Jon Postel

Amerikanischer Ingenieur
(06.09. 1943 – 16.10. 1998)

Dr. Jonathan B. (Jon) Postel, einer der Väter des Internet, war Zeit seines Lebens außerhalb der Netzgemeinde eher unbekannt, sogar die Wachmannschaften des Weißen Hauses wollten den Mann mit Pferdeschwanz und Sandalen nicht hereinlassen, als er einer Einladung Präsident Clintons zu einem Dinner folgte. Jon Postel war als Direktor der IANA, einer Organisation zur Koordination der Entwicklung des Internet, für die Verwaltung der IP-Adressen, der Kennungen der an das Internet angeschlossenen Rechner, verantwortlich und Herausgeber der RFC`s, der Dokumente, mit den technischen Spezifikationen des Internet, weshalb er auch als „Godfather“ des Internet bezeichnet wurde. Der 1943 geborene Postel hatte, wie Vinton Cerf, die Van Nuy High School im San Fernando Valley nördlich von Los Angeles besucht. An der Universität von Los Angeles, wo er Cerf wieder traf, machte er 1966 und 1968 Abschlüsse als Ingenieur. Als graduierter Student kam er an der neugegründeten Fakultät für Informatik zur der Gruppe, die unter Leonard Kleinrock an Entwicklungen für das ARPANET arbeitete. Nach seiner Promotion 1974 blieb er an der Universität und leitete dort seit 1977 die Abteilung für Netzwerke am Institut für Informatik. Wegen seines exzentrischen Aussehens, er trug stets Sandalen, hatte lange Haare und einen wallenden Bart, galt er dort bald als „Hauseigener Hippie-Patriarch“ (Cerf). Die Herausgabe und Verteilung der RFC`s (Request for Comments) hatte er übernommen, nachdem Steve Crocker das erste dieser Dokumente geschrieben hatte und ein Freiwilliger für deren Betreuung gesucht wurde. Außerdem war Postel maßgeblich an der Entwicklung des DNS, des Namensystems der Rechner im Internet, beteiligt. Auch deren Verwaltung hatte er freiwillig übernommen. Er war Mitbegründer des „Internet Architecture Board“ und 1992 das erste Einzelmitglied der „Internet Society“, ISOC, einer regierungsunabhängigen Organisation zum Ausbau und zur Koordinierung der Vernetzung. Postel, eine Autorität in seinem Bereich, war wegen seiner ruhigen und besonnen Art bei Untergebenen und Kollegen gleichermaßen geschätzt. Diese Autorität kam ihm zugute, als er im Januar 1998 die Betreiber der zwölf Root Server via E-Mail bat, die Adresse des A-Root Servers (des Rechners, der die Verweise auf die Datenbanken der Top Level Domains enthält) zu ändern und auf seinen Rechner zu verweisen, was tatsächlich geschah. Die Aktion fand im Zusammenhang mit der Diskussion um die Neuorganisierung des Namens-Systems statt, für die sich auch Postel einsetzte. Jon Postel, der Naturfreund und leidenschaftliche Wanderer, hatte bereits 1991 eine Herzoperation überstanden, als er 1998 nach einer erneuten Operation starb. Er war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Vinton Cerf verfaßte einen Nachruf auf Postel in Form eines RFC und rief den „Jonathan B. Postel Service Avard“ ins Leben, der 1999 posthum an Jon Postel verliehen wurde. Zur Trauerfeier in der Universität von Los Angeles brachte Jons Bruder Mort 250 Papierflugzeuge mit, die von den Trauergästen gleichzeitig mit dem Ausruf „In Gedenken an Jon Postel“ in die Luft geworfen wurden.