Dr. Ivan Goldberg

Amerikanischer Psychiater, prägte den Begriff „Internetsucht“.

Seit dem 16. März 1995 macht im World Wide Web der Begriff „Internet Addinction Disorder“ – Internetsucht – die Runde. Zahlreiche Wissenschaftler haben sich seitdem mit diesem Phänomen auseinandergesetzt, Publikationen zu diesem Thema sind erschienen. Studien belegen, daß 9 – 13 Prozent der Nutzer dem Internet zwanghaft verfallen sind und natürlich gibt es im Netz auch entsprechende Selbsthilfegruppen. Wie für jedes Suchtverhalten, werden auch für die Internetsucht bestimmte Kriterien festgelegt, an denen erkennbar ist, ob es sich beim exzessiven Surfen im Internet um einen krankhaften Zustand handelt: Muß man seine „Online Dosis“ steigern, um Glücksgefühle zu erlangen? Verschwindet beim Surfen das Zeitgefühl und man bleibt ständig länger online als geplant? Leiden die sozialen Kontakte zu Freunden und Familienmitgliedern durch die Nutzung des Netzes? Stellt sich ein Realitätsverlust ein? Dies sind nur einige Fragen, bei dessen positiver Beantwortung man sich überlegen sollte, ob es nicht angebracht sei, das Surfen im Internet ein wenig einzuschränken. Bereits 1997 wurde von einem Mann berichtet, der seinen Job verlor, da es ihm wichtiger war, ständig online zu sein als zu arbeiten und gerade bei Jugendlichen sind Verhaltensweisen erkennbar, die fatal an eine wirkliche Sucht erinnern. Dabei war die Aktion von Dr. Goldberg nur ein Scherz. Der Psychiater widmet sich seit 1995, nach einer 30-jährigen Tätigkeit an der Columbia Universität in New York, der Arbeit in seiner eigenen Praxis. Er betreibt außerdem seit 1993 eine Web-Seite, die sich mit der Volkskrankheit Depression beschäftigt. Als Parodie auf die Krankheitssymptome, die im „Diagnostic and Statistic Manual of Mental Deseases“ zu lesen sind, veröffentlichte er in einer Mailingliste eine Anzahl von Symptomen, deren Auftreten für eine neue Krankheit, die „Internetsucht“ sprechen. Er trieb seine Satire auf die Spitze, indem er gleichzeitig eine Online-Selbsthilfegruppe für Betroffene anbot, als würde man die Treffen der anonymen Alkoholiker in einer Bar arrangieren. Goldbergs Unternehmen hatte ungeahnte Folgen: Viele vermeintlich Betroffene meldeten sich, es kam zu einer Diskussion über die Problematik und bereits im selben Jahr war unter der Internetadresse „netaddiction.com“ ein privatwirtschaftliches Institut zu erreichen, das sich der Behandlung verschiedener Online-Süchte widmet. Dr. Goldberg fand die Diskussion über die von ihm „erfundene“ Sucht etwas übertrieben. Zwar bezweifelt er nicht, daß es Menschen gibt, die bei der Nutzung des Internet ein suchtähnliches Verhalten an den Tag legen. Doch deshalb eine neue Krankheit zu definieren, hielt er 1997 in einem Interview mit dem „New Yorker Magazine“ für lächerlich, „dann müßte man auch über Menschen sprechen, die süchtig nach Büchern, Jogging oder anderen Menschen sind“.

Noel Godin

elgischer Tortenwerfer.

Am 4. Februar 1998 ging die Meldung durch die Weltpresse, daß Bill Gates bei einem Auftritt in Belgien mit einer Torte beworfen wurde. Natürlich dachte alle Welt sofort an einen frustrierten Nutzer der Software aus dem Hause ßßß Microsoft, der sich so für Stunden der Verzweiflung rächen wollte. Doch weit gefehlt, der Urheber dieser Aktion war der anarchistische Spaßvogel Noel Godin, der noch nicht einmal einen Computer besaß. Der damals 52 Jahre alte Belgier hatte Bill Gates als Ziel dieses Attentates ausgewählt, da er „auf gewisse Weise Herr der Welt ist“ und seine Fähigkeiten den Regierungen zur Verfügung stellt, anstatt mit seiner Intelligenz an Visionen einer besseren Welt zu arbeiten. Ein Mitarbeiter von Microsoft, der Bill Gates für seine zunehmende Hochnäsigkeit gegenüber seinen Angestellten einen Denkzettel verpassen wollte, hatte Godin mit Informationen versorgt, die diese Aktion ermöglichten. So erstarrte Gates Lächeln zu einem eisigen Grinsen, als zwei Mitstreiter Godins ihm mit dem Schlachtruf „ Entarton, Entarton, le polluent pognon!“, was übersetzt etwa „Tortet, tortet , entweiht den Zaster“ heißt, jeweils eine Torte ins Gesicht drückten. Der Autor, Schauspieler und Filmhistoriker Noel Godin, der sich mit einer eignen Wortschöpfung als „Entarteur“, also „Tortenwerfer“ oder „Torter“ bezeichnet, hatte bereits 1969 mit derartigen Aktionen begonnen. Sein erstes Opfer war die Schriftstellerin Marguerite Duras als Repräsentantin des „Inhaltslosen Romans“. Im Laufe der Zeit gehörten prominente Politiker ebenso wie Schauspieler oder der französische Philosoph Bernhard-Henry Levy, der bereits fünf mal „getortet“ wurde, zu seinen Opfern. Die Liste der unsympathischen Persönlichkeiten, die einen solchen Anschlag befürchten müssen, ist lang: Sie reicht von Tony Blair über Billy Graham und John Travolta bis zum Papst. Godin und seine Freunde achten darauf, daß sie die Torten niemals werfen, sondern sie dem Opfer direkt ins Gesicht drücken, was eine 95-prozentige Trefferquote garantiert. Dabei sind sie darauf bedacht, ihr Opfer niemals zu verletzen, weshalb sie in Belgien bestenfalls mir einer geringen Geldstrafe rechnen müssen: Die beiden Bill Gates-Attentäter erhielten eine Geldstrafe von umgerechnet 150 Mark. Anders in den USA, wo Nachahmer Godins für das „Torten“ des Bürgermeisters von San Francisco, der wegen seiner harten Haltung gegenüber Obdachlosen bekannt war, eine sechsmonatige Gefängnisstrafe erhielten.

Gnutella

Software zum Tausch von Dateien.

Die Bezeichnung dieser Software wird wie ein bekannter Brotaufstrich „Nutella“ ausgesprochen. Das sind aber auch schon alle Gemeinsamkeiten dieser beiden Produkte. Gnutella gelangte im Jahr 2000 als Musiktauschbörse, ähnlich dem Programm Napster, in die Schlagzeilen. Es wurde im März von der Softwarefirma Nullsoft auf deren Web-Seite zum Download angeboten. Das Pikante daran war, daß der 21-jährige Firmenchef Justin Frankel die Firma 1999 an AOL verkauft hatte. AOL, ist nun mal ein Konzern, der bekanntlich auch durch den Verkauf von Musiktiteln sein Geld verdient. So wurde Gnutella bereits nach einem Tag wieder von der Web-Seite entfernt. Zu spät, denn während dieser Zeit hatten sich bereits einige Tausend Interessenten das Programm heruntergeladen. So dauerte es denn nicht lange, bis Gnutella wieder im Netz auftauchte. Zusätzlich gab ein anonymer Chatter, bei dem es sich wahrscheinlich um Justin Frankel handelte, Details des Gnutella Protokolls preis. Dadurch konnte das Programm weiterentwickelt werden. Ende 1999 kümmerte sich ein vierköpfiges Team aus Programmiern und Webdesignern im Alter zwischen 16 und 28 Jahren um die Promotion der Software. Auch gibt es inzwischen die Suchmaschine Ifrasearch, die sich des Gnutella-Konzeptes bedient. Gnutella wurde ursprünglich als Open Source Software zum Tauschen von Dateien entwickelt. Das eigentlich Interessante daran ist nicht die Möglichkeit, MP3 Dateien zu tauschen, sondern das Konzept von Gnutella: Es handelt sich um ein Netzwerk, bei dem es keinen Zentralrechner mehr gibt, von dem Dateien abgerufen werden. Jeder mit dem Netz verbundene Rechner kann auf einen beliebigen anderen dieses Netzes zugreifen. Ein Verfahren, das der Grundidee des Internet, einen möglichst dezentralen Zugriff auf Informationen zu bekommen, weit näher kommt, als es das World Wide Web heute bietet. Marc Andreessen drückte es folgendermaßen aus:“ Das meiste, was wir in den letzten sechs Jahren im Web gemacht haben, war ziemlich zentralisiert, aber das ist nicht die Art wie das Netz funktioniert. Es ist eine Ironie, daß es so lange gedauert hat.“

Beitragsbild: Darstellung des GNutella Protokolls CC BY-SA 3.0,

Michael Gleissner

Deutscher Unternehmer.

Michael Gleissner gehört zu den Menschen, die aus ihrem Hobby den Beruf gemacht haben. Bereits als Schüler nutzte der 1969 geborene Regensburger den Computer nicht nur zum Spielen, sondern er arbeitete nebenbei bei einer Agentur, die Seiten für das BTX-System der Bundespost erstellte. In der Computerabteilung des Kaufhauses Horten lernte er Christian Jagodzinski kennen, der ebenfalls mehr wollte, als nur mit dem Computer zu „daddeln“. Gemeinsam entwickelten sie für die Agentur, bei der Gleissner arbeitete, ein Programm zum Erstellen von BTX-Seiten, das von ihrem Arbeitgeber vermarktet werden sollte. Allerdings kam das Geschäft nicht so recht in Gang, da die Agentur die Software lieber selbst nutzen wollte statt sie zu verkaufen. Also beschlossen Gleissner und Jagodzinski 1986, selbst für den Verkauf zu sorgen und sich selbständig zu machen. Aufgrund ihres Alters benötigten sie dafür eine Bescheinigung vom Vormundschaftsgericht, zur Bestätigung ihrer Geschäftsfähigkeit. Die „Gleissner und Jagodzinski GbR“, aus der später die „ArtData GmbH“ hervorging, wurde mit Firmensitz in Michael Gleissners Zimmer in der elterlichen Wohnung gegründet. Die zwei vermarkteten nicht nur die von ihnen entwickelte Software, sondern erstellten weitere Anwendungen. Zum Beispiel ein BTX-Bestellsystem für den Buchgrossisten Libri oder ein Programm zur automatischen Abfrage von Börsendaten und Wertpapierkursen über BTX. Um ihr Geschäft auszuweiten, begannen sie nach Geschäftsideen im BTX zu suchen. Ein Reisebüro und ein Kartenservice waren für das System noch zu kompliziert, aber ein Buchhandel ließ sich realisieren. Diese Geschäftsidee kam auch Michael Gleissner entgegen, der zwischenzeitlich sein Abitur gemacht hatte, nun Jura studierte und sich durch ein solches Geschäft eine günstige Quelle für die teure Fachliteratur versprach. 1991 wurde gemeinsam mit Ulrike Stadler der ABC-Bücherdienst gegründet. Der Buchhandel ging 1995 ins Internet und wurde 1998 von Amazon gekauft. Michael Gleissner war von 1998 bis 1999 Vice President bei Amazon in Seattle. Danach kümmerte er sich um den Aufbau der deutschen Niederlassung der Firma Jfax von ßßß Jay Muller. Gleissner lebt inzwischen in Miami und New York. In Miami hat er ein Haus ganz in der Nähe seiner ehemaligen Geschäftspartner Ulrike Stadler und Christian Jagodzinski, die sich ebenfalls dort niedergelassen haben und denen der Erlös aus dem Verkauf des Bücherdienstes ein sorgenfreies Leben ermöglicht.

Rob Glaser

Amerikanischer Unternehmer, entwickelte den RealPlayer.

Rob Glaser von „RealNetworks“ scheint von seinem ehemaligen Arbeitgeber ßßß Microsoft einiges über zweifelhafte Geschäftspraktiken gelernt zu haben: 1998 behauptete er, daß Microsofts Media Player das Produkt seiner Firma, den Real Player, blockieren würde. Eine Anschuldigung, die wenig später der Prüfung durch ein unabhängiges Institut nicht standhielt. 1999 wurde bekannt, daß das Programm zum Abspielen und Archivieren von MP3 Dateien, die „Real Jukebox“, heimlich Daten der Nutzer an RealNetworks übermittelte, eine Eigenschaft des Programms, die angeblich dazu dienen sollte, Fehler der Software besser erkennen zu können. Glasers Führungsstil, der sich dadurch auszeichnen soll, daß seine Angestellten nie wissen, ob ihr Chef sie im nächsten Moment in der Luft zerreißen oder loben wird, führte dazu, daß das Unternehmen unter Insidern auch „Oppressive Networks“ – oppressive bedeutet tyrannisch oder grausam – genannt wird. Der ursprüngliche Name der Firma war „Progressive Networks“, er geht auf die Geschäftsidee zurück, die Glaser mit seinem ehemaligen Kommilitonen David Halperin entwickelt hatte. Die beiden wollten Technik, Medien und soziale Belange in einem Projekt vereinen und so etwas wie einen „progressiven Kabelkanal“ schaffen. Rob Glaser stammt aus einem Vorort von New York, wo er als Sohn eines Druckereibesitzers und einer Sozialarbeiterin unweit der Bronx aufwuchs. So wurde er schon in der Schulzeit mit sozialen Problemen konfrontiert, obwohl er sich als Schüler einer Privatschule in einem ganz anderen Milieu als dem seiner Freunde aus der Nachbarschaft bewegte. Er vergleicht sich deshalb auch mit Leonard Zelig, einer Figur aus einem Woody Allen-Film, die ihre Identität wie ein Chamäleon wechselt. In der Schule hatte er auch erste Kontakte mit den Medien, als er mit einigen Freunden über eine hauseigene Anlage einen kleinen Radiosender betrieb. Sein Studium absolvierte er in Yale, dort erlangte er innerhalb von vier Jahren drei Abschlüsse in Wirtschafts- und Informatik. An der Universität war er Mitglied einer Gruppe „Kampagne gegen Militarismus und Wehrdienst“, auch schrieb er für die Studentenzeitung eine Kolumne. Nebenbei gründete er mit drei Studienfreunden die Firma Ivy Research, welche die Computerspiele „Slynx“ und „Viper“ entwickelte. Nach seinem Studium im Jahre 1983 überlegte der 21-Jährige ernsthaft ob er für die Organisation „United Farm Workers“ arbeiten sollte, doch der Computerfreak in ihm gewann die Überhand und er ging zu Microsoft. Dort gehörte der Workoholic zu den Mitarbeitern, die selbst nachts in der Firma blieben. Als er Microsoft nach zehn Jahren verließ, hatte er es zum Vizepräsidenten im Bereich Multimedia und zum mehrfachen Millionär gebracht. Nach einer mehrmonatigen Reise durch Deutschland, Griechenland und Ägypten, begann Rob Glaser in diversen gemeinnützigen Organisationen, wie der Electronic Frontier Foundation, EFF, zu arbeiten, doch diese Tätigkeit füllte ihn nicht aus. Gemeinsam mit seinem ehemaligen Kommilitonen David Halperin, der später als Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten Clinton tätig war, entwickelte er die Idee des „progressiven Kabelkanals“. Zu diesem Zweck gründeten die beiden 1993 in Seattle „ProgressiveNetworks“. Das Projekt verlief im Sande, bis Glaser den Browser „Mosaic“ kennenlernte und mit ihm die Möglichkeiten des gerade entstehenden World Wide Web erkannte. So entstand die Idee Audio-Dateien in Echtzeit über das Internet zu übertragen, das sogenannte „Streaming“. Eine erste Demo, bei der die Reportage eines Baseball-Spiels durch das Netz geschickt wurde, konnte Investoren von den Möglichkeiten des Systems überzeugen. Die Geldgeber waren allerdings weniger an der Übertragung politischer Inhalte, als an der Verbreitung von herkömmlichen Radioprogrammen und Musik interessiert, weshalb Halperin bald darauf das Unternehmen verließ. Heute werden allerdings fünf Prozent des Gewinns von „RealNetworks“ an regierungsunabhängige soziale Organisationen gespendet. Die Firma entwickelte das Kompressionsformat „Real Audio“ und den „Real Player“ zum Übertragen und Abspielen von Audio-Dateien über das Internet. Der erste Player kam im April 1995 auf den Markt und ermöglichte zunächst die Übertragung in „Kurzwellenqualität“. Mit immer schnelleren Modems und Rechnern verbesserte sich auch das Datenformat von RealNetworks, das inzwischen einen Marktanteil von über 80 Prozent hat. Natürlich unterstützt die Software inzwischen auch das Mp3 Format von Karlheinz Brandenburg und mittlerweile ist es auch möglich, Video in akzeptabler Qualität im World Wide Web zu übertragen. Im Januar 1998 wurde erstmals ein Kampf der Wrestling Weltmeisterschaft exclusiv im Internet gezeigt. Natürlich möchte auch Microsoft von diesem Geschäft profitieren, die Firma sicherte sich frühzeitig eine Lizenz des Systems, kaufte Mitbewerber auf und begann ein eigenes Audio- und Videoformat für seinen Media-Player zu entwickeln. Im Frühjahr 2000 erkläre Microsoft sein Format kurzerhand zum „universalen Format“, das sich als Standard etablieren solle. So blieb Rob Glaser nicht anderes übrig, als zähneknirschend auch die Microsoft-Formate durch seine Software zu unterstützen. Glasers politische Ambitionen sind nicht völlig auf der Strecke geblieben: Der unabhängige Radiosender B-92 konnte 1996, nachdem er von Milosevic abgeschaltet worden war, dank Glasers Software seinen Betrieb über das Internet fortsetzen und auch das „FreeSpeech Internet Television“, das sich vehement gegen Neoliberalismus und die ungehemmte Globalisierung einsetzt, wird durch die Software von RealNetworks realisiert.

Peter Glaser

Schriftsteller und Journalist, Chronist des deutschen Computeruntergrundes.

Der 1957 in Graz (Österreich), „wo die hochwertigen Schriftsteller für den Export hergestellt werden“ geborene Peter Glaser verließ ein Jahr vor dem Abitur das Gymnasium. 1980 zog er nach Düsseldorf, wo er einige Zeit als Setzer und Schreiber bei einem Stadtmagazin arbeitete. Seit 1983 ist er als Journalist und freier Schrifsteller tätig, wobei er vor allem als „Chronist des deutschen Computeruntergrundes“, wie ihn das Magazin „Der Spiegel“ nennt, bekannt geworden ist. Den ersten Kontakt mit der Welt der Computer hatte er bei einem Freund in Düsseldorf, der einen „Tandy TRS-80“ sein eigen nannte. Glaser lernte zwischen Hardware „was runterfallen kann, also die Geräte“, Software „was einem auf die Nerven fallen kann, also die Programme“ und Wetware „Das sind wir, die Menschen. Computer vertragen keine Feuchtigkeit“ zu unterscheiden. Er war von den Möglickeiten dieser Technologie fasziniert. 1983 zog er nach Hamburg, wo er seine Schreibmaschine mit einem Computer vertauschte. Seitdem berührt seine Arbeit immer wieder das Thema EDV. Er war Chefredakteur der „Datenschleuder“, der Zeitung des Chaos Computer Clubs, gab zwei Anthologien von Public Domain Programmen für den Atari ST heraus und war für Konzeption und Redaktion des Magazins „Kon@d – Der Mensch in der digitalen Welt“ verantwortlich. In seinem 1995 erschienenen Buch „24 Stunden im 21. Jahrhundert“ beschreibt er die Geschichte des Internet verflochten mit eigenem Erleben am Computer. Daneben verfaßt er Kurzgeschichten und veröffentlichte 1983 gemeinsam mit Niklas Stiller „Der große Hirnriß“, die Geschichte eine Männerfreundschaft. Das Besondere an dem Buch ist, daß es wie ein frühes Multimediaprojekt konzipiert ist: Es gibt einen Ausschneidebogen mit Bildern, die in das Buch eingeklebt werden können und eine Musikkassette auf denen einzelne Kapitel vertont sind. Peter Glaser, der sogar seine Frau über eine Mailbox (ein System der Post, bei dem die Teilnehmer Nachrichten über ein Modem austauschen konnten) kennengelernt hat, bezeichnet sich nicht als Technikfreak. Ihn beschäftigt das Internet „als riesiges Potential kultureller und sozialer Möglichkeiten, nicht als technisches Gebilde.“

William Ford Gibson

Amerikanischer Schriftsteller, prägte den Begriff „Cyberspace“.

William Gibsons Kurzgeschichte „Burning Chrome“, in welcher der Begriff „Cyberspace“ das erste Mal erwähnt wird, erschien 1982. Doch erst 1984 gelang Gibson mit dem Roman „Neuromancer“, bei dem der Cyberspace, eine elektronisch erzeugte virtuelle Welt, eine herausragende Rolle spielt den Durchbruch. „Neuromancer“ bildet mit den Werken „Count Zero“ und „Mona Lisa Overdrive“ eine Trilogie, durch die der Schriftsteller zur Kultfigur der ßßß Cyberpunk-Literatur avancierte. Dieses Genre widmet sich den Außenseitern einer technologiesierten Welt, die zumeist einer totalitären Gesellschaftsordnung gegenüberstehen, gegen die sie sich auflehnen. So spielen auch Gibsons Geschichten teils in der realen Welt, teils im Cyberspace. Die Figuren kämpfen gegen ein übermächtiges System oder sind wie „Jonny Mnemonic“ über einen implantierten Chip an den Cyberspace angeschlossen. In dem 1996 erschienenen Roman mit dem japanischen Titel „Idoru“ (Idol) verliebt sich der Held in einen künstlichen Star und will ihn heiraten. Hier wurde die Fiktion von der Wirklichkeit eingeholt, denn im selben Jahr stellte eine japanische Werbeagentur das virtuelle Teenie Idol „Koyko Date“ vor, das gänzlich im Computer erzeugt wurde und später die Hitparaden eroberte. William Gibson wurde am 17. März 1948 in Coway, South Carolina, geboren. Er wuchs in einem Internat in Arizona auf, auf das ihn seine verwitwete Mutter geschickt hatte. 1967 ging er nach Toronto in Kanada, um seiner Einberufung zur Armee zu entgehen, die ihn unweigerlich nach Vietnam geführt hätte. 1971 zog Gibson mit seiner späteren Ehefrau und seinem Sohn nach Vancouver, wo die Familie noch heute lebt. Sein Studium an der dortigen Universität schloß er 1997 mit dem Bachelor of Arts ab. Im selben Jahr veröffentlichte er auch seine erste Kurzgeschichte „Fragments of a Hologram Rose“, die relativ unbekannte Zeitschrift „UnEarth“ druckte sie für 23 Dollar. Außer den bereits erwähnten Arbeiten hat Gibson weitere Werke veröffentlicht. Unter anderem ist er mit einem Roman, den er gemeinsam mit Bruce Sterling schrieb, bekannt geworden: „The Differnce Machine“ beschreibt eine düstere Welt, in der die industrielle und die digitale Revolution gleichzeitig stattgefunden haben. Der autobiografische Gedichtzyklus „Agrippa – A Book of the Dead“ erschien 1992 in einer Auflage von 500 Stück auf Diskette und erregte Aufsehen, da der Text sich nach einmaligem Lesen automatisch löschte. William Gibson wird als Autor bezeichnet, dessen Werke unmittelbaren Einfluß auf die Wissenschaft haben. Das ist um so bemerkenswerter, weil er lange Zeit weder einen Computer besaß und auch behauptete, herzlich wenig Ahnung von dieser Technologie zu haben. Lange kokettierte er mit der Tatsache, daß er keine E-Mail Adresse hatte und seine Kinder um Hilfe bitten mußte, um in das Internet zu gelangen. 1999 beschrieb er im Magazin Wired wie er eBay als „einzigen realen Platz im Internet“ entdeckte. Als „hippeste und lyrische Nutzung der Technik“ bezeichnet er den Walkman, der es ihm ermöglicht, überall auf der Welt Musik zu hören. Die Bezeichung als Science-Fiction-Autor gefällt ihm nicht. Gibson sieht sich als Schriftsteller, der auf die Stellen hinweist, an denen sich der Wandel der Gesellschaft abspielt: „Ich schreibe darüber, was wir im Moment erleben und nicht darüber, was wir mal erleben könnten.“ sagte er in einem Interview.

Beitragsbild: Von Frederic Poirot – Fred Armitage at Flickr, CC BY-SA 2.0,

Bertram Gebauer

Deutscher Verwaltungsangestellter, Initiator der Bürgernetzvereine.

Bertram Gebauer lernte das Internet und die Free Net Idee Anfang 1992 kennen, als er als Angestellter des Bayerischen Kultusministeriums die Universität Erlangen-Nürnberg besuchte, um sich ein Multimediasystem anzusehen. Am dortigen Lehrstuhl für Psychologie hatte ßßß Walter Kugemann das erste deutsche Free Net eingerichtet, das Gebauer bei dieser Gelegenheit natürlich auch begutachtete. Der am 28. 5. 1961 in Monheim/Schwaben geborene Bertram Gebauer hatte die Verwaltungsfachhochschule absolviert und sich schon während des Studiums für Computer interessiert. Nun war er beim Bayerischen Kultusministerium für die Prüfung von Anträgen auf Computerausstattungen der Universitäten zuständig. Nebenbei handelte er mit Rechnern und Netzwerken. Das Free Net hatte ihn so begeistert, daß er sich von nun an regelmäßig in das Netz einwählte, wo er die unterschiedlichsten Menschen kennenlernte. Auch seine Verwandten und Freunde waren von den Möglichkeiten des Netzes begeistert, und man hatte schließlich die Idee, ein eigenes kommunales Netzwerk einzurichten. So kam es Ende 1995 zur Gründung des ersten Bürgernetzes in Schwindegg, einer kleinen Gemeinde bei München. Die Bezeichnung „Bürgernetz“ ist eine Idee Gebauers, der Name wurde auch als Warenzeichen eingetragen. Im Rahmen der Bayerischen Initiative „Bayern Online“ wurden weitere dieser Netze eingerichtet, und Ende 1995 gründeten 16 Bürgernetze den „Bürgernetzverband e.V.“ Die Bürgernetze haben ihren Schwerpunkt, wie das Free Net, im kommunalen Bereich. Dabei soll ein möglichst konstengünstiger Netzzugang die Nachbarschaft und die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung stärken. Außerdem haben es sich die Vereine zur Aufgabe gemacht, die Aus- und Weiterbildung im Bereich Computer und Internet voranzutreiben.

Beitragsbild: Zur Verfügung gestellt von B. Gebauer

Bill Gates

Amerikanischer Unternehmer, Mitbegründer von Microsoft.

„Es gibt nur einen Menschen auf der Erde mit weniger Freunden als Bill Gates und das ist der irakische Diktator Saddam Hussein.“ Diesen und ähnliche Sprüche kann man im Internet zu Hunderten über den zur Zeit reichsten Mann der Welt lesen. Auf zahlreichen Anti-Bill-Gates und Microsoft-Seiten findet man neben mehr oder weniger originellen Witzen auch die, durch Zahlenmystik gestützte Behauptung, daß es sich bei Gates um den in der Bibel angekündigten Antichristen unter dem Siegel 666 handelt und anderes. Dieser Ärger kommt nicht von ungefähr, denn Microsoft ist die erfolgreichste Softwarefirma der Welt und so gut wie jeder Computerbenutzer hat schon einmal Bekanntschaft mit kryptischen Fehlermeldungen der Programme aus dem Hause Microsoft gemacht. William Henry (Bill)Gates III wurde am 28. Oktober 1955 als Sohn eines angesehenen Rechtsanwalts und einer Lehrerin in Seattle geboren, wo er und seine zwei Schwestern auch aufwuchsen. Der Junge galt als ungewöhnlich intelligent, er hat einen Intelligenzquotienten von 160, und verblüffte seine Eltern schon früh durch ungewöhnliches Verhalten. Zum Beispiel wird berichtet, daß er auf die Aufforderung seiner Mutter, zum Essen zu kommen mit den Worten „ Ich kann nicht, ich denke nach“ antwortete. Nach der Grundschule schickten seine Eltern „Trey“ wie er in Anspielung auf die Drei hinter seinem Namen genannt wurde, auf die Lakeside Privatschule, um sein mathematisches Talent besser zu fördern. Dort begegnete Bill Gates das erste Mal der Computertechnik, denn die Schule hatte die Möglichkeit, Rechenzeit eines DEC Großrechners zu nutzen. Im Alter von 13 Jahren schrieb er sein erstes Programm, welches zum Spielen von Tic Tac Toe diente. Gates gehörte mit Paul Allen und dem einige Jahre spätere bei einem Unfall zu Tode gekommenen Kent Evans zur „Lakeside Programmers group“, die das schuliche Computer-System häufig zum Zusammenbruch brachte. Dies führte einerseits zur zeitweisen Suspendierung Gates vom Computerunterricht, bescherte der Schule jedoch später unbegrenzte Rechenzeit die Gates und seine Freunde als Honorar für das Aufspüren von Systemfehlern bekamen. In Lakeside machte Bill Gates auch erste Erfahrungen mit der Lizenzierung von Software, als er für ein von ihm entwickeltes Programm zur Lohnbuchhaltung für jede verkaufte Kopie bezahlt wurde. Mit Paul Allen gründete er in der Schule auch seine erste Firma: Traf-O-Data verdiente mit einem Programm zur Verkehrszählung im ersten Jahr 20000 Dollar. Nach einem kurzen Gastspiel als angestellter Programmierer beendete Bill Gates 1973 die High Shool und ging nach Harvard, wo er eher lustlos Mathematik studierte. Dort lernte er auch Steve Ballmer kennen, den jetzigen Chef von Microsoft. Mit seinem Freund Paul Allen schmiedete er während dieser Zeit oft Pläne über die berufliche Zukunft, wobei Allen ihn dazu überredete, eine Firma zu gründen. Allen war es auch, der ihn auf den ersten Personalcomputer, den Altair 8800, aufmerksam machte. 1974 boten sie der Herstellerfirma an, die Programmiersprache BASIC auf den Altair zu implementieren, obwohl sie bisher nur eine Abbildung des Rechners gesehen hatten und natürlich auch kein entsprechendes Gerät besaßen. Mit Hilfe einer selbst entwickelten Simulation auf einem Großrechner gelang ihr Vorhaben und sie bekamen den Auftrag, das System weiterzuentwickeln. Gates brach sein Studium ab und 1975 wurde Microsoft gegründet, das 1980 mit dem Weiterverkauf des Betriebssystems QDOS als MS-DOS (Microsoft Disk Operating System), trotz diverser Unzulänglichkeiten, aufgrund einer cleveren Lizenzpolitik seinen Siegeszug antrat. Bill Gates, der seit Anfang 2000 nicht mehr Chef des Unternehmens Microsoft, sondern dessen „Chief Software Architect“ ist, wird zwar häufig als großer Visionär dargestellt, doch schon in Harvard zeigte er sich eher als als Worcohlic, der bei Cola und Pizza die Nächte durcharbeitete. Das amerikanische Magazin „Time“ nennt ihn den „Bing Crosby der amerikanischen Technologie“, der Teile von überallher zu einem erfolgreichen Ganzen zusammenfügt. Seine „Visionen“ bestehen eher daraus „zur richtigen Zeit am rechten Ort“ zu sein und mit einem feinen Gespür nach dem Motto „ es kann klüger sein zu folgen als zu führen“, sich abzeichnende Trends zu erkennen, wobei Mitbewerber nötigenfalls aufgekauft werden. So wurde das Internet von Bill Gates zunächst nicht richtig eingeschätzt, doch gelang es ihm, noch rechtzeitig auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Gates ist zwar der reichste Mann der Welt, doch tritt er nicht protzig auf und wirkt immer noch wie ein unbeholfener Schuljunge. Er formuliert seine Gedanken in einfachen Sätzen und soll ein guter Zuhörer sein. Bei Microsoft wird er von jedermann mit „Bill“ angesprochen. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß er mitunter recht derbe Geschäftspraktiken anwendet: Mitbewerbern, die nicht verkaufen möchten, wird schon einmal damit gedroht, sie „platt zu machen“. Bill Gates ist seit 1994 mit einer ehemaligen Mitarbeiterin seiner Firma verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Seine Kinder sollen später allerdings nur jeweils 10 Millionen Dollar seines Vermögens erben, den Rest möchte er der Gesellschaft zurückgeben. Damit hat er bereits begonnen und ist 1999 mit einer Spende von 6 Milliarden Dollar an eine nach seinem Vater benannte Stiftung, als „größte Spende einer Einzelperson“ in die Geschichte eingegangen. Daneben unterstützt er Impfprojekte in den Entwicklungsländern und stattet, sicher nicht ganz uneigennützig, Schulen und Bibliotheken in allen Staaten der USA mit Computern und Internetanschluß aus. Am Lake Washingon in Seattle hat er sich ein für amerikanische Millardärsverhältnisse mit etwa 2000 Quadratmetern Größe eher bescheidenes Haus im rustikalen Landhausstil gebaut. In die Schlagzeilen geriet das Gebäude dennoch, da es mit allerlei technischem Schnickschnack ausgestattet ist, der einen kleinen Eindruck von der „Zukunft des Wohnens“ vermitteln soll. Besucher werden mit einem elektronischen Clip ausgestattet, der dafür sorgt, daß in den Räumen, in denen sie sich gerade aufhalten, stets ihre Lieblingsmusik gespielt wird, Monitore an den Wänden zeigen ausgesuchte Bilder oder Filme. Geht man durchs Haus, wird das Licht entsprechend auf- und abgeblendet und die vom Gast gewünschte Temperatur wird automatisch eingestellt. Das Haus beherbergt außerdem ein Kino, ein Schwimmbad und eine umfangreiche Bibliothek mit mehreren zehntausend Bänden, darunter ein Notizbuch Leonardo Da Vincis, das Gates für 30,8 Millionen Dollar ersteigert hat. Für die Zeit nach Microsoft und Windows hat Bill Gates vorgesorgt: Er erkannte das Internet als zukünftig größte Quelle für Bildmaterial und ist mit der, in seinem Privatbesitz befindlichen Firma Corbis, zu der inzwischen das renommierte Bettmann-Fotoarchiv und die Fotoagentur Sygma gehören, der größte Anbieter von Bildrechten im Netz. Zukünftig wird jeder, der etwa eine digitale Version der „Mona Lisa“ braucht, Lizenzgebühren an Bill Gates zahlen müssen.

Beitragsbild: Laurendj123, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Richard Garriot

Amerikanischer Spieleentwickler.

Anfang 1998 herrschten in Britannia haarsträubende Zustände, die das amerikanische Magazin Wired mit den Worten „Faschismus in den Städten, Chaos draußen“ zusammenfaßte. Die Ökonomie des Landes stimmte nicht, es gab zu viele Waren und zu wenig Geld. So hatten es die rechtschaffenen Bürger des Gemeinwesens zusehends schwer, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Hinzu kam, daß das Land von marodierenden Banden unsicher gemacht wurde und die Städte unter dem strengen Regiment von automatischen Wächtern standen, die Gesetzesbrecher ohne viel Federlesens hinrichteten. Bereits Ende 1997 hatte es in Britannia einen Aufstand gegeben, eine Anzahl betrunkener Bürger entledigte sich ihrer Kleidung, und versuchte die Burg des Herrschers zu erstürmen. Sie forderten die schnellere Behebung von Fehlern und einen störungsfreien Zugang über das Internet. Das Rollenspiel „Ultima Online“ hatte bereits kurz nach dessen Veröffentlichung im Internet über 60.000 Mitspieler, die das oben beschriebene Chaos verursachten. „Ultima Online“ ist ein Rollenspiel im Netz, bei dem in 3D Grafik ein mittelalterliches Land nachgebildet wird. Dabei kommt es aber in der Hauptsache nicht darauf an, Feinde zu bekämpfen oder Monster zu töten. Das Anliegen des Spieleentwicklers Richard Garriot war es, eine „vollständig künstliche Welt“ zu bauen. Das scheint ihm gelungen zu sein, denn viele der Mitspieler verbringen wöchentlich über 20 Stunden in „Britannia“. Wer mitspielen möchte, muß sich zuerst die Software kaufen und kann dann, gegen eine monatliche Gebühr, vom heimischen Computer aus die künstliche Welt betreten. Der Sinn des Spiels ist es, „zu leben“. Die Spieler gehen verschiedenen Tätigkeiten nach, sie sind Handwerker, Jäger, Heiler usw. Durch Mausklick auf verschiedene Gegenstände werden Aktionen ausgelöst, ein Wassereimer wird getragen, ein Tier erlegt und gehäutet oder ein Bierkrug ausgetrunken. Durch verschiedene Taten können die Spieler ihren Figuren beispielsweise Stärke, Geschicklichkeit und Intelligenz verleihen. Besonders entwickelte Charaktere werden auch verkauft. Beim Auktionshaus eBay wurde eine solche Figur bereits für 8000 Dollar angeboten. Zwischenzeitlich haben sich drei Spielertypen herausgebildet: 1. Personen, die in Britannia Fähigkeiten entwickeln, um einen besonderen Status zu erlangen, etwa Magier. 2. Spieler, die Kontakte zu anderen suchen und 3. Figuren, die Streit anzetteln. Richard Garriots Spielfigur wachte als „Lord British“ in seiner Burg über die Szenerie. .“Lord British“ ist ein Spitzname Garriots, der dem 1960 in Cambridge Geborenen von seinen Schulkameraden wegen seines guten Englisch gegeben worden sein soll und mit dem er alle seine Spiele signierte. Der in Texas aufgewachsene Junge las schon als Kind begeistert J.R. Tolkins Fantasy-Trilogie „Der Herr der Ringe“ und spielte sogenannte Pencil und Paper Rollenspiele. Bei einem Programmierkurs in der Schule hatte er die Gelegenheit, auf einem Großrechner sein erstes Rollenspiel zu entwickeln. Der Spieler bewegte sich durch ein Labyrinth, das in der Draufsicht mitsamt allen Figuren aus Buchstaben und Sonderzeichen mit einem Matrixdrucker ausgedruckt wurde. Die Eingabe der Spielzüge erfolgte über ein Fernschreibterminal. 1979 arbeitete Garriot in einem Computerladen, wo er den Apple II kennenlernte. Auf diesem Computer programmierte er innerhalb eines Jahres das Spiel „Akalabeth“, bei dem der Spieler verschiedene Ungeheuer bekämpfen mußte. Sein Chef zeigte sich begeistert und begann Kopien des Spiels auf Cassetten zu verkaufen. Allerdings konnte er nur acht Exemplare absetzen, von denen eines zu einem Softwarehersteller in Kalifornien gelangte. Diese Firma schloß einen Vertrag mit Richard Garriot und verkaufte letztendlich über 30.000 Disketten von „Akalabeth“. Garriot hatte inzwischen begonnen, an der Universität von Texas zu studieren. Gemeinsam mit einem Freund entwickelte er in seiner Freizeit das Spiel „Ultima“, in dem sich der Spieler in einem mystischen Land bewegt und bei Kämpfen gegen gefährliche Kreaturen möglichst viele Punkte für einen Entscheidungskampf mit einem mächtigen Magier sammeln mußte. Verbesserte Versionen folgten, sie wurden von der Firma Sierra vertrieben. 1982 brach Richard Garriot sein Studium ab und gründete mit seinem Bruder Robert und seinem Vater, dem Astronauten Owen Garriot, in der elterlichen Garage in Austin die Firma „Origin Systems“, um seine Entwicklung selbst zu vermarkten. Das Spiel „Ultima“ wurde immer weiter verfeinert, computergesteuerte Personen, sogenannte „Non Player Charakter“, mit denen die Spieler interagieren konnten, kamen hinzu. Auch der Sinn des Spiels wandelte sich: Es ging nicht mehr ausschließlich um das Bekämpfen von Ungeheuern, sondern die Spieler konnten zum Beispiel Tugenden sammeln. 1997 ging das Spiel ins World Wide Web. Neben dem oben beschriebenen Geschehen kam es auch zu einem „Zwischenfall“, bei dem ein Mitspieler „Lord British“ tötete. Ein Spielzug, der eigentlich nicht vorgesehen war. Der 23-jährige Spieler wurde daraufhin von dem Spiel ausgeschlossen. Im März 2000 hat Richard Garriot seine Firma, die zuvor an ein anderes Unternehmen verkauft worden war, im Streit verlassen. Er lebt in einem Anwesen, das der Burg des Herrschers aus seinem Spiel nachempfunden ist. Die Gebäude des Komplexes sind durch unterirdische Gänge miteinander verbunden, die zum Teil mit Wasser gefüllt sind. Das Bett von Richard Garriot befindet sich unter einer Kuppel, die geöffnet werden kann und das Nächtigen unter freiem Himmel erlaubt. Gäste schlafen in Betten, die an drehbaren Wänden befestigt sind, so daß seine Besucher in einem anderen Raum erwachen als sie eingeschlafen sind.

Beitragsbild: Von Rob Fahey -, CC BY-SA 2.0,