Deutsche Politikerin, ihre Web-Seite wurde von Amts wegen gelöscht.
Für Angela Marquardt ist das Internet eine hervorragende Möglichkeit zur Stärkung der Demokratie. Diese Meinung wird jedoch nicht unbedingt von den deutschen Behörden geteilt. Die Internet-Seite welche die damalige stellvertretenden Parteivorsitzende der PDS bei dem Provider CompuServe eingerichtet hatte, wurde auf Geheiß der Staatsanwaltschaft im September 1996 gelöscht, denn Frau Marquardt hatte auf ihrer Seite einen Link zu der in Deutschland verbotenen Zeitschrift „Radikal“ eingerichtet, die unter anderem durch die Veröffentlichung des „Kleinen Leitfaden zur Behinderung von Bahntransporten aller Art“ aufgefallen war. Die am 03.08. 1971 in Ludwigslust geborene Angelika Marquardt hatte sich nach der „Wende“ in Greifswald für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum eingesetzt. Durch diese Arbeit kam sie auch in Kontakt mit der PDS, in deren Bundesvorstand sie 1991 gewählt wurde. Seit 1998 ist die Studentin der Politikwissenschaften Abgeordnete des Deutschen Bundestages, in dessen eher grauen Versammlung sie mit ihrer bunten Punk-Frisur immer wieder auffällt. Das Internet wurde ihr durch einen Mitarbeiter schmackhaft gemacht, der bereits eine eigene Homepage hatte. Angela Marquardt war fasziniert von den Möglichkeiten der „unzensierten und unkontrollierten weltweiten Information und Kommunikation“, die das Netzwerk bietet. Daher war es nur konsequent, daß ihre Homepage im Zuge der Diskussion um militante linke Politik auch einen Verweis zu der umstrittenen Zeitschrift enthielt. Allerdings fehlte der Hinweis nicht, daß Marquardt selbst Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ablehnt. So kam es zu dem oben genannten, die Gemeinde der Internet-Nutzer empörenden Zwischenfall. Noch heute erhält Angelika Marquardt gelegentlich Anfragen von Menschen aus aller Welt, die sich mit diesem Fall der Zensur im Internet beschäftigen. Mit der Löschung ihrer Homepage war es jedoch nicht getan; Marquardt wurde wegen „Billigung von Straftaten“ angeklagt. Das Verfahren endete jedoch mit einem Freispruch, da der Link von Marquards Seite schon vor dem mißliebigen Artikel bestand und der Verweis nicht direkt zu der Publikation führte. Das Verfahren gegen die Politikerin war übrigens nicht die einzige Aktion, welche die Staatsanwaltschaft gegen die Web-Seiten von „Radikal“ durchführte. So sperrte unter anderem das DFN Anfang 1997 den Zugang zum niederländischen Provider „XS4ALL“, auf dessen Server sich die Seiten der umstrittenen Publikation befanden. Ein ziemlich sinnloses Unterfangen, denn durch Unterbringung der betreffenden Seiten auf anderen Rechnern im Internet blieb „Radikal“ erreichbar. Nur den kommerziellen Kunden von „XS4ALL“ bereitete diese Aktion Verdruß, denn sie waren zeitweise von Deutschland aus nicht erreichbar.