Olia Lialina

Russische Netzkünstlerin.

Der Name der Arbeit Olia Lialinas „If you want to clear your screen – scroll up and down“ ist gleichzeitig Programm: Die Web-Seite zeigt die Abbildung der Innenfläche einer geöffneten Hand, die mit Hilfe der Scrollbalken des Browsers hin und her bewegt werden kann, als würde der Monitor von innen mit einer Hand abgewischt. Die 1971 geborene Olia Lialina hatte in Moskau Journalistik studiert. Sie schrieb Filmkritiken, war als Kurator für das Moskauer Kino „Cine Fantom“ tätig (das sich der Präsentation russischer Experimentalfilme widmet) und hat selbst auch zwei Experimantalfilme gemacht. 1995 hatte sie ihren ersten Kontakt mit dem Internet als sie die Web-Seite für „Cine Fantom“ erstellte, dabei wurden auch Videosequenzen eingebunden. Lialina fragte sich, ob es nicht möglich sei, eine Bildsprache zu entwickeln, die es ermöglichte, mit den Mitteln dieses neuen Mediums Geschichten zu erzählen. Ihre erste Arbeit auf diesem Gebiet, „My Boyfriend came back from the war“, die 1996 veröffentlicht wurde, fand international Anerkennung. Der Betrachter steuert den Verlauf der Geschichte, da es an ihm liegt, welchen der angebotenen Links er anklickt, wodurch der Eindruck einer speziellen Montagetechnik entsteht. Der Bildschirm wird mit Hilfe der Frametechnik schließlich in 17 Segmente geteilt, die am Ende der Geschichte schwarz sind. Olia Lialina spielt mit den Inhalten und Techniken des Internet, wenn zum Beispiel bei „Anna Karina goes to paradise“ – einer Komödie in drei Akten und Epilog – auf schwarzweiß gehaltenen Seiten, die Web-Seiten von Suchmaschinen gezeigt werden. Sie zeigen die Ergebnisse der Suche nach den Begriffen „Love“, „Train“ und „Paradise“, deren Ergebnisse jedoch sämtlich ins Leere führen. Bei ihrer Arbeit „Anna Appears“ wird der Dialog zweier Personen mit dem Mauscursor sichtbar gemacht, indem beim Berühren der Figuren kleine Texte erscheinen und die Geschichte durch Mausklick fortgeführt wird. 1998 eröffnete die Künstlerin die „Art.Teleportica“, die erste Galerie für Netzkunst. Hier werden entsprechende Werke ausgestellt und verkauft, wobei der Käufer entscheiden kann, ob und wo das Kunstwerk künftig zu sehen sein soll. Als Echtheitszertifikat gilt dabei die originale Web-Adresse. Olia Lialina ist verheiratet und hat eine Tochter. Sie lebt und arbeitet in Moskau und München, wo sie Mitglied des Medienforums ist. Die gefragte Dozentin im Bereich Netzkunst hat zur Zeit einen Lehrauftrag an der Merz-Akademie, Stuttgart.