First Virtual

Eines der ersten Bezahlsysteme im Internet.

Die Gründung des Unternehmens „First Virtual Holdings“ geht auf die zufällige Begegnung zweier Männer auf dem Flughafen von Los Angeles zurück. Der für die Unterhaltungsindustrie tätige ßßß Lee Stein und der Internetveteran ßßß Einar Stefferud warteten auf ihre Maschine. Stefferud beschäftigte sich mit einem HP-LX-95 Computer, einem der ersten Geräte zum drahtlosen Internetzugang. Der technikbegeisterte Lee Stein wurde darauf aufmerksam und sie kamen ins Gespräch. Der Zufall wollte es, daß beide denselben Flug gebucht hatten und so konnten sie während der folgenden fünfeinhalb Stunden ihr Gespräch fortsetzen. Sie kamen auf die Idee, ein Bezahlsystem für das Internet zu entwickeln, das zwar den E-Commece fördern, aber auch den freien Zugriff auf Informationen gewährleisten sollte. Gemeinsam mit den Spezialisten für E-Mail-Software Nathaniel Borenstein und Marshall Rose wurde die Idee realisiert. Die Unternehmer schufen ein System, das ohne aufwendige Verschlüsselungsverfahren und Spezialsoftware auskam, dabei war es von jedermann leicht zu handhaben. Es sah vor, daß die zu gründende Firma als Vermittler zwischen Kunde und Verkäufer fungieren sollte. Der Kunde übermittelte die Nummer seiner Kreditkarte oder seines Bankkontos auf einem „sicheren“ Weg, also per Post oder Telefon, an First Virtual, die ihm im Gegenzug ein Kennwort, den „VirtualPIN“, übersandte. Das Prinzip sah weiterhin vor, daß der Kunde zunächst die Ware bekam und dann entscheiden konnte, ob er sie kaufen wollte. Um zu bezahlen, mußte der Kunde dem Verkäufer sein Kennwort mitteilen, der VirtualPIN wurde vom Verkäufer mit dem gewünschten Geldbetrag an First Virtual weitergeleitet, von wo er eine Bestätigung darüber erhielt, ob das Kennwort korrekt bei First Virtual registriert war. Bevor der Betrag vom Konto des Käufers abgebucht wurde, wurde dieser noch einmal gefragt, ob Ware und Betrag richtig seien. So sollte ausgeschlossen werden, daß Geldbeträge unrechtmäßig abgebucht wurden. Bei einem Mißbrauch des Systems hatte das Unternehmen das Recht, die jeweiligen Käufer oder Verkäufer von dem System auszuschließen. Außerdem bot First Virtual die Möglichkeit, auch Informationen zu verkaufen. Auf einem Rechner der Firma, dem „Info Haus“, wurden Informationen verschiedener Anbieter bereitgestellt. Die Kunden konnten die gewünschten Dateien laden, wobei, wie beim Sharewareprinzip (Software kann erst kostenlos probiert werden, bevor gezahlt wird) nur bei Gefallen bezahlt wurde. Das Unternehmen „First Virtual Holdings“ wurde im März 1994 gegründet und stellte seine Dienstleistung vom Oktober an zur Verfügung. Lee Stein war der Geschäftsführer, während Einar Stefferud als „leitender Visionär“ fungierte. Borenstein war leitender Wissenschaftler und Rose technischer Geschäftsführer. Hinzu kam der in den USA bekannte Bauunternehmer Tawfiq Khoury. Die Firma wurde als „Virtuelles“ oder „Verteiltes Unternehmen“ gegründet, das heißt, es gab keinen zentralen Firmensitz und erst nach 15 Monaten ein offizielles Büro. Die Firmengründer arbeiteten von ihren Wohnorten an der West- und Ostküste der USA aus. Der Zentralrechner stand in Cleveland, Ohio. Großer Erfolg war dem System nicht beschieden. 1996 wurden zwar schon mehr als 4000 Transaktionen pro Woche abgewickelt. Doch es kam zu Problemen mit den beteiligten Unternehmen Visa und Mastercard, und inzwischen vermarktet das Unternehmen keine Zahlungssysteme mehr. Seit 1998 firmiert es unter dem Namen „Message Media“ und beschäftigt sich vor allem mit Lösungen zur Handhabung großer Mengen von E-Mail, zum Beispiel wenn es um die Aussendungen von erlaubten Werbesendungen geht. So kümmert sich Message Media etwa um die Versorgung der 120 Millionen Nutzer von Yahoo mit Werbe-Mails.

Beitragsbild: Screenshot der Seite 1996

Firefly Networks

Amerikanisches Unternehmen, Pionier der Agententechnologie.

Die Firma „Firefly“ wurde im März 1995 als „Agents.Inc.“ gegründet. Initiatoren waren die damals 34 Jahre alte Professorin am MIT ßßß Pattie Maes und der 26 jährige Absolvent der Harvard Business School Nicholas Grouf. Die zwei hatten sich zufällig während eines Fluges kennengelernt. Als Grundlagen für das Unternehmen dienten die Arbeiten Pattie Maes, die sich mit lernfähigen Programmen, sogenannten „Agenten“ beschäftigt hatte. Das Programm RINGO war von ihr entwickelt worden, um aus den Bostoner Radioprogrammen ihr individuelles Musikprogramm herauszufiltern. Bei „Firefly Networks“, wie das Unternehmen seit April 1996 hieß, wurde „RINGO“ erweitert. Den Nutzern des Dienstes wurden auf sie zugeschnittene Vorschläge für Filme und Musiktitel gemacht und Gleichgesinnte konnten Kontakte knüpfen. Dies geschah aufgrund von Nutzerprofilen, den „Passports“. In diesen waren die entsprechenden Angaben gespeichert, welche die Nutzer zuvor eingegeben hatten und welche die Grundlage der Arbeit der Agenten bildete. Daneben fanden sich Angaben, welche die Software zum Beispiel über das Einkaufsverhalten der jeweiligen Person gespeichert hatte. Das Besondere an den Passports war, daß die Nutzer festlegen konnten, welche Informationen zum Beispiel an Marketing-Firmen weitergegeben werden durften. Alles in allem eröffnete die Technologie der werbetreibenden Wirtschaft neue Aussichten, denn nun war es möglich, die potentiellen Kunden ganz gezielt anzusprechen. So konnte Firefly die Software auch an andere namhafte Unternehmen lizenzieren. 1998 übernahm ßßß Microsoft schließlich für 30 Millionen Dollar die Firma. Allerdings nicht, um mit den Agenten seine Kundschaft besser kennenzulernen, sondern aus Interesse an dem Datenschutzsystem, welches die Inhalte der „Passports“ sicherte.

Beitragsbild: Screenshot der Webseite von 1998

David Filo

Mitbegründer von ßßß Yahoo!

David Filo fand das Thema seiner Doktorarbeit im Fachbereich Elektroingenieuwesen, ziemlich langweilig, daher surfte er mit seinem Freund Jerry Yang im Studienjahr 1993/1994 lieber durch das gerade entstehende World Wide Web. Um bereits aufgesuchte Seiten schnell wieder erreichen zu können, legten die beiden Freunde, die gemeinsam in einem Wohnwagen auf dem Universitätsgelände wohnten, eine Datenbank mit Verweisen zu den interessantesten Seiten an. Wenig später wurde daraus das florierende Unternehmen „Yahoo“. Filo erstellte die Software, während sein Freund sich um die Auswahl der Seiten kümmerte. Auch heute noch ist Filo für die Technologie des Unternehmens verantwortlich. Er stammt aus dem 8000 Einwohner zählenden Städtchen Moss Bluff in Louisiana. Der 1967 geborene David Filo studierte an der Tulan Universität in New Orleans Informatik, bevor er an die Stanford-Universität ging, wo er Jerry Yang kennenlernte. Der Name des Unternehmens soll auf die Abkürzung der Bezeichnung „Yet Another Hierarchical Officious Oracle“ sein. Es wird aber auch berichtet, daß der Firmenname auf den Ausdruck „Yahoo“, der übersetzt „Saukerl“ heißt, zurückgehen soll, mit dem David angeblich von seinem Vater tituliert wurde, wenn er sich als Kind schlecht benommen hatte.

Beitragsbild: Von Mitchell Aidelbaum from San Francisco; CA; USA – Diese Datei ist ein Ausschnitt aus einer anderen Datei; CC BY 2.0;

Feed

Eines der ersten Magazine im Internet.

Das Magazin Feed wurde im Mai 1995 von den damals 28 Jahre alten freiberuflichen Journalisten Stefanie Syman und Steven Johnson gegründet. Syman hatte Literaturwissenschaften in Yale studiert und arbeitete für diverse Publikationen, wie „Voque“, „Rolling Stone“ oder das „Wall Street Journal“. Johnson war ein Absolvent der Columbia Universität, wo er seinen Abschluß im Fach Semiotik mit „Summa cum laude“ gemacht hatte. Auch er arbeitete freiberuflich. In Fernseh- und Radiosendungen kommentierte er Themen aus dem Bereich der Technologie. Außerdem hatte er sich als Autor des „ Interface Culture: Wie neue Technologien Kreativität und Kommunikation verändern“ einen Namen gemacht. Er hatte ein Konzept für ein Internetmagazin ausgearbeitet, das sich der Möglichkeiten dieses neuen Mediums bediente. Syman und Johnson lernten sich zufällig bei einem gemeinsamen Bekannten kennen und beschlossen, zusammen Johnsons Idee zu verwirklichen. Mit 70 000 Dollar geliehenem Startkapital starteten sie „Feed“ aus ihren Wohnungen heraus. Feed beinhaltete täglich wechselnde Kolumnen, Interviews und Betrachtungen zu aktuellen Themen, wobei die Möglichkeiten des Hypertext, also die Verknüpfung mit anderen Seiten, konsequent und intelligent genutzt wurden. Fenster mit Zusatzinfos konnten geöffnet werden und auch den Meinungen der Leser wurde ein großer Stellenwert eingeräumt, für die Diskussionsgruppen über alle möglichen Themen eingerichtet wurden. Denn gemäß der Konzeption von Johnson sollte auch ein Diskussionsforum, eine sogenannte „Community“, entstehen. Feed wurde von der Kritik hoch gelobt, Johnson wurde vom Magazin „Newsweek“ in die Liste der „50 People Who Matter Most the Internet“ aufgenommen und Syman gehörte laut „New York Times“ zu den „New Yorks Cyber Sixty“. Vereinbarungen mit AOL und ßßß Wired brachten dem Magazin zusätzliche Bekanntheit. Die Redaktion wuchs auf sechs Mitarbeiter und schließlich konnte Feed sogar angemessene Honorare zahlen, was das Magazin auch für etablierte Journalisten interessant machte. Feed ging den Weg der meisten erfolgreichen unabhängigen Projekte: Mit großen Partnern wurde ein neues Unternehmen gegründet. Gemeinsam mit Lycos und „Advance.Net“, das zum zweitgrößten Magazinverlag der USA gehört, wurde im Jahr 2000 „Automatic Media“ etabliert. Hier erscheint nun neben Feed auch „Alt.Culture“, eine Online-Encyclopädie der Jugendkultur und „Suck“, ein Internetmagazin, das seit 1995 als tägliche Kolumne im Internet erscheint und die sich respektlos und zynisch mit dem World Wide Web auseinandersetzt.

Das Magazin wurde im Jahr 2001 eingestellt

Beitragsbild: Screenshot der Seite 1999

Shawn Fanning

Amerikanischer Unternehmer, Napster.

Der Onkel von Shawn Fanning, der selbst ein Softwareunternehmen besitzt, würde die Geschichte seines Neffen am liebsten verfilmen, da sie ihm so unwahrscheinlich erscheint. Die Fannings, eine Familie mit acht Kindern, die es „von der Obdachlosigkeit zur Armut“ gebracht hatte, lebte in einem kleinen Haus in Brockton, Massachusetts. Eines Tages veranstaltete ein älterer Bruder eine Party, um seinen College-Abschluß zu feiern. Eine Band spielte und es kamen 3000 Gäste. Die damals 17-jährige Colleen Fanning ließ sich mit einem der Bandmitglieder, der aus einer der reichsten Familien Massachusetts stammte, ein und wurde schwanger. Doch wie es bei solchen Geschichten häufig ist, mußte Colleen sich allein um den im November 1981 geborenen Shawn kümmern. Später heiratete die Schwesternhelferin einen LKW-Fahrer und der Junge wuchs bei seinem Stiefvater mit vier jüngeren Geschwistern auf. (Im Alter von 19 Jahren lernte Shawn Fanning seinen Vater doch noch kennen, es stellte sich heraus, daß auch er eine Softwarefirma betreibt.) Die finanziellen Verhältnisse der Familie waren nicht besonders gut. Als Shawn zwölf Jahre alt war, verlor die Familie zeitweise sogar ihre Wohnung und die Kinder mußten in einem Heim untergebracht werden. Ein Angebot seines Onkels, lieber zu ihm zu kommen, lehnte Shawn ab, da er seine Geschwister nicht allein lassen wollte. In der Firma seines Onkels, NetGames, lernte er Programmieren. Dort arbeitete er mit Studenten der Carnegie Mellon Universität zusammen, die ihn in dieses Handwerk einführten. Fannings Arbeitseifer ließ allerdings zu wünschen übrig: Häufig hatte er Schwierigkeiten, Projekte rechtzeitig fertigzustellen, da er sich lieber mit Videospielen beschäftigte. Eigentlich wollte er an der Carnegie Mellon Universität studieren. Als er dort nicht aufgenommen wurde, begann er ein Studium am Northeastern College in Boston, was ihn jedoch ziemlich langweilte. Von seinem Onkel bekam er einen Rechner mit Modem und machte Bekanntschaft mit den Internet Relay Chat, IRC. Darüber lernte er auch Sean Parker kennen, den späteren Mitbegründer von Napster. Im Studentenwohnheim hatte ein Zimmergenosse von Shawn große Schwierigkeiten beim Finden von MP3 Musikdateien im Internet. Fanning nahm sich des Problems an und programmierte in der Firma seines Onkels, mit Hilfe von Sean Parker und dem Programmierer Jordan Ritter, die Beta-Version von Napster. Napster verknüpft die Funktion einer Suchmaschine mit dem IRC und ermöglicht es, im Internet nach Dateien zu suchen und diese direkt von Rechner zu Rechner zu tauschen. Das Programm wurde ins Netz gestellt und hatte einen durchschlagenden Erfolg: Viele Universitäten sperrten das Programm wegen der dadurch entstehenden Überlastung ihrer Internetverbindung. Shawn. Fanning erkannte das Potential seiner Entwicklung und brach sein Studium ab, um sich künftig ganz Napster zu widmen. Im Mai 1999 wurde das Unternehmen „Napster“ gegründet. Es dauerte nicht lange, da wurde die Musikindustrie auf die entstandene Tauschbörse im Internet, mit inzwischen 40 Millionen Mitgliedern, aufmerksam. Die Firma Napster wurde wegen Urheberrechtsverletzung verklagt, da mit dem von ihr entwickelten Programm millionen von Musikstücke ausgetauscht werden würden, ohne daß dafür zu bezahlt werden würde. Später schlossen sich auch die Band „Metallica“ und der Rapper „Dr. Dre“ der Klage an. John Perry Barlow, der ehemalige Songschreiber der Rockgruppe „Greatful Dead“, meint dazu allerdings, daß das „wirkliche Geld durch Konzerte verdient“ wird und das Hören von Musikstücken aus dem Internet durchaus einen Anreiz darstellt, die Konzerte der jeweiligen Bands zu besuchen. Inzwischen ist Bertelsmann bei Napster eingestiegen und es soll ein Geschäftsmodell entwickelt werden, bei dem sichergestellt wird, daß die Musikdateien nicht ohne einen entsprechenden Obolus an die Musiker getauscht werden können. Auch Shawn Fanning beteuert, daß die Nutzer der Plattform selbstverständlich bereit sind, die Musiker zu bezahlen. Inzwischen sind die Musiktauschbörsen wie Napster oder ßßß Gnutella ins Gerede gekommen, da über sie nicht nur Musikdateien, sondern auch kinderpornografisches Material getauscht werden soll.

etoy.com

Von der Schweiz aus operierende Künstlergruppe

Die Zuschauer der in der Schweiz populären Fernsehsendung „Benissimo“ staunten nicht schlecht, als in der Livesendung am 7. Dezember 1996 ein glatzköpfiger Mann mit Sonnenbrille und einer orangefarbenen Jacke auf den Moderator zustürzte und rief: „Wo ist hier der Ausgang zum Internet?“ Es handelte sich um ein Mitglied der Künstlergruppe „etoy“ die vorgaben, die sich nach einem Auftritt in einer anderen Fernsehsendung in ein Besprechungszimmer zurückziehen zu wollen und diesen Moment für die Aktion nutzte. etoy ist seit 1995 im Internet aktiv. Die Gruppe wurde von sieben jungen Männern gegründet, die als sogenannte „etoy.agents“ unter den Pseudonymen Brainhard, Esposto, Goldstein, Gramazio, Kubli, Udatny und Zai auftreten. Außer den Tatsachen, daß sie zwischen 1971 und 1975 geboren wurden, aus unterschiedlichen europäischen Städten stammen und unterschiedlichen Berufsgruppen angehören – ein Architekt, zwei Musiker, ein Anwalt, ein PR-Mann und ein Mediendesigner – ist von ihnen nichts bekannt. Ihre wahre Identität soll „von der etoy.corporation bis zum Jahr 2032“ geheimgehalten werden. Sie erkannten den „Computer nicht nur als Hilfsmittel, sondern als primäre Arbeitsumgebung …, die unsere Lebensweise und unsere Arbeit massiv mitbestimmt“, wie in einem Interview mit der „taz“ zu erfahren war, und entwickelten die „Idee nicht einzelne Künstler in den Vordergrund zu stellen, sondern eine Firma zu gründen.“ Die „erste Streetgang auf dem Informations Highway“ tritt mit kahl rasierten Schädeln und Sonnenbrillen auf. Bekleidet sind sie gewöhnlich mit schwarzen Anzügen und orangen Jacken. Diese „Corporate Identity“ unterstreicht den Auftritt von etoy als Firma. Von Kunstsammlern können „etoy.Shares“ erworben werden und ihre Aktionen werden als „etoy.share-value“ in einer Kurve dargestellt. Hier und in der Aussage der Gruppe sie sei „ins Internet emigriert und kommt nur für Fernseh-Auftritte und Sex in die Realität zurück“, wodurch auch die Frage nach dem „Ausgang zum Internet“ Sinn erhält, wird deutlich, wie sie mit den Erscheinungen des weltumspannenden Netzes und der „New Economy“ ihr Spiel treibt. Im Internet ist die Gruppe unter anderem durch den „Digital Hijack“ – die „digitale Entführung“ – bekannt geworden. Im Mai 1996 sorgte etoy dafür, daß die ersten Suchergebnisse nach Eingabe populärer Suchbegriffe, wie Sex, Playboy. Art oder Porsche, in diversen Suchmaschinen, auf die Seite von etoy führten. Dort wurde den unfreiwilligen Besuchern, die vor ihrer „Freilassung“ erst die Web-Seite von etoy aufsuchen mußten, erklärt: „Dies ist eine digitale Entführung!“ Diese Aktion, gegen die kurzfristig sogar die Schweizer Bundespolizei ermittelte, wurde nach vier Monaten und über 600000 Zugriffen wegen Überlastung des Servers abgebrochen. 1996 war auch das Jahr, in dem der Gruppe die Goldene Nica der Ausstellung für elektronische Kunst „Ars Electronica“ verliehen wurde. Eine weitere Aktion von etoy, der „Toywar“, fand Ende 1999 weltweit Beachtung. Dabei war etoy eher zufällig in diese Aktion verwickelt worden. 1999 wurde der Spielwarenversender eToys von einem Kunden darauf hingewiesen, daß im World Wide Web eine Seite mit anstößigen Inhalten existierte, die beim nachlässigen Eingeben der Adresse des Spielwarenhändlers aufgerufen würde. Nachdem etoy es ablehnte, ihre Adresse „etoy.com“ an eToys zu verkaufen oder wenigstens in „etoy.ch“ zu ändern, wurde auf richterlichen Beschluß während einer Klage des Spielwarenhändlers die Domain „etoy.com“ abgeschaltet. Daraufhin wurde der „Toywar“ erklärt, zum Boykott der klagenden Firma aufgerufen und die Seiten von eToys durch unzählige Anfragen teilweise blockiert. Nachdem der Aktienkurs des Spielwarenhändlers rapide gefallen war, wurde die Klage zurückgezogen und der Künstlergruppe sogar Schadenersatz angeboten. Anfang 2001 geriet eToys ins Schlingern, während von der Künstlergruppe keine negativen Nachrichten bekannt sind.

Beitragsbild: Screenshot der Webseite aus dem Jahr 2000

Estate.Net

Deutsche Immobiliendatenbank im Internet.

Den Namen seiner Firma hätte Harri Janß schon mehrmals für ein erkleckliches Sümmchen verkaufen können, ist es doch die ideale Bezeichnung für einen international tätigen Haus- und Grundstücksmakler. Die Firma Estate Net wurde 1995 von Harry Janß und seinen Kollegen und Freunden Susanne Hagen und Thomas Bönte gegründet. Der 1953 in Hamburg geborene Harri Janß hatte zunächst eine Lehre als Chemikant absolviert, bevor er beim Verlagshaus Gruner und Jahr als Bote zu arbeiten begann. Dort brachte er es binnen kurzer Zeit zum Ressortleiter im Bereich Marketing Services. Seine erste Bekanntschaft mit der EDV machte er 1982, zunächst mit einem Apple Macintosh und später mit einem vorsintflutlichen Windows-System. Als Datenverarbeitungskoordinator bei einem Unternehmen aus der Baubranche lernte er die zwölf Jahre jüngeren Susanne Hagen und Thomas Bönte kennen, die ihn 1994 über die Existenz des Internet aufklärten und mit denen er Estate Net entwickelte. Mit 750.000 DM wurde eine entsprechende Firma gegründet und im Mai 1995 ging das Unternehmen mit dem von Thomas Bönte dem „genialen Programmierer“ (Janß) entwickelten Auftritt online. Inzwischen bietet Estate Net einen internationalen Immobilienservice. Auf der Web-Seite, die von einem amerikanischen Magazin als eines der „zehn besten Immobilienangebote im Internet“ bezeichnet wurde, werden die unterschiedlichsten Immobilien aus aller Welt zum Mieten oder Kaufen angeboten. Bis 1999 war Estate Net Marktführer in Europa, erst mit dem großen Boom der Internetwirtschaft konnten mit Risikokapital in Millionenhöhe ausgestattete Mitbewerber die Firma überholen. Doch Harri Janß ist sich sicher, daß sich das Unternehmen, an dem sich inzwischen auch die ßßß Telekom beteiligt hat, am Markt behaupten wird.

Beitragsbild: Screenshot der Webseite aus dem Jahr 2000

Douglas Carl Engelbart

Amerikanischer Wissenschaftler, Erfinder der Computermaus.

(30.1. 1925 – 2.7. 2013)

Ohne die Ideen dieses Visionärs des Computerzeitalters sind weder das Internet noch die Personalcomputer in ihrer heutigen Form vorstellbar. Einerseits gilt er als der Erfinder der Maus, jedoch gehen auch einige andere bahnbrechende Entwicklungen auf seine Ideen zurück. Etwa die grafische Benutzeroberfläche, die Fenstertechnik oder die Idee des persönlichen Arbeitsplatzrechners. Insgesamt hat er über 20 Patente angemeldet. Dabei sind dies alles nur Nebenprodukte seines eigentlichen Anliegens: die Fähigkeiten des menschlichen Intellektes zu erweitern, um so den immer größer werdenden Problemen der menschlichen Gesellschaft begegnen zu können. Douglas Engelbart wurde am 30. Januar 1925 geboren und wuchs auf einem kleinen Bauernhof nahe Portland, Oregon, auf. 1942 verließ er die High School und studierte Elektroingenieurwesen an der Oregon State University. Während des zweiten Weltkrieges war er als Radartechniker auf den Phlippinen eingesetzt. 1948 beendete er sein Studium und arbeitete zunächst bei der NACA (National Aeronautic Commission Agency), einer Vorläuferorganisation der NASA. Nachdem er 1955 den Doktortitel der Philosophie erlangte, entwickelte er seine Vision von einem computergestützten System zur schnellen und flexiblen Organisation von Informationen. Bis 1959 widmete er sich am Stanford Research Institute der Grundlagenforschung im Bereich der Computertechnologie, bevor er seine Vision 1962 unter dem Titel „Augmenting Human Intellect: A Conceptual Framework“ (Erweiterung des menschlichen Intellekts: Ein Entwurf) veröffentlichte. 1963 gründetet er das „Augmentation Research Center“. Aus diesem Forschungslabor ging z.B. die Maus als „X-Y Positionsanzeiger für ein Bildschirmsystem“ hervor. 1968 wurde auf der Fall Joint Computer Conference erstmals das in seinem Institut entwickelte NLS (oNLineSytem) der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieses, auf einer DEC Großrechner-Plattform laufende System konnte Textdateien hierarchisch oder netzartig verknüpfen, es beinhaltete die Integration von Grafiken und die Möglichkeit der online-Videokonferenz. NLS wurde mit einer Maus gesteuert und besaß ein kontextsensitives Hilfesystem. Wie weit Engelbarts Ideen seiner Zeit voraus waren, zeigt sich in einem Memorandum, welches er 1977 für die Firma XEROX verfaßte. Dort heißt es: „Das Wissen steckt nicht in der Vervielfältigung von Papier, sondern in der Organisation von Information. Wenn eines Tages alle Informationen in eine Büroklammer passen, muß Xerox eben Büroklammern bauen.“ Das von Engelbart 1989 gegründete „Bootstrap Institute“ beschäftigt sich mit „Verbesserungsaktivitäten“ für Firmen und Institutionen. Diese sollen durch die Entwicklung ihrer kollektiven Intelligenz den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts besser begegnen können.

Beitragsbild: Die erste Computermouse. Von SRI International – SRI International, CC BY-SA 3.0,

Encyclopedia Britannica

Weltberühmtes Nachschlagewerk, erscheint in Zunkunft nur noch digital.

Als die Herausgeber der Encyclopedia Britannica im Oktober 1999 erklärten, die Web-Seite der Enzyklopädie könne zukünftig kostenlos besucht werden, brach der Server unter dem Ansturm der Aufrufe zusammen. Zwar konnte das Nachschlagewerk schon seit 1994 im Internet besucht werden, aber das Geschäftsmodell sah dafür eine Gebühr vor. Für Universitäten betrug sie beispielsweise einen Dollar jährlich für jeden eingeschriebenen Studenten. In Zeiten dahinschmelzender Budgets der Bibliotheken kein Pappenstiel. Hinzu kam die Konkurrenz von Unternehmen wie Microsoft, dessen Nachschlagewerk „Encarta“ auf vielen PCs als kostenlose Dreingabe zu finden war. Die Encyclopedia Britannica wurde 1768 in Edinburgh erstmals herausgegeben. Der 1726 geborene Kupferstecher Andrew Bell und der damals wahrscheinlich 23 Jahre alte Drucker Colin MacFarquhar wollten, inspiriert von einer französischen Enzyklopädie, ein ähnliches Projekt aufziehen. Als Herausgeber gewannen sie den 1740 geborenen Drucker und Gelehrten William Smelli. Die Enzyklopädie erschien als Loseblattsammlung, die wöchentlich in MacFarquhars Büro verkauft wurde. 1771 war das Nachschlagewerk mit 2659 Seiten komplett. Der große Erfolg ermunterte die Herausgeber, die zweite Auflage in gebundener Form zu veröffentlichen. Sie erschien von 1777 bis 1784 und umfaßte zehn Bände. Der 35. und letzte Band der aktuellen Ausgabe erscheint 2001 und ist zugleich der letzte gedruckte Band. Danach gibt es die Enzyklopädie nur noch als CD-ROM, DVD und im Internet. Seinen guten Ruf erwarb sich das Lexikon durch seine sorgfältig editierten und ausführlichen Beiträge. Als Autoren konnten die Herausgeber im Laufe der Zeit viele berühmte Persönlichkeiten gewinnen: Neben vielen anderen schrieben zum Beispiel der Ökonom Malthus, Siegmund Freud, Leo Trotzki und Albert Einstein Beiträge für die Enzyklopädie. Auch technisch war die Britannica immer auf der Höhe der Zeit: 1960 wurde der Fotosatz eingeführt und 1989 erschien die erste Multimedia CD-ROM, die allerdings mit einem Preis von 1200 Dollar ziemlich teuer war. Für die Internetseite wurde eigens eine leistungsfähige Suchmaschine entwickelt, die neben dem gesuchten Eintrag der Enzyklopädie auch zum Thema passende Web-Seiten anzeigt.

Beitragsbild: Screenshot der Webseite aus dem Jahr 2000

Esther Dyson

Amerikanische Journalistin, Protagonistin des Internet.
Esther Dyson wurde vom Magazin Wired mit dem Titel „Ein-Frau Denkfabrik“ bedacht. Die New York Times bezeichnete sie als einflußreichste Frau des Internet, was sicher nur zum Teil auf ihren Posten als Direktorin der ICANN zurückzuführen ist, den sie von 1998 bis November 2000 innehatte. Seit 1982 gibt sie den Newsletter „Release 1.0“ heraus, in dem sie ein sicheres Gespür für Trends in der Computertechnik beweist. So beschrieb sie darin bereits 1990 das Konzept der mittlerweile populären PDA`s oder Handheld PCs. Das Interesse für zukünftige Entwicklungen scheint in der Familie zu liegen, denn ihr Vater ist der, unter anderem durch seine Spekulationen über außerirdisches Leben, bekannt gewordene Physiker und Futurologe Freeman Dyson. Ihre Mutter eine schweizer Mathematikerin. Die 1951 geborene Esther Dyson studierte in Harvard Wirtschaftswissenschaften und graduierte 1972. Während ihrer Studienzeit interessierte sie sich mehr für die Tätigkeit als Journalistin, als für den Lehrstoff und arbeitete nebenbei für die Tageszeitung „The Harvard Crimson“. Während ihres Studiums begann sie auch, jeden Morgen eine Stunde zu schwimmen, eine Gewohnheit, die sie bis heute beibehalten hat. Nach dem Studium ging sie 1974 zum Magazin Forbes, wo sie zunächst als Rechercheurin und dann als Reporterin arbeitete. Bereits hier konnte sie erste Erfahrungen über die Computerindustrie sammeln, als sie Berichte über entsprechende Unternehmen schrieb. Von 1977 bis 1982 war sie als Analystin bei verschiedenen Firmen der Wall Street beschäftigt, wo sie sich auf Technologiewerte spezialisierte. 1982 begann sie bei Rosen Research. Noch im selben Jahr kaufte sie die Firma und führt sie seitdem unter dem Namen EDventure weiter. 1982 erschien auch erstmalig ihr Newsletter „Release 1.0“. Mitte der 80-er Jahre verschwand der Newsletter kurzfristig von der Bildfläche. Der Microsoft Verlag Ziff-Davis hatte sich an EDventure beteiligt und gab den Newsletter unter der Bezeichnung „Computer Industrie Daily“ heraus. Dieser Versuch scheiterte jedoch und so erschien „Release 1.0“ bald wieder in seiner gewohnten Form. 1997 veröffentlichte Esther Dyson das Buch „Release 2.0“, welches in 20 Sprachen übersetzt wurde. Dort beschreibt sie die „Spielregeln für unsere digitale Zukunft“, wobei ein idealisiertes Bild des Internet und seiner zukünftigen Möglichkeiten entsteht. Inzwischen erscheint regelmäßig „Release 3.0“, eine Kolumne in der New York Times. Neben dieser publizistischen Tätigkeit fördert sie, auch mit Risikokapitel, junge Unternehmen vornehmlich in Osteuropa. Nachdem 1989 der Eiserne Vorhang gefallen war, unternahm Dyson, die sich schon in der High School für Rußland interessierte und die fließend russisch spricht, Reisen nach Osteuropa, um das dort vorhandene Vakuum mit High Tech und Risikokapital zu füllen. Esther Dyson ist an zahlreichen kleineren Firmen beteiligt und außerdem Mitglied diverser Organisationen in aller Welt. Sie organisiert die jährlichen Konferenzen des PC-Forums in den USA und des High-Tech-Forums in Europa. In der EFF, der Electronic Frontier Foundation, setzt sie sich, ganz Amerikanerin, für die absolute Meinungsfreiheit im Internet ein. Esther Dyson, die aufgrund ihrer zahlreichen Aktivitäten etwa 300 Tage im Jahr unterwegs ist, nutzt das Internet natürlich für ihre Kommunikation. Die Zeitung liest sie jedoch lieber in gedruckter Form, obwohl sie davon überzeugt ist, daß der Fortschritt auch das online-Lesen schon bald angenehmer machen wird.

Beitragsbild: Von Joi – Flickr.com CC BY 2.0