Martin Hall

Englischer Informatiker, regte die Entwicklung des Windows Socket an.

Nach seinem Studium der Sozialwissenschaften arbeitete der am 3. Dezember 1960 im englischen Welwyn Garden City geborene Martin Hall zunächst ein Jahr auf einem Kibbuz in Israel. Wieder nach England zurückgekehrt, mußte er zu seinem Leidwesen feststellen, daß die Thatcher-Regierung nicht willens war, auch nur einen einzigen Sozialwissenschaftler einzustellen. Sein Vater, mit dessen Computer er auch die ersten Erfahrungen in der EDV gemacht hatte, machte ihn auf eine Kleinanzeige in der Zeitung aufmerksam, in der für ein Aufbaustudium zum Informatiker geworben wurde. Martin Hall nutzte die Chance und absolvierte diese Ausbildung. Danach war er bei einem englischen Unternehmen als Software-Entwickler für UNIX und frühe Windows-Systeme beschäftigt. Unter anderem arbeiteten er und seine Kollegen unter einem Windows 2-System an der Entwicklung einer Programmschnittstelle für ein lokales Netzwerk. Dabei machte es ihm zu schaffen, daß es beim Betriebssystem Windows, anders als bei UNIX, keine einheitliche Schnittstelle gab, die das Internetprotokoll TCP/IP unterstützte. Die Programmierer mußten jedesmal aufs neue die Möglichkeit schaffen, dieses Protokoll zu nutzen. Hall entwickelte zunächst auf Grundlage des Berkeley UNIX eine Programmschnittstelle (ein Socket), die mit den unterschiedlichen TCP/IP-Programmpaketen unter Windows umgehen konnte. Wenig später warb er auf einer Geschäftsreise in den USA bei diversen Herstellern für die Entwicklung einer entsprechend standardisierten Schnittstelle für Windows. Schließlich rief er auf der Computermesse „Interop“ im Jahr 1991 die „WinSock Group“ ins Leben, eine Entwicklergruppe, die wenig später das „Winsock API“ veröffentlichte, eine Programm-Schnittstelle, die auch Windows internetfähig machte. Martin Hall legt Wert auf die Feststellung, daß diese Entwicklung weder von der Firma „Netmanage“ noch von ßßß Microsoft gemacht wurde. Die Entwickler waren, neben Hall, Geoff Arnold vom Computerhersteller „ SUN“, David Treadwell und Henry Sanders von Microsoft, sowie Mark Towfiq, der damals bei „FTP Software“ beschäftigt war. Martin Hall lebt seit 1991 in den USA, er gründete die Firmen „Stardust“ und „Aventail“, die sich mit der Entwicklung von Internet-Technologie beschäftigen. Momentan arbeitet er an Systemen für das drahtlose Internet. Hall, der ein begeisterter Wassersportler ist, lebt in Los Gatos, Kalifornien. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Teus Hagen

Holländischer Computerfachmann, Initiator des EUnet.

Ein Magnetband, das Teus Hagen von einer Usenix Konferenz (dem Treffen der an der Spitze der Entwicklung stehenden Computerfachleute) aus San Franzisko mitbrachte, führte zur Geburt des europäischen Usenet. Später erhielt er regelmäßig neue Bänder per Post aus den USA. So konnten auch die Teilnehmer des europäischen Netzwerkes an den Newsgruppen des amerikanischen Usenet partizipieren. Der am 6. Oktober 1945 im holländischen Wijnjeterp geborene Teus Hagen hatte als Mathematikstudent den ersten Kontakt mit der Computertechnik. Er war es leid nur „Mond und Sterne zu studieren“ und kam so zur Arbeit mit einem Philips ELx8 Computer. Nach seinem Studienabschluß 1975 begann er am „Centrum voor Wiskunde en Informatica“, dem späteren CWI, zu arbeiten. Gleichzeitig gründete er gemeinsam mit einem Partner eine Beratungsfirma, die sich auf die Portierung des Betriebssystems Unix spezialisierte. Am CWI installierte er auch, gemeinsam mit Piet Beertema,die erste Transatlantikverbindung zwischen einem Rechner in Europa und in den USA. Von 1986 bis 1998 war er in der Forschungsabteilung des Drucker-und Kopiererherstellers Oce tätig. Außerdem ist er seit 1994 Vorsitzender und Direktor des NLnet, einer Non-Profit-Organisation, die weltweit Forschungsprojekte in der Internet-Technologie finanziert. Während seiner Arbeit am CWI war er unzufrieden mit dem Betriebssystem des dort verwendeten Rechners, er schrieb an Ken Thompson in den USA, den Mitentwickler des Betriebssystems UNIX. Mit der Antwort bekam er eine kostenlose Kopie des Betriebssystems, übrigens die zweite in Europa. Seither engagiert er sich in der UNIX-Gemeinde. Er gehört zu den Gründern der europäischen UNIX User Group, EUUG, und dessen holländischen Pendants, NLUUG. Im April 1982 rief er das „Europeen Unix Network“, EUnet, ins Leben, das verschiedenen europäischen Universitäten erlaubte, E-Mails auszutauschen und Newsgroups einzurichten. Teus Hagen betont, daß andere den Löwenteil der Arbeit bei der Vernetzung Europas geleistet haben und er dabei eine Menge über die kulturellen Unterschiede innerhalb des Kontinents gelernt hat. Er lebt mit seiner Frau und einer Tochter in Holland.

Georgi Guninski

Bulgarischer Bug-Jäger.

Immer wenn ein neuer Fehler im ßßß Microsoft Internet Explorer bekannt wird, ist Georgi Guninski nicht weit. Der 1972 in Sofia geborene Hacker scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Sicherheitslücken in der Software des Redmonter Unternehmens aufzudecken, sie auf seiner Web-Seite zu veröffentlichen und nach Möglichkeit auch zu demonstrieren. So konnten Besucher von Guninskis Web-Seite, die ein bestimmte Version des Explorer verwendeten, dort im November 2000 zum Beispiel eine Auflistung des Inhaltes der Festplatte ihres Rechners betrachten. Dies war durch eine Lücke im Explorer möglich geworden, die es erlaubte, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Festplatten von „Besucherrechnern“ zuzugreifen. Microsoft gibt in der Regel bald nach so einer Veröffentlichung ein „Patch“ zur Korrektur der gefundenen Fehler heraus. In Insiderkreisen wundert man sich, warum Guninski nicht schon lange von dem Unternehmen angeheuert wurde, um die Sicherheitslücken vor der Veröffentlichung der Programme aufzudecken. Es heißt, er würde von Microsofts Konkurrenten Netscape für seine Arbeit bezahlt. Guninski selbst hält sich bedeckt, er verrät lediglich, daß er auf einer Elite-Universität Volkswirtschaft studiert hat und als unabhängiger „Consultant“ tätig ist.

Arnt Gulbrandsen

Norwegischer Informatiker.

Immer wieder wird Arnt Gulbrandsen mit dem ersten“Cancelbot“ in Verbindung gebracht. Das Programm wurde offenbar als Reaktion auf die berüchtigte Spam-Aktion der Rechtsanwälte Canter und Siegel geschrieben und löschte automatisch deren ins Usenet geschickte Nachrichten. Der 1968 auf den Lofoten geborene Arnt Gulbrandsen hatte Informatik und Mathematik an der Universität von Trondheim studiert. Natürlich hatte er sich auch mit dem Usenet beschäftigt und sich über die zunehmende Spam (Werbesendungen im Usenet) geärgert. Er begann, einige dieser Nachrichten manuell zu löschen. Als dies keinen Protest anderer Nutzer nach sich zog, fand er Nachahmer. Einer davon ist unter der Bezeichnung „Cancelmoose“ – Löschelch – bekannt geworden. Der Moose entwickelte den ersten Cancelbot und veröffentlichte später auch „NoCeM“ – „no see `em“ sieh sie nicht – eine Liste von „Spammern“, die es ermöglicht, deren Nachrichten im Newsreader, dem Programm zum Lesen von Nachrichten aus dem Usenet, auszublenden. Cancelmoose will anonym bleiben, die Verbindung von ihm zu Arnt Gulbrandsen besteht in der Fähigkeit, alle Bemühungen, die Identität des Elches (Moose) zu lüften, bei Gulbrandsen enden zu lassen.

Michael und Mattias Greve

Die beiden Produkte zur Digitalisierung von Videosequenzen, „Screen-Machine“ und „Video-Machine“, fanden internationale Anerkennung und brachten ihren Entwicklern, Michael und Matthias Greve, eine Reihe von Auszeichnungen ein. Die Brüder, Jahrgang 1963 (Michael) und 1967 (Matthias), bekamen ihren ersten Computer zu Beginn der 80-er Jahre von ihrem Vater, dem damaligen Vertriebsleiter von „Hewlett Packard“, geschenkt. Natürlich mußten sie das Gerät komplett auseinandernehmen, um das Innenleben zu erforschen. Schon neben Schule und Elektrotechnik-Studium gründeten sie im Jahr 1985 die „Cinetic Medientechnik“, ein Unternehmen, das sich der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine verschrieben hatte. Sie entwickelten nicht nur die oben genannten Videokarten, sondern übernahmen auch die Entwicklung und den Vertrieb der Macintosh-Produktlinie der Firma „Fast“ in München. Eine weitere Entwicklung ihres Unternehmens ist der „Aladin Macintosh Enhancer“ eine Macintosh Emulation für den Atari Computer. 1994 erlagen sie der Faszination des Internet und gründeten mit „WEB.de“ den ersten deutschen Web-Katalog. Die Firma, die im Jahr 2000 an die Börse ging, bietet inzwischen neben dem redaktionell betreuten Verzeichnis deutscher Web-Seiten einen E-Mail Service, Faxdienste und andere Dienstleistungen im Internet an.

Beitragsbild: Sereenshot der WEB.de Webseite von 2002

Nat Goldhaber

Amerikanischer Unternehmer

Zur Präsidentenwahl 2000 in den USA trat die konservative Reformpartei mit zwei Bewerbern an. Einer war der rechtsgerichtete Pat Buchanan, der andere John Hagelin. Hagelin war gleichzeitg Kandidat der, auch in Deutschland bekannten, Naturgesetzpartei. Sein Vizepräsidentschaftskandidat war der 1948 geborene Nat Goldhaber. Ihr buntes Wahlprogramm reichte unter anderem über den Aufbau eines auf Vorsorge ausgerichteten Gesundheitswesens, die Senkung der Einkommensteuer und die Entkriminalisierung des Drogenkosums. Ein wesentlicher Punkt des Programms war jedoch die Anwendung der transzendentalen Meditation, TM, durch deren Ausübung viele Übel dieser Welt gelöst werden könnten. Nat Goldhaber selbst meditiert seit Jahren täglich und ist der Ansicht, daß TM ein hervorragendes Mittel zum Streßabbau sei und Streß schließlich der Auslöser für die meisten Konflikte ist. Das Team Hagelin/Goldhaber konnte immerhin etwa 1,4 Millionen Stimmen auf sich vereinigen. Während seines Studiums in Berkley in den 60er Jahren hatte Goldhaber sich in der Antikriegsbewegung engagiert und auch mit der linksgerichteten Peace and Freedom Bewegung geliebäugelt. Später wählte er aus finanziellen Gründen rechts. In den 70er Jahren machte er Bekanntschaft mit der transzendentalen Meditation nach Maharishi Mahesh Yogi und beteiligte sich an der Gründung der Maharishi Universität in Iowa, an der er einige Jahre als Vizepräsident tätig war. Später brachte er als Teilhaber eines Venture-Kapital-Unternehmens Start-ups auf die Beine. Die dort gemachten Erfahrungen kamen ihm später als Politiker zugute „Der einzige Unterschied ist: Nun bin ich das Produkt.“ 1990 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Electronic Frontier Foundation, EFF. Anfang der 90er Jahre leitete er Kaleida, ein Gemeinschaftsunternehmen von Apple und IBM. Die beiden Unternehmen wollten ihren kalten Krieg beenden und gemeinschaftlich ein objektorientiertes multimediales Betriebssystem der neuen Generation entwickeln. Zwar entstand die objektorientierte Programmiersprache ScriptX für Multimedia-Anwendungen, aber insgesamt war das Unternehmen erfolglos und wurde 1995 aufgelöst, was nicht unwesentlich auf die unkonventionellen Marketing-Methoden Nat Goldhabers zurückzuführen sein soll. Im Internet wurde Nat Goldhaber aber durch die praktische Umsetzung der Thesen seines Vetters Michael Goldhaber bekannt, der sich mit der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ auseinandersetzt. Die Firma Cybergold von Nat Goldhaber, die 1995 gegründet wurde, zeigt den Teilnehmern ausgewählte Werbung. Für ihre Aufmerksamkeit bekommen sie geringe Geldbeträge gutgeschrieben, die sie sich auszahlen lassen oder für einen guten Zweck spenden können. Die Gutschrift erfolgt erst, nachdem durch die Beantwortung einiger Fragen eine Leistung erbracht wurde. Dieses Prinzip der „Attention Brokerage“ wurde von Goldhaber sogar zum Patent angemeldet. Ein weiteres Patent bezieht sich auf das Prinzip, Inhalte auf einer Web-Seite zu veröffentlichen und für jeden Aufruf einen kleinen Geldbetrag zu kassieren. Goldhaber würde diese Verfahren gern in der amerikanischen Politik anwenden „ anstatt Menschen einen Drink in einer Kneipe anzubieten, wenn sie zu einer Wahlveranstaltung kommen, bietet man ihnen Geld (für das Lesen der Wahlpropaganda), womit sie selbst in der Kneipe etwas trinken gehen können.“ Cybergold war zunächst erfolgreich, nach sechs Monaten hatten sich bereits 125 000 Nutzer registrieren lassen, das Magazin Wired gewann innerhalb anderthalb Tagen durch eine Aktion bei Cybergold mehr als 2000 neue Abonnenten. 1999 wurde Cybergold von einem anderen Unternehmen übernommen. Insider munkelten jedoch, daß es sich eher um eine Rettungsaktion als um eine Übernahme handelte.

Beitragsbild: By Hartsook – Own work, CC BY-SA 3.0,

Michael H.Goldhaber

Amerikanischer Wissenschaftler, Begründer der „Aufmerksamkeitsökonomie“.

Für Michael H. Goldhaber leben wir in einer Zeit des Wandels von der Industriegesellschaft hin zu einem System, in dem die Aufmerksamkeit die größte Rolle spielt. Schon beim Übergang von der Feudal- zur Industriegesellschaf hat sich etwas ähnliches abgespielt: Die Bedeutung der Adelstitel wurde vom Geld abgelöst. Heute läßt sich die Ablösung des Geldes durch Aufmerksamkeit beobachten. Zugegeben steckt das von Goldhaber postulierte System noch in den Anfängen, doch seit etwa 1965 sollen seine Auswirkungen erkennbar sein. Schon der amerikanische Künstler Andy Warhol verkündete 1967, daß zukünftig jeder, zumindest für 15 Minuten, weltberühmt werden könne. Inzwischen sorgen die globalisierten Medien für die weltweite Bekanntheit von Stars und Sternchen aus den unterschiedlichsten Sparten, die Politiker buhlen in allen Kanälen um die Aufmerksamkeit des Publikums und durch das Fernsehen hat jedermann die Möglichkeit, eine noch vor einigen Jahren unvorstellbare Popularität zu erlangen. Auch im Internet scheint diese Tendenz sichtbar, auf unzähligen Homepages werden etwa die Details des Privatlebens vor aller Öffentlichkeit ausgebreitet. Natürlich gibt es auch Unternehmer, die mit der Aufmerksamkeit Geld zu verdienen suchen. Zum Beispiel versuchte Nat Goldhaber, ein Verwandter Michael Goldhabers, mit der Firma Cybergold aus der Aufmerksamkeit von Web-Surfern Kapital zu schlagen, indem er sie Werbung anschauen läßt und sie dafür bezahlt. Michael H. Goldhaber wurde 1942 in Urbana, Illinois, als Sohn deutsch-jüdischer Flüchtlinge geboren. Er promovierte 1968 an der Universität Stanford in theoretischer Hochenergie-Physik. Später arbeitete er am Institut für politische Studien in Washington D.C. und war längere Zeit Gastprofessor am „Institut für das Studium sozialer Veränderungen“ an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Inzwischen lebt er als freier Sozialforscher am Rande des ßßß Silicon Valley. Sein Interesse an der Soziologie wurde nach seiner Promotion durch seine ablehnende Haltung gegenüber dem Vietnamkrieg geweckt. Im Zusammenhang mit soziologischen Studien kam er schließlich auch in Berührung mit den Entwicklungen rund um den Microprozessor. Goldhaber war Mitte der 80-er Jahre wesentlich an der Verbreitung des Begriffes der „Informations-Ökonomie“ beteiligt. Der Ausgangspunkt für seine Theorie lag 1985 in der Frage, warum das Geschäft mit den Informationen derartig erfolgreich zu werden begann, obwohl die gängigen Theorien davon ausgehen, daß im heutigen System durch die Verknappung von Gütern Gewinn erzielt wird. Wenn wir auch inzwischen an Informationen schier ertrinken, scheint das Wachstum der Informationstechnologie ungebrochen. Für Goldhaber eine Bestätigung seiner Theorie der Aufmerksamkeitsökonomie. Überall wo auf einem Kanal Informationen fließen, strömt auf einem zweiten Kanal Aufmerksamkeit zurück. Alle Anstrengungen der Akteure gehen nun, laut Goldhaber, dahin, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erhalten. In der heutigen Übergangszeit seien Geld und Aufmerksamkeit noch verknüpft, was zum Beispiel an den unermeßlichen Vermögen der Stars erkennbar sei. Verkürzt dargestellt, ginge die Tendenz dahin, die Verfügbarkeit über materielle Güter direkt von der empfangenen Aufmerksamkeit abhängig zu machen, schon heute sei es ja theoretisch möglich, alle Dinge des täglichen Bedarfs weitgehend automatisch herzustellen und auch der Hunger der Welt sei letztendlich nur ein Verteilungsproblem. Natürlich wird nicht jeder genügend Aufmerksamkeit auf sich ziehen können und die Verlierer in diesem System müssen darauf achten, daß es ihnen nicht so ergeht, wie einem Obdachlosen in Los Angeles, der mitten am Tage auf einer belebten Straße starb und niemand ihn beachtete.

Charles Goldfarb

Amerikanischer Rechtanwalt, entwickelte GML und SGML.

Der 1939 in Brooklyn geborene Charles Goldfarb legte mit seiner Seitenbeschreibungssprache SGML (Standard Generalized Markup Language) unwissentlich den Grundstein für das heute für die Erstellung von Web-Seiten verwendete HTML, das 1989 von Tim Berners-Lee auf der Grundlage von SGML entwickelt wurde. SGML ist eine „Allgemeine Standard Seitenbeschreibungssprache“, in der die Bestandteile eines Dokumentes durch spezielle Befehle markiert werden, welche die geräteunabhängige und plattformübergreifende Darstellung von digitalen Dokumenten ermöglicht. Diese Sprache war von Goldfarb ursprünglich entwickelt worden, um den Austausch und die Archivierung von technischen Dokumentationen möglich zu machen. 1985 legte das amerikanische Verteidigungsministerium fest, zukünftig alle technischen Dokumentationen damit auszuzeichnen und 1986 wurde SGML ISO-Standard. Dabei waren die Erfahrungen Goldfarbs mit der Herstellung von Dokumenten eher nebensächlich. Als Schüler hatte er die Kurbel der Vervielfältigungsmaschine gedreht, mit der Prospekte hergestellt wurden, die er in der Nachbarschaft verteilte. Bei seiner Arbeit als Rechtsanwalt wünschte er sich häufig ein System, das es ermöglichte, Dokumente zu korrigieren und die Abschriften ohne neue Fehler zu erhalten. Auch von der Datenverarbeitung wußte er nicht viel. Er hatte am Columbia College Soziologie studiert, 1964 die Harvard Law School beendet und sich danach in Boston als Rechtsanwalt niedergelassen. Sein Hobby war es, die Wegbeschreibungen für die Fahrer von Autorallyes zu verfassen, was er auf eine ganz besondere Art tat. Ein Freund machte ihn darauf aufmerksam, daß seine Aufzeichnungen die Struktur eines Computergprogramms hatten. Im November 1967 fand er eine Anstellung bei IBM, wo er herausfinden wollte „was für ein Geschäft es wohl sei, das Leute für das Schreiben von Wegbeschreibungen für Rallyepiloten bezahlt.“ Auch versprach er sich von den dort zu gewinnenden Kenntnissen die Möglichkeit, besser neue Klienten aus der wachsenden High Tech Szene Bostons gewinnen zu können. Bei IBM arbeitete er an Abrechungssystemen und installierte ein Satzsystem für eine Lokalzeitung. 1969 beschäftigte er sich am „Cambridge Scientific Center“ der Firma mit den Möglichkeiten, die Computertechnik im Bereich des Rechtswesens einzusetzen. Dabei ging es auch um das Problem, in gespeicherten Dokumenten nach bestimmten Einträgen zu suchen und auf diese zuzugreifen. Gemeinsam mit Ed Mosher und Ray Lorie entwickelte er eine Seitenbeschreibungssprache, die diese Aufgabe bewältigen konnte. Die erste Version wurde „Integrated Textual Information Management Experiment“ (InTIME) geannt. 1973 wurde das System unter dem Namen „GML“ – Generalized Markup Language – veröffentlicht. Goldfarb hatte die Bezeichnung auch gewählt, da diese Buchstabenkombination gleichzeitig auf die Namen der Mitglieder des Entwicklerteams, Golfarb, Mosher und Lorie, hinweist und diese so nicht in Vergessenheit geraten. SGML ist eine Weiterentwicklung dieser Sprache. In vielen Bereichen, in denen mit großen Informationsmengen gearbeitet wird, erfreut sich SGML heute großer Beliebtheit, etwa beim Flugzeughersteller Boeing, wo allein die Dokumentation für das Modell 747 über vier Millionen Seiten umfaßt. Außerdem ist SGML die Grundlage der von Jon Bosak entwickelten Auszeichnungssprache XML. Charles Goldfarb ist seit 1960 verheiratet und hat zwei Söhne. Der Katzenliebhaber lebt in Saratoga nahe, dem ßßß Silicon Valley. Er ist Ehrenmitglied des amerikanischen Fachverbandes für technische Kommunikation und er erhielt den „Gutenberg Award“ der amerikanischen Druckindustrie. Er schrieb zwei Bestseller über SGML und XML, ist aber, wie er in einem Interview sagte, kein Bestseller-Autor, sondern arbeitet immer noch als Rechtsanwalt.

Dr. Ivan Goldberg

Amerikanischer Psychiater, prägte den Begriff „Internetsucht“.

Seit dem 16. März 1995 macht im World Wide Web der Begriff „Internet Addinction Disorder“ – Internetsucht – die Runde. Zahlreiche Wissenschaftler haben sich seitdem mit diesem Phänomen auseinandergesetzt, Publikationen zu diesem Thema sind erschienen. Studien belegen, daß 9 – 13 Prozent der Nutzer dem Internet zwanghaft verfallen sind und natürlich gibt es im Netz auch entsprechende Selbsthilfegruppen. Wie für jedes Suchtverhalten, werden auch für die Internetsucht bestimmte Kriterien festgelegt, an denen erkennbar ist, ob es sich beim exzessiven Surfen im Internet um einen krankhaften Zustand handelt: Muß man seine „Online Dosis“ steigern, um Glücksgefühle zu erlangen? Verschwindet beim Surfen das Zeitgefühl und man bleibt ständig länger online als geplant? Leiden die sozialen Kontakte zu Freunden und Familienmitgliedern durch die Nutzung des Netzes? Stellt sich ein Realitätsverlust ein? Dies sind nur einige Fragen, bei dessen positiver Beantwortung man sich überlegen sollte, ob es nicht angebracht sei, das Surfen im Internet ein wenig einzuschränken. Bereits 1997 wurde von einem Mann berichtet, der seinen Job verlor, da es ihm wichtiger war, ständig online zu sein als zu arbeiten und gerade bei Jugendlichen sind Verhaltensweisen erkennbar, die fatal an eine wirkliche Sucht erinnern. Dabei war die Aktion von Dr. Goldberg nur ein Scherz. Der Psychiater widmet sich seit 1995, nach einer 30-jährigen Tätigkeit an der Columbia Universität in New York, der Arbeit in seiner eigenen Praxis. Er betreibt außerdem seit 1993 eine Web-Seite, die sich mit der Volkskrankheit Depression beschäftigt. Als Parodie auf die Krankheitssymptome, die im „Diagnostic and Statistic Manual of Mental Deseases“ zu lesen sind, veröffentlichte er in einer Mailingliste eine Anzahl von Symptomen, deren Auftreten für eine neue Krankheit, die „Internetsucht“ sprechen. Er trieb seine Satire auf die Spitze, indem er gleichzeitig eine Online-Selbsthilfegruppe für Betroffene anbot, als würde man die Treffen der anonymen Alkoholiker in einer Bar arrangieren. Goldbergs Unternehmen hatte ungeahnte Folgen: Viele vermeintlich Betroffene meldeten sich, es kam zu einer Diskussion über die Problematik und bereits im selben Jahr war unter der Internetadresse „netaddiction.com“ ein privatwirtschaftliches Institut zu erreichen, das sich der Behandlung verschiedener Online-Süchte widmet. Dr. Goldberg fand die Diskussion über die von ihm „erfundene“ Sucht etwas übertrieben. Zwar bezweifelt er nicht, daß es Menschen gibt, die bei der Nutzung des Internet ein suchtähnliches Verhalten an den Tag legen. Doch deshalb eine neue Krankheit zu definieren, hielt er 1997 in einem Interview mit dem „New Yorker Magazine“ für lächerlich, „dann müßte man auch über Menschen sprechen, die süchtig nach Büchern, Jogging oder anderen Menschen sind“.

Noel Godin

elgischer Tortenwerfer.

Am 4. Februar 1998 ging die Meldung durch die Weltpresse, daß Bill Gates bei einem Auftritt in Belgien mit einer Torte beworfen wurde. Natürlich dachte alle Welt sofort an einen frustrierten Nutzer der Software aus dem Hause ßßß Microsoft, der sich so für Stunden der Verzweiflung rächen wollte. Doch weit gefehlt, der Urheber dieser Aktion war der anarchistische Spaßvogel Noel Godin, der noch nicht einmal einen Computer besaß. Der damals 52 Jahre alte Belgier hatte Bill Gates als Ziel dieses Attentates ausgewählt, da er „auf gewisse Weise Herr der Welt ist“ und seine Fähigkeiten den Regierungen zur Verfügung stellt, anstatt mit seiner Intelligenz an Visionen einer besseren Welt zu arbeiten. Ein Mitarbeiter von Microsoft, der Bill Gates für seine zunehmende Hochnäsigkeit gegenüber seinen Angestellten einen Denkzettel verpassen wollte, hatte Godin mit Informationen versorgt, die diese Aktion ermöglichten. So erstarrte Gates Lächeln zu einem eisigen Grinsen, als zwei Mitstreiter Godins ihm mit dem Schlachtruf „ Entarton, Entarton, le polluent pognon!“, was übersetzt etwa „Tortet, tortet , entweiht den Zaster“ heißt, jeweils eine Torte ins Gesicht drückten. Der Autor, Schauspieler und Filmhistoriker Noel Godin, der sich mit einer eignen Wortschöpfung als „Entarteur“, also „Tortenwerfer“ oder „Torter“ bezeichnet, hatte bereits 1969 mit derartigen Aktionen begonnen. Sein erstes Opfer war die Schriftstellerin Marguerite Duras als Repräsentantin des „Inhaltslosen Romans“. Im Laufe der Zeit gehörten prominente Politiker ebenso wie Schauspieler oder der französische Philosoph Bernhard-Henry Levy, der bereits fünf mal „getortet“ wurde, zu seinen Opfern. Die Liste der unsympathischen Persönlichkeiten, die einen solchen Anschlag befürchten müssen, ist lang: Sie reicht von Tony Blair über Billy Graham und John Travolta bis zum Papst. Godin und seine Freunde achten darauf, daß sie die Torten niemals werfen, sondern sie dem Opfer direkt ins Gesicht drücken, was eine 95-prozentige Trefferquote garantiert. Dabei sind sie darauf bedacht, ihr Opfer niemals zu verletzen, weshalb sie in Belgien bestenfalls mir einer geringen Geldstrafe rechnen müssen: Die beiden Bill Gates-Attentäter erhielten eine Geldstrafe von umgerechnet 150 Mark. Anders in den USA, wo Nachahmer Godins für das „Torten“ des Bürgermeisters von San Francisco, der wegen seiner harten Haltung gegenüber Obdachlosen bekannt war, eine sechsmonatige Gefängnisstrafe erhielten.