B. eine bestellte Ware zu bezahlen. Der Verkäufer kann das Geld dann wieder zur Bank übertragen, die den Betrag seinem Konto gutschreibt. Die digitalen Münzen werden beim Kunden mit Seriennummern versehen und bei der Bank durch eine Signatur gültig gemacht. Das von David Chaum entwickelte Verfahren der „blinden Signatur“ ermöglicht es, dabei absolute Anonymität zu bewahren. Chaum selbst hat es durch folgende Analogie beschrieben: Der Kunde legt einen Zettel mit einer Seriennummer in einen undurchsichtigen Umschlag. Über das Blatt wird ein Stück Kohlepapier gelegt. Der verschlossene Umschlag wird zur Bank geschickt, die ihn mit einem Stempel als Geld gültig macht. Durch das Kohlepapier überträgt sich der Stempel auf den Zettel, ohne daß die Bank die Seriennummer erfährt. Der Kunde kann das Papier, das durch die Seriennummer und den Abdruck des Stempels als Geld ausgewiesen ist, nun weitergeben. David Chaum entstammt einer wohlhabenden amerikanischen Familie. Schon in der Highshool interessierte er sich für Computer und Sicherheitssysteme, wie Schlösser oder Alarmanlagen. Als echter Hacker begann er natürlich mit dem Knacken von Paßwörtern. Während seiner Studienzeit entwickelte er zwei neuartige Systeme für Schlösser, die er auch beinahe an einen Hersteller verkaufen konnte. Er studierte in Berkley Informatik und im Nebenfach Business Administration. Bereits 1982 stellte der „Don Quichote in Birkenstocks“, wie er vom amerikanischen Magazin ßßß Wired genannt wurde, sein System der „blinden Signatur“ vor. Nach einer Tätigkeit als Dozent an zwei amerikanischen Hochschulen ging er Ende der 80-er Jahre nach Holland, wo er am ßßß CWI die „Cryptographic Research Group“ mitbegründete. Er entwickelte ein auf der von ihm erfundenen Technologie basierendes Mautsystem für die holländischen Autobahnen, das jedoch nicht eingeführt wurde. 1990 gründete er mit Geld seiner Familie die Firma „DigiCash“, um zu beweisen, daß seine Entwicklung in der Praxis funktioniert. David Chaum ist zwar ein genialer Mathematiker und Kryptologe, als Manager einer Firma versagte er jedoch. Vereinbarungen mit interessierten Unternehmen kamen nicht zustande, da Chaum entweder zuviel Geld forderte oder vermutete, daß an den Verträgen irgend etwas nicht stimmen könne. Seine Paranoia ging sogar so weit, daß er sich in Interviews weigerte, Auskunft über sein Alter zu geben. Aus einem Geschäft mit Bill Gates, der bereit war, das System für 100 Millionen Dollar in Windows 95 zu integrieren wurde nichts, da Chaum für jede verkaufte Kopie ein bis zwei Dollar forderte. Verträge mit Netscape oder Visa wurden von ihm in letzter Minute nicht unterschrieben. Er hatte immer wieder neue Ideen und schaute seinen Angestellten ständig über die Schulter, wie ein ehemaliger Mitarbeiter von DigiCash berichtet. Auch die Arbeitsbedingungen sollen nicht die besten gewesen sein und die Mitarbeiter blieben nur aus Idealismus und mit der Aussicht auf späteren Reichtum, den Chaum ihnen für die Zukunft versprach, bei der Firma. Ein ehemaliger Angestellter wird später mit den Worten „Wenn Du DigiCash überlebt hast, wirst Du auch mit allem anderen fertig werden, das Dir das Leben in den Weg stellt.“ zitiert. 1996 kam es zum Bruch mit den Mitarbeitern, David Chaum setzte zwei Geschäftsführer ein und zog sich in den Hintergrund zurück. Auch diese Leute waren nicht die richtigen. Zwar kam es zur Zusammenarbeit mit verschiednen Banken, die das Projekt allerdings nicht nachdrücklich genug verfolgten, und nach diversen Veränderungen in der Geschäftsleitung wurde DigiCash 1999 geschlossen, nachdem die Investoren nicht mehr bereit waren, weiters Kapital zur Verfügung zu stellen. Die von David Chaum entwickelte Technologie soll angeblich von einem Unternehmen namens eCash verwendet werden und David Chaum hat seit Ende 2000 wieder eine eigene Firma.

Beitragsbild: Screenshot von David Chaums Internetseite 1999

René Brunner

Dokumentierte den Y2K Rummel.

Der 1962 geborene Schweizer Informatik-Ingenieur ist ein schönes Beispiel dafür, wie jemand im Internetzeitalter mit einer Web-Seite berühmt werden kann, auch wenn er eigentlich nichts mitzuteilen hat. Das behauptet René Brunner sogar selbst von sich. Als er 1997 seinen Internetzugang einrichtete, dachte er darüber nach, was er denn „der großen weiten Welt zu sagen“ hätte und kam zu der Erkenntnis „…eigentlich gar nichts“. Doch er hatte Glück, er stieß auf Y2K. Manch ein Leser erinnert sich vielleicht noch an den Wirbel, der zum Jahreswechsel 1999/2000 um den Y2K Bug, das „Jahr 2000 Problem“, gemacht wurde. Die Computer würden massenhaft abstürzen und alle möglichen Katastrophen auslösen. Der Grund dafür läge in den Programmen, bei denen die Datumsangabe, um Speicherplatz zu sparen, nur zweistellig angegeben würde. Brunner sammelte und kommentierte alle Nachrichten zu diesem Problem, deren er habhaft werden konnte. Sie reichen vom ironischen Y2K Kettenbrief „…einem Freund, der diesen Brief nicht weitergab fiel eine Palette mit 1000 kg Computerhandbüchern auf den Kopf…“ über Computerprobleme in Kernkraftwerken bis zu allgemeinen philosophischen Betrachtungen. Wie man weiß, blieb die Katastrophe aus, was René Brunner am 3. Januar 2000 gleichermaßen erleichtert, verwirrt und neugierig in seinem Tagebuch festhält. Am 15. März 2000 beendet er das Tagebuch, da auch der Crash am 29. Februar ausgeblieben ist und läßt die Seiten als „zeithistorisches Dokument“ im Netz stehen. Man mag das Projekt von René Brunner belächeln, doch weist es auf einen ernsten Hintergrund hin: Der fast absoluten Abhängigkeit eines großen Teiles der Menschheit von der Technik.

Beitragsbild: Ausschnitt eines Screenshots von Brunners Tagebuch

Computersklaven

Titel des Buches

Bill Lessard  und Steve Baldwin,270 Seiten, Deutsche Verlags-Anstalt DVA, 2000

Bill Lessart und Steve Baldwin haben die legendäre Website www.netslaves.com ins leben gerufen. Bill Lessard hat als Computersklave für Prodigy und verschiedene Startups gearbeitet., bevor er in eine Schweizer Bank eintrat. Steve Baldwin ist Computerjournalist.

Tim Berners-Lee

Tim Berners-Lee

Englischer Physiker, Entwickler des World Wide Web.

„Dieser Mann wäre eigentlich ein Kandidat für den Nobelpreis“, so zitiert die New York Times Eric Schmidt, den Chef der Firma Novell, und das Magazin Time wählte Lee unter die 100 einflußreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Tim Berners Lee, der am 8. Juni 1955 in London geboren wurde, gilt als der Erfinder des World Wide Web, er machte aus einem Kommunikationsmedium für die Elite der Wissenschaftler ein Massenmedium. Seine Eltern, beide Mathematiker, lernten sich bei der Arbeit am ersten englischen kommerziellen Computer, dem Ferranti Mark I, kennen. Schon am Frühstückstisch drehten sich die Gespräche mit dem Sohn um imaginäre Zahlen – zum Beispiel: Wurzel aus -4 -. Als Kind baute er sich eine Replik des Ferranti aus Pappkartons. Seinen ersten „echten“ Computer konstruierte er sich als Student aus einem M6800 Prozessor, einem alten Fernsehgerät und diversen anderen Bauteilen. Nach der Schulzeit studierte er in Oxford Physik, dieses Fach hatte er gewählt, da es ihm als Kompromiß zwischen Mathematik und Elektronik am interessantesten erschien. Nach dem Studium arbeitete er bei verschiedenen Firmen. Während dieser Zeit war er unter anderem mit der Entwicklung von Software für Textsatzmaschinen und einem Multitasking- Betriebssystem betraut. 1980 arbeitete er zum ersten Mal im CERN Forschungslabor in Genf, dem Sitz der europäischen Organisation für Kernforschung. Er war dort für sechs Monate als unabhängiger Berater tätig. Während dieser Zeit entstand das Programm „Enquire“. Es sollte Berners-Lee bei der Verwaltung seiner umfangreichen Unterlagen helfen. Die Bezeichnung leitete sich aus dem Namen einer Enzyklopädie her, die ihm aus Kindertagen in Erinnerung war „ Enquire whithin upon everything“ (Frage innerhalb von allem) Das Programm sollte mit den Informationen umgehen, wie das menschliche Gehirn, man sollte damit Assoziationsketten bilden können. Tim Berners-Lee bezeichnet es selbst als Vorläufer des World Wide Web. 1989 war er erneut bei CERN und stand wieder vor der Aufgabe, die großen Datenmengen so zu organisieren, daß die dort ständig wechselnde Belegschaft problemlos auf sie zugreifen konnte. Er stellte sich ein System vor, das es dem Anwender ermöglichte, ohne Schwierigkeiten „ von einer Softwaredokumentation über eine Telefonliste zur grafischen Darstellung einer Organisationsstruktur“ zu gelangen. Aus dieser Überlegung heraus entstand HTML, die Hypertext Markup Language“, mit ihr konnten die Informationen entsprechend aufbereitet werden. Zur Lokalisierung der Dokumente schuf er das Schema der URL des Universal Resource Locator und, um die Daten in einem Netzwerk zu übertragen, wurde das Hypertext Transfer Protocol – HTTP – entwickelt. Zur Sichtbarmachung und Aufbereitung der Daten am Monitor kam noch der erste Browser – Blätterer – hinzu. Mit ihm konnten HTML-Dokumente sowohl aufgerufen als auch erstellt werden. Eigentlich sollte das System nur in dem CERN eigenen Netzwerk laufen, doch Tim Berners-Lee entschied sich dafür, es dem gesamten Internet zur Verfügung zu stellen. Als Name für dieses System schwebten ihm zunächst verschiedene Bezeichnungen vor, etwa „Mine of information – Moi“ oder „The Information Mine – Tim“. Er entschied sich für „web“, weil dies als mathematischer Ausdruck im Englischen das Prinzip des Hypertextes, jeden Punkt eines Systems mit einem beliebigen anderen zu verbinden, am besten beschrieb. Eine Alternative dazu wäre der Begriff „graph“ gewesen. Er bedauert es nicht, das Web nicht kommerziell genutzt zu haben, im Gegenteil: Er ist sogar der Meinung, daß ein kommerzielles Netz sich niemals so schnell verbreitet hätte wie es nach der Veröffentlichung des Browsers Mosaic von Marc Andreessen und seinen Partnern geschah. Tim Berners Lee ist verheiratet und hat zwei Kinder, in seiner Freizeit surft er lieber auf dem Wasser als im Internet. Seit 1994 arbeitet er als Wissenschaftler am MIT, außerdem ist er Direktor des W3 C, des WWW Consortiums, das sich um die Koordinierung der HTML Standards kümmert. Seine Vision eines Netztes, in dem jeder Dokumente empfangen und diese selbst verändern kann, ist noch lange nicht verwirklicht. Er sieht das Netz Ende 1999 als ein Medium mit Millionen von Fernsehsendern.

Beitragsbild:Paul Clarke [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons