Paul Garrin

Amerikanischer Künstler, seine Firma vergibt Domain Namen.

Daß es auch im digitalen Zeitalter schwer ist, es jedermann recht zu machen, zeigt sich an Paul Garrin: Das Magazin „Economist“ bezeichnet ihn als Anarchisten und aus dem linken Lager wird er als Neoliberaler beschimpft. Dabei sollte das Anliegen Garrins, das er mit seiner Firma „NameSpace“ vertritt, für beide Seiten nützlich sein. Paul Garrin ist bereits 1996 angetreten, das System der „Top Level Domains“, also der Endungen der Web-Adressen, die als .com, .net oder. org bekannt sind, zu erweitern. Die Notwendigkeit dieses Schrittes wird allein dadurch deutlich, daß die „.com“ Adressen knapp geworden sind und auch die ICANN im Jahr 2001 zaghaft begonnen hat, neu Domains einzuführen. Paul Garrin vertritt die Ansicht, daß durch die derzeitige Praxis der Domain-Vergabe die Freiheit im Internet behindert und ein bürokratisches Kontrollsystem geschaffen wird. Auch entwickelten sich begehrte Namen durch deren Einzigartigkeit zur Ware. Dadurch würde die Kommerzialisierung des Netzes vorangetrieben und so letztendlich die Freiheit eingeschränkt. Tatsächlich haben in den Anfangszeiten des World Wide Web einige Geschäftemacher immer wieder Domains mit Namen bekannter Unternehmen, wie etwa „MTV.com“ registriert und dann versucht, sie teuer zu verkaufen. Bei NameSpace sind inzwischen Begriffe von „.art“ bis. „zone“ registriert und die aktiven Seiten reichen von „disaster.alamanac“ über „bush.sucks“ bis hin zu „motorsport.world“ und „war.zone“. Da diese Namen jedoch nicht von der ICANN autorisiert sind, müssen Nutzer, die diese Seiten erreichen wollen, die Konfiguration ihres Internet-Zugangs ändern. Sie müssen in ihrem System einen Name-Server (einen Rechner im Internet, der die Anfragen der Nutzer weiterleitet) von „NameSpace“ eintragen. Die Idee zu „NameSpace“ soll während des Treffens „Next 5 Minutes“ im Januar 1996 entstanden sein. Dort diskutierten Medienkünstler über die politische Dimension der Medien und ihre selbstbestimmte Nutzung. „NameSpace“ wurde Ende 1996 gegründet, als die Firma „Network Solutions“, der damals die Vergabe der Domains oblag, den Preis für die Registrierung, die anfänglich kostenlos gewesen war, auf 100 Dollar erhöhen wollte. Dies war nicht das erste Internet-Projekt von Paul Garrin.Der 1957 geborenen Künstler. Bereits 1994 hatte mit „Fluxus online“ eine Web-Seite mit künstlerischem Inhalt veröffentlicht. Die politische Dimension deckte er mit „mediafilter.org“ ab. Die Seite, die im selben Jahr online ging, enthält Links zu Angeboten mit kritischen Inhalten. Außerhalb des Internet ist Paul Garrin als Videokünstler bekannt. Er studierte an der „Pennsylvania Academie of Fine Arts“ und an der „Cooper Union School of Arts“ wo er auch mit Video zu arbeiten begann. Garrin realisierte Installationen für den Video-Künstler Nam Jun Paik und tritt seit Ende der 80-er Jahre auch mit eigenen Arbeiten hervor, in denen er Sozialkritik übt und die Wirkung von Gewalt, Drogen und Geschwindigkeit auf die Gesellschaft zu Thema macht. Aufmerksamkeit erregte er 1988 mit dem Video „Tompkin Square Riot“, in dem er das brutale Vorgehen der Polizei gegen Bürger dokumentierte, die gegen die Vertreibung von Obdachlosen aus einem Park demonstriert hatten. Bei seiner Installation „Yuppie Ghetto with Watchdog“ wurden Szenen einer Yuppie Party auf eine Wand projiziert, die mit einem Gitter gesichert war. Gegenüber war ein Monitor angebracht, auf dem ein Video eines Wachhundes auf die Besucher als Störer der Veranstaltung reagierte. Garrin wurde für seine Arbeiten mehrfach ausgezeichnet, 1992 bekam er den „Siemens Preis“ und 1997 erhielt seine „Border Patrol“ auf der „Ars Electronica“ eine Auszeichnung. Garrins Firma „NameSpace“ trifft hingegen jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung: Während künstlerisch interessierte, aber technisch wenig beschlagene Nutzer dem Projekt positiv gegenüberstehen, sind technisch versierte Kreise eher skeptisch. Man nimmt es ihm übel, daß er seine Entscheidungen allein trifft und nicht die gesamte Netzgemeinde mit einbezieht. Auch daß er für die Registrierung und Verwaltung seiner mittlerweile über 500 Domains eine jährliche Gebühr von 30 Dollar erhebt, ist nicht nach jedermanns Geschmack. Obwohl er beteuert, daß er keinen Gewinn erzielen, sondern Projekte fördern möchte, welche das Ziel verfolgen, selbstbestimmte Medien als Freiräume zu erhalten.

Beitragsbild: Screenshot von Garrnins projekt „Fluxus online“