Shawn Fanning

Amerikanischer Unternehmer, Napster.

Der Onkel von Shawn Fanning, der selbst ein Softwareunternehmen besitzt, würde die Geschichte seines Neffen am liebsten verfilmen, da sie ihm so unwahrscheinlich erscheint. Die Fannings, eine Familie mit acht Kindern, die es „von der Obdachlosigkeit zur Armut“ gebracht hatte, lebte in einem kleinen Haus in Brockton, Massachusetts. Eines Tages veranstaltete ein älterer Bruder eine Party, um seinen College-Abschluß zu feiern. Eine Band spielte und es kamen 3000 Gäste. Die damals 17-jährige Colleen Fanning ließ sich mit einem der Bandmitglieder, der aus einer der reichsten Familien Massachusetts stammte, ein und wurde schwanger. Doch wie es bei solchen Geschichten häufig ist, mußte Colleen sich allein um den im November 1981 geborenen Shawn kümmern. Später heiratete die Schwesternhelferin einen LKW-Fahrer und der Junge wuchs bei seinem Stiefvater mit vier jüngeren Geschwistern auf. (Im Alter von 19 Jahren lernte Shawn Fanning seinen Vater doch noch kennen, es stellte sich heraus, daß auch er eine Softwarefirma betreibt.) Die finanziellen Verhältnisse der Familie waren nicht besonders gut. Als Shawn zwölf Jahre alt war, verlor die Familie zeitweise sogar ihre Wohnung und die Kinder mußten in einem Heim untergebracht werden. Ein Angebot seines Onkels, lieber zu ihm zu kommen, lehnte Shawn ab, da er seine Geschwister nicht allein lassen wollte. In der Firma seines Onkels, NetGames, lernte er Programmieren. Dort arbeitete er mit Studenten der Carnegie Mellon Universität zusammen, die ihn in dieses Handwerk einführten. Fannings Arbeitseifer ließ allerdings zu wünschen übrig: Häufig hatte er Schwierigkeiten, Projekte rechtzeitig fertigzustellen, da er sich lieber mit Videospielen beschäftigte. Eigentlich wollte er an der Carnegie Mellon Universität studieren. Als er dort nicht aufgenommen wurde, begann er ein Studium am Northeastern College in Boston, was ihn jedoch ziemlich langweilte. Von seinem Onkel bekam er einen Rechner mit Modem und machte Bekanntschaft mit den Internet Relay Chat, IRC. Darüber lernte er auch Sean Parker kennen, den späteren Mitbegründer von Napster. Im Studentenwohnheim hatte ein Zimmergenosse von Shawn große Schwierigkeiten beim Finden von MP3 Musikdateien im Internet. Fanning nahm sich des Problems an und programmierte in der Firma seines Onkels, mit Hilfe von Sean Parker und dem Programmierer Jordan Ritter, die Beta-Version von Napster. Napster verknüpft die Funktion einer Suchmaschine mit dem IRC und ermöglicht es, im Internet nach Dateien zu suchen und diese direkt von Rechner zu Rechner zu tauschen. Das Programm wurde ins Netz gestellt und hatte einen durchschlagenden Erfolg: Viele Universitäten sperrten das Programm wegen der dadurch entstehenden Überlastung ihrer Internetverbindung. Shawn. Fanning erkannte das Potential seiner Entwicklung und brach sein Studium ab, um sich künftig ganz Napster zu widmen. Im Mai 1999 wurde das Unternehmen „Napster“ gegründet. Es dauerte nicht lange, da wurde die Musikindustrie auf die entstandene Tauschbörse im Internet, mit inzwischen 40 Millionen Mitgliedern, aufmerksam. Die Firma Napster wurde wegen Urheberrechtsverletzung verklagt, da mit dem von ihr entwickelten Programm millionen von Musikstücke ausgetauscht werden würden, ohne daß dafür zu bezahlt werden würde. Später schlossen sich auch die Band „Metallica“ und der Rapper „Dr. Dre“ der Klage an. John Perry Barlow, der ehemalige Songschreiber der Rockgruppe „Greatful Dead“, meint dazu allerdings, daß das „wirkliche Geld durch Konzerte verdient“ wird und das Hören von Musikstücken aus dem Internet durchaus einen Anreiz darstellt, die Konzerte der jeweiligen Bands zu besuchen. Inzwischen ist Bertelsmann bei Napster eingestiegen und es soll ein Geschäftsmodell entwickelt werden, bei dem sichergestellt wird, daß die Musikdateien nicht ohne einen entsprechenden Obolus an die Musiker getauscht werden können. Auch Shawn Fanning beteuert, daß die Nutzer der Plattform selbstverständlich bereit sind, die Musiker zu bezahlen. Inzwischen sind die Musiktauschbörsen wie Napster oder ßßß Gnutella ins Gerede gekommen, da über sie nicht nur Musikdateien, sondern auch kinderpornografisches Material getauscht werden soll.