Sean Oliver

Seine Geburt war im Internet zu sehen.

Am 16. Juni 1998 brachte die 40-jährige Elizabeth Ann Oliver in einer Klinik in Orlando, Florida, um 10.40 Uhr einen gesunden Jungen zur Welt. Sie nannte ihn Sean. Die Umstände der Geburt waren recht ungewöhnlich: Neben dem Krankenhauspersonal, dem Vater des Kindes und seinen drei Geschwistern, war außerdem ein Kameramann bei dem Ereignis dabei. Der Kameramann war notwendig, da die Geburt live im Fernsehen und im Internet übertragen wurde. Organisiert hatte das Spektakel das „American Health Network“, ein Fernsehsender, der sich mit Themen rund um die Gesundheit befaßt und der auch im Internet ein entsprechendes Angebot unterhält. Die Mutter hatte sich dazu bereit erklärt, da sie es wichtig fand, anderen Frauen die Angst vor dem Gebären zu nehmen. Kritikern, die meinten, ein so intimes Erlebnis gehöre nicht in die Öffentlichkeit, wurde beschieden, die Medien seien voll von Berichten über Leid und Tod (selbst der Todessprung eines Selbstmörders von einem Hochhaus ist in den USA bereits live übertragen worden), da sei es an der Zeit, auch einmal mit einem freudigen Ereignis an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Geburt selbst verlief ohne Komplikationen, während die Web-Seite mit dem Live-Video unter den Zugriffen des Publikums zusammenbrach. Sie war nur für maximal 3000 gleichzeitige Besucher ausgelegt, tatsächlich wollten jedoch weit mehr Personen die Seite aufrufen. Letztendlich wurden über 100.000 Zugriffe verzeichnet. Ausschnitte des Videos können immer noch auf der Seite des „American Health Network“ aufgerufen werden. Dort findet sich eine ganze Sammlung derartiger Berichte, die von einer Operation am offenen Herzen bis zum Austausch eines Hüftgelenks reicht. Den Eltern des kleinen Sean hat die Aktion leider kein Glück gebracht. Sie wurden nämlich wegen Scheckbetruges gesucht und durch die Fernsehübertragung von den Behörden entdeckt, obwohl sie ihren Nachnamen nicht veröffentlicht hatten. Kurze Zeit später stellte sich Elizabeth Oliver den Behörden. Nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt kam sie mit einer Geldstrafe davon. Übrigens soll Seans Geburt nicht die erste gewesen sein, die im Internet übertragen wurde: Eine Mutter aus Colorado beansprucht für sich, bereits im Februar 1998 in einer Art „Video Chat Room“ die Geburt ihres Kindes gezeigt zu haben, wobei hauptsächlich Freunde und Bekannte die Zuschauer waren. Auch Eugene Kaspureff behauptet, er habe die Geburt eines seiner Kinder mit einer Web-Cam übertragen.

Beitragsbild: Webseite des American Health Network 1998