Johan (Julf) Helsingius

Finnischer Informatiker, entwickelte den ersten anonymen Remailer.

Am 25. August 1996 erschien im Londoner „Obserever“ ein groß aufgemachter Bericht unter dem Titel: „Die Hausierer des Kindesmißbrauchs, wir kennen sie, doch niemand hält sie auf.“ Ein großes Foto zeigte den finnischen Computerspezialisten Johan Helsingius, der als „Zwischenhändler von 90 % der Kinderpornographie im Internet“ bezeichnet wurde. Was hatte Helsingius getan, daß man ihn so an den Pranger stellte? Er betrieb in seiner Freizeit den Server „anon@penet.fi“, welcher als erster anonymer Remailer des Internet gilt, der den Versand von Nachrichten an nahezu alle Newsgroups des Usenet ermöglichte. Die Nutzer seines Service konnten bei ihm ein Postfach einrichten, über das Nachrichten versendet und empfangen wurden. Das Besondere daran war, daß die Kennung der Absender der Nachrichten entfernt und ihnen eine Identität verliehen wurde, die es unmöglich machte, daraus Rückschlüsse über die wahren Urheber zu ziehen. Streng genommen war „anon@penet.fi“ nur teilweise anonym, denn das System kannte die wahren Adressen der Nutzer. Julf Helsingius war 1992 durch eine Diskussion in einer finnischen Newsgroup auf die Idee zu dem Remailer gekommen. Mitglieder der Gruppe waren der Ansicht, alle Diskussionsteilnehmer müßten sich mit ihrem wahren Namen identifizieren, um so persönlich für ihre Beiträge verantwortlich gemacht werden zu können. Helsingius war anderer Meinung, denn im Internet würde es immer die Möglichkeit geben, ein solches System zu unterlaufen. Um seine Behauptung zu beweisen, entwickelte er innerhalb einiger Tage den Remailer. Es meldeten sich viele Interessenten, die so einen Dienst gern nutzen wollten und Julf Helsingius beschloß, das System in seiner Freizeit zu betreuen. Als Mitglied der schwedisch sprechenden Minderheit Finnlands hatte er Verständnis für den Wunsch, seine Meinung unter Umständen anonym äußern zu wollen. Auch die Kenntnis über die Verhältnisse im Nachbarland Finnlands, der früheren Sowjetunion, hatten ihn für dieses Thema sensibilisiert. Dort mußten einst Schreibmaschinen registriert werden, und Fotokopierer waren verboten. Johan Helsigius wurde 1961 geboren und wuchs in Helsinki auf. Früh begeisterte er sich für die Computertechnik und begann ein Informatikstudium, was er allerdings nicht beendete, da er schon frühzeitig in diesem Bereich zu arbeiten begann. Er gehörte zu den Gründern der finnischen Unix User Group und zu den Aktivisten des EUnet, dessen ersten Knoten er in Finnland betreute. Inzwischen hat er eine Position bei KPNQwest, einem Unternehmen, das Teile des EUnet übernommen hat. Sein Remailer war bereits 1995 in die Schlagzeilen geraten. Damals hatte ein Nutzer ausgewählte Teile von Dokumenten der berüchtigten Scientologie-Kirche veröffentlicht, um über deren Machenschaften aufzuklären. Die Organisation wollte ihn wegen Verletzung des Urheberrechts verklagen und erzwang, mit Hilfe der Polizei, die Preisgabe seiner wahren Identität. Kurz nach dem oben erwähnten Bericht des „Observer“ schloß Johan Helsingius genervt seinen Remailer. Ein weiterer Vorfall hatte das Faß zum Überlaufen gebracht: Ein Nutzer hatte unter dem Namen des ehemaligen Ministerpräsidenten von Singapur erfundene Nachrichten veröffentlicht, welche die Regierung des kleinen Staates beleidigten. Ein erneuter Skandal war abzusehen.

Thomas Heilmann

Deutscher Unternehmer

Thomas Heilmann hat die wirtschaftlichen Möglichkeiten erkannt, die das Internet bietet, er gründete im Juni 1999 mit drei Partnern den ersten deutschen Inkubator „Econa“. Ein Inkubator, Brutkasten, gibt jungen Unternehmern der „New Economy“ Starthilfe in Form von Kapital, steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite und erhält dafür eine Beteiligung an den jungen Firmen. Dabei achten die Inkubatoren sorgfältig darauf, daß nicht nur die Geschäftsidee brauchbar ist, sondern auch, ob die Bewerber als Unternehmerpersönlichkeiten taugen. Ein Geschäft, das in den USA bereits seit mehreren Jahren gang und gäbe ist. So hat Econa schon erfolgreichen Unternehmen, wie dem Energiebroker Ampere.de oder dem Internetauktionshaus Versteigern.de, auf die Beine geholfen. Der am 16. Juli 1964 in Dortmund geborene Thomas Heilmann wuchs in einer großen Familie auf (er war das fünfte von sechs Kindern) und studierte als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes Jura in Bonn und München. Während des Studiums arbeitete er als freier Journalist unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Erste Erfahrungen in der Wirtschaft sammelte er bei der Unternehmensberatung ßßß Mc Kinsey und in der Marketingabteilung der Lufthansa in New York. Nach dem Fall der innerdeutschen Mauer war er einer der ersten, die sich dem „Aufbau Ost“ widmeten. Nach dem zweiten Staatsexamen gründete er 1990 mit zwei Partnern in Dresden die Werbeagentur Delphi, die durch glückliche Umstände bereits einige Monate später mit der renommierten Agentur „Scholz&Friends“ fusionieren konnte. Neben seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der Agentur in Berlin hat Heilmann außerdem eine Professur an der Hochschule der Künste Berlin, wo er Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation lehrt. Die CDU kürte ihn im Sommer 2000 zu ihrem Internetsprecher, nun versucht er, die CDU für die Internetwirtschaft fit zu machen. So fordert er einen preisgünstigen Netzzugang, um die Verbreitung des Internet in Deutschland zu fördern. Ein Teilerfolg gelang ihm bereits, als er sogar die CSU von der „Green Card Initiative“ zur Anwerbung ausländischer Computerspezialisten überzeugen konnte. Die Bayerische Regierung rief im Sommer 2000 die „Blue-Card“ für ausländische Spezialisten ins Leben.

Bill Heelan

Amerikanischer Programmierer, Mitentwickler von Archie

Bill Heelan wurde 1964 in Montreal geboren. Bereits auf dem College machte er Bekanntschaft mit der Datenverarbeitung, als er die Programmiersprachen Basic und Fortran lernte. Die Arbeit mit Computern machte ihm Spaß, da er durch diese Geräte die Möglichkeit bekam, einige mathematische Gesichtspunkte konkret darzustellen und die Mathematik so interessanter zu machen. Nach der Schule studierte er an der Concordia Universiät in Montreal Mathematik und Informatik. Er verließ die Universität nach Erreichen des niedrigsten akademischen Grades als graduierter Student, die Möglichkeit selbst Geld zu verdienen, schien ihm verlockender, als seine akademische Laufbahn fortzusetzen. 1990 arbeitete er als technischer Angestellter und Programmierer an der McGill Universität in Montreal. Dort entwickelte er gemeinsam mit den graduierten Studenten Peter Deutsch und Alan Emtage das Suchsystem für Dateien im Internet, Archie. Alan Emtage hatte ein kleines Programm zum Durchsuchen des Internet nach Public Domain Software geschrieben und eine Datenbank mit den Suchergebnissen eingerichtet. Der Systemadministrator Deutsch entschied, daß die Datenbank auch anderen Interessenten zugänglich gemacht werden sollte, und Bell Heelan entwickelte die entsprechende Software. Als Deutsch und Emtage 1992 die Firma Bunyip gründeten, gehörte auch Bill Heelan zu ihren Angestellten. Er arbeitete dort an einer Version von Archie, die es erlaubte, auch Web-Seiten zu indizieren. Zum Leidwesen von Bill Heelan, der gern erfahren hätte, wie das Projekt im Vergleich mit anderen Suchmaschinen abgeschnitten hätte, wurde die Entwicklung von Archie bei Bunyip eingestellt. Heelan verließ die Firma nach vier Jahren und arbeitete seitdem bei verschiedenen Unternehemen als Programmierer. Zur Zeit entwickelt er bei Zero Knowledge Verschlüsselungssoftware zum Einsatz im Internet. Zum Ausgleich für seinen Schreibtischjob fährt er Fahrrad und betreibt Karate. Außerdem ist er als Hobbyfotograf fasziniert von der Verbindung von Technik und Kunst in der Fotografie.

Frank Heart

Amerikanischer Ingenieur, arbeitete am ARPANET mit.
(1921 – 2018)

Schon als Schüler war es der sehnlichste Wunsch des 1930 in Yonkers, New York, geborenen Frank Heart, eine Ausbildung am MIT machen zu können. Sein Wunsch ging in Erfüllung, und der Sohn eines Ingenieurs erhielt die Zulassung zu dieser Elite-Universität. Sein Stipendium war nicht besonders hoch bemessen und um die finanziellen Verhältnisse seines Elternhauses war es ebenfalls nicht zum besten bestellt. Daher begann er sein Studium zum Elektroingenieur als Werkstudent. Als 1951 der erste Programmierkurs am MIT angeboten wurde, gehörte auch Frank Heart zu den Teilnehmern. Er war von der Computertechnik derartig fasziniert, daß er sein Werkstudium abbrach. Er machte frühzeitig seinen Abschluß als Bachelor und begann während seines Graudiertenstudiums am Lincoln Laboratory des MIT als Programmierer zu arbeiten. Auch nach seinem Abschluß blieb er am Lincoln Lab, wo er unter anderem am „Whirlwind-Projekt“ (ein System zur Steuerung der Luftraumüberwachung) mitarbeitete. Weiterhin beschäftigte er sich dort mit Echtzeit-Computersystemen, bei denen Meßgeräte über eine Telefonleitung mit dem Computer verbunden wurden. Heart, der sich auch an der Betreuung seiner drei Kinder beteiligte, was damals eher ungewöhnlich war, war überzeugt, die Computertechnik zum Wohl der Menschheit einsetzen zu können, was ihn 1966 dazu veranlaßte, zu BBN zu wechseln. Dort arbeitete man, im Gegensatz zum Lincoln Lab, auch an zivilen Projekten. Zunächst beschäftigte er sich bei seinem neuen Arbeitgeber mit einem Projekt zur Umstellung der Verwaltung von Krankenakten auf die elektronische Datenverarbeitung. Bei BBN soll er durch seine bei Begeisterung immer lauter werdende Stimme, aber auch durch seine Loyalität gegenüber seinen Mitarbeitern aufgefallen sein. Als BBN 1969 den Zuschlag für die Entwicklung des IMP („Interface Message Processor“, werden die Computer genannt, die das Netzwerk steuern sollten) des ARPANET bekam, leitete Frank Heart die Entwicklergruppe, was ihm seinen Platz in der Geschichte des Internet sicherte. Er blieb bis 1995 bei BBN, wo er sich mit biomedizinischen Fragestellungen, Netzwerktechnologie und Computertechnik für das Versorgungswesen beschäftigte. Schließlich war er Aufsichtsratsvorsitzender der technischen Abteilung des Unternehmens. Jetzt genießt er seinen Ruhestand und erfreut sich am Internet als wunderbarem Spielzeug.

Christopher R. Hassett

Amerikanischer Ingenieur und Unternehmer.

Auf der Computermesse INTEROP im Jahre 1997 war der Andrang auf den Stand der Firma „PointCast“ so gewaltig, daß die Veranstalter ihn schließen mußten, da sie ein Chaos befürchteten. Der britische Medientycoon Rupert Murdoch bot 450 Millionen Dollar für das Unternehmen, und auch ßßß Microsoft war zu einer Kooperation bereit. Doch schon wenig später wurde Chris Hassett als Geschäftsführer abgelöst, und die Firma suchte händeringend nach Kapitalgebern für den einstigen Vorreiter der „Push-Technologie“. Diese Technik, auch „Webcasting“ genannt, bietet den Nutzern des World Wide Web die Möglichkeit, automatisch Informationen aus dem Netz zu empfangen. Im Gegensatz dazu steht das Surfen im Internet, das auch als „Pull“ bezeichnet wird und bei dem die Nutzer die gewünschten Inhalte durch Aufrufen der entsprechenden Seiten selbst zusammenstellen müssen. Chris Hassett, Jahrgang 1962, hatte an der University of Lowell 1984 einen Abschluß als Elektroingenieur gemacht und 1986 die Firma „Blue Point“ gegründet, die sich mit der Entwicklung von Mikrochips beschäftigte. „Blue Point“ wurde 1990 von „Adobe Systems“ gekauft und Hassett blieb bis zum Jahr 1992 bei dem Unternehmen. Gemeinsam mit seiner Frau und seinem Bruder Gregory gründete er dann eine Firma, um an der sich abzeichnenden Entwicklung des Internet teilzuhaben Sie starteten unter dem Namen „Journalist“, zunächst vom Wohnzimmer seines Hauses aus, einen personalisierten Zeitungsdienst für die Abonnenten der Provider CompuServe und ßßß Prodigy. Dieser Versuch war allerdings wenig erfolgreich, doch 1995 gelang ihnen mit „PointCast“ der Durchbruch in diesem Bereich. Ende 1996 wurde der Service, der sich durch Werbung finanzierte, von über 1,5 Millionen Nutzern bezogen. Das Unternehmen war zunächst erfolgreich, man hielt „Point Cast“ sogar für eine kommende „Killer Applikation“ (Software mit marktbeherrschender Stellung). Rupert Murdoch bot 1997 besagte 450 Millionen Dollar für das Unternehmen, doch Hassett lehnte ab. Auch ein Geschäft mit diversen Telefongesellschaften und Microsoft, das den Dienst in seinen Explorer integrieren wollte, kam nicht zustande. Mittlerweile hatten sich auch andere Unternehmen, wie zum Beispiel ßßß Marimba, in der Push-Technologie engagiert und machten „PointCast“ zu schaffen. Weiterhin bereiteten technische Schwierigkeiten, viele Abonnenten klagten über einen zu langsamen Zugang, und der Dienst sorgte häufig für verstopfte firmeneigene Netzwerke, immer größere Probleme. Schließlich wurde „Point Cast“ 1999 von „Idealab“ übernommen, das den Service ein Jahr später sang-und klanglos einstellte. Chris Hackett war bereits 1998 bei „PointCast“ abgelöst worden. Er gründete ein Unternehmen mit dem Namen „PricePoint“, das Preisausschreiben und ähnliche Unterhaltungen im Internet anbietet und im Jahr 1999 vom Unterhaltungsportal „Uproar“ übernommen wurde.

Michael S. Hart

Amerikanischer Internetveteran, erster „Content Provider“.
(1947 – 2011)

Es gibt Verleger und Literaturprofessoren, die nicht gut auf Michael Hart zu sprechen sind. Man wirft ihm vor, mit seinem Projekt Gutenberg „Perlen vor die Säue zu werfen“ oder klassische Texte durch Tippfehler zu verhunzen. Das Projekt Gutenberg stellt seit 1971 Texte im Internet zur Verfügung und ist damit der erste echte „Content Provider“. Dabei ist es Michael Harts Ziel, bis zum Ende des Jahres 2001 eine Bibliothek von 10.000 Werken der Weltliteratur ins Internet zu stellen. Im Januar des Jahres 2001 hatte er allerdings erst 3200 Bücher digitalisiert. Darunter das komplette Werk William Shakespeares, die Bibel oder das „CIA Worlds Fact Book“. Unterstützt wird Hart von inzwischen 1000 Freiwilligen, die überall auf der Welt Texte eingeben, sei es mit Hilfe moderner Scanner oder von Hand, wie 50 russische Akademiker, die innerhalb eines halben Jahres ein 45 Millionen Zeichen umfassendes Wörterbuch digitalisierten. (Ein Gönner zahlte ihnen dafür 5000 Dollar.) Dabei werden die Texte nach Gusto ausgewählt und fertiggestellt. Sie liegen im einfachen ASCII-Format vor, um sicherzustellen, daß sie möglichst überall auf der Welt angezeigt werden können. Die Idee zu dem Projekt kam ihm 1971, als er sich häufig im „Materials Research Laboratory“ der Universität Illinois herumtrieb, an dem sein bester Freund und der beste Freund seines Bruders an einem Großrechner arbeiteten. Michael Hart meinte, nicht das Zeug zu einem guten Programmierer zu haben, aber er wollte im gerade entstehenden Internet etwas auf die Beine stellen, das auch noch nach 100 Jahren bestehen würde. Der außergewöhnlich begabte Michael Hart wurde am 28. März 1947 in Tacoma, Washingtion State, als Sohn eines Professoren-Ehepaars geboren. Seine Mutter war Mathematikern und sein Vater Literaturprofessor. Von seinen Eltern lernte er schon als Kind eine Menge über Mathematik, Literatur, Kunst und auch Elektronik, eine Mischung, die es ihm erlaubte, später „Computer und Literatur zu kombinieren“, wie er sagt. Sein Studium an der Universität von Illinois absolvierte er innerhalb von zwei Jahren mit Auszeichnung, wobei er durch die Bereitschaft, auch auf ungewöhnlichen Wegen zum Ziel zu gelangen und seine schnelle Auffassungsgabe auffiel. Die Bedienung des Großrechners soll er allein durch Zuschauen erlernt haben. Das Projekt Gutenberg, benannt nach dem Erfinder der Buchdruckerkunst, die erstmals die weite Verbreitung des geschriebenen Wortes ermöglichte, begann Hart 1971 in dem besagten Labor der Universität.In mühsamer Kleinarbeit fing er an die Unabhängigkeitserklärung der USA einzutippen, zunächst neben seinem Studium, später nach Feierabend wenn er von seiner Arbeit als Schallplattenverkäufer nach Hause zurückgekehrt war. 1988 hatte er auf diese Weise gerade zehn Bücher fertiggestellt, als er in dem Universitäsmitarbeiter Mark Zinzow einen Förderer fand, der ihm über die Universität den Zugang zum Internet und einen FTP-Server verschaffte. Auch wurde die kleine orthodoxe römisch –katholische „Benedictine University“ auf ihn aufmerksam. Die Universität ernannte ihn zum „Professor of Electronic Text“ und zahlte ihm ein kleines Gehalt. So konnte sein Projekt unaufhaltsam wachsen: Ende 1996 waren 750 Bücher digitalisiert, und 1997 wurde die 1000 Grenze überschritten. Allerdings macht ihm das amerikanische Urheberrecht zu schaffen, das die Schutzfrist vor kurzem auf 50 Jahre nach dem Tod dem Autors heraufgesetzt hat, weshalb seine digitale Bibliothek nur ältere Literatur beinhaltet. Auch ist er auf Spenden angewiesen, denn er lehnt es kategorisch ab, sein Projekt durch Werbung zu finanzieren. In der Presse wird Michael Hart als exzentrische Persönlichkeit beschrieben, besonders seine Eßgewohnheiten haben es den Journalisten angetan. Wired schreibt 1997, er habe sich bei einem Interview eine Pizza dick mit Zucker bestreut „Das sind 2000 Kalorien, die halten mich eine Weile auf den Beinen“, wurde er zitiert. Eine andere Zeitschrift berichtete, er hätte diesen Pizza-Zuckerguß mit Knoblauchbutter vervollständigt und zwei Tuben Mayonnaise für sein Sandwich verbraucht. Hart lebt und arbeitet in einem Haus in Urbana, Illinois, das er sich von einer Erbschaft gekauft hat. Es soll mit Büchern, CD-ROMs, Disketten und anderen Gegenständen angefüllt sein, die er auf Garagenflohmärkten ersteht oder auf dem Sperrmüll findet. Spötter bezweifeln den Sinn seines Projektes, da es viel zu unpraktisch sei, ein Buch auf dem Monitor zu lesen oder selbst auszudrucken. Michael Hart verweist darauf, daß eine Zeit kommen wird, in der jedermann ein elektronisches Buch besitzen wird, das er dann mit Literatur aus dem Projekt Gutenberg füllen kann.

Beitagsbild: By „Marcello“ – CC BY-SA 3.0,

Robin Hanson

Amerikanischer Wissenschaftler.

„Ein System des kollektiven Denkens und der Informationsverarbeitung, das sich in Echtzeit selbst organisiert.“ So begründeten die Preisrichter des renommierten europäischen Medienkunstfestivals „Ars Elektronika“ 1995 die Vergabe der Golden Nica an die Web-Seite „Idea Futures“. Diese Web-Seite geht auf eine Idee des amerikanischen Wissenschaftlers Robin Hanson zurück. Der 1959 geborene Hanson machte sich als graduierter Student der Physik und Wissenschaftsphilosophie im Jahr 1984 Gedanken über Möglichkeiten, wie in der Gesellschaft unterschiedliche Ideen entfaltet werden können. Er brach seine Studien an der Universität ab und schloß sich einer Gruppe Gleichgesinnter an, die ähnliche Probleme diskutierte. Dort beschäftigte er sich mit einem Hypertextsystem, welches es zum Beispiel erlauben sollte, alle Stellungnahmen zu einem veröffentlichten Schriftstück aufzufinden. 1988 fand das Projekt Unterstützung von ßßß Ted Nelsons Xanadu. Doch Hanson zweifelte inzwischen am Sinn dieser Entwicklung und wendete sich einer neuen Idee zu. Dabei ging es darum, einen Weg zu finden, zuverlässige Voraussagen zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik zu machen. Es wurde das Konzept eines Wettbüros entwickelt, bei dem über die Zukunft von Wissenschaft und Technik gewettet werden sollte. Wenn Geld im Spiel sei, würden die Teilnehmer an so einer Veranstaltung vorurteilsfrei urteilen, so Hansons Annahme. Die erwirtschafteten Gewinne sollten der Forschung zur Verfügung gestellt werden. Er beschäftigte sich intensiv mit dieser Idee, die er „Idea Futures“ nannte. Er entwarf ein Brettspiel, das die Idee umsetzen sollte, und begann an einem E-Mail-basierten System zu arbeiten. Doch fehlten ihm die finanziellen Mittel für eine professionelle Realisierung, und er fand auch keine Möglichkeit, die Gesetzte zur Veranstaltung von Glücksspielen zu umgehen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er während dieser Zeit in der Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz, zunächst bei dem Unternehmen Lockheed und dann bei der NASA. 1993 gab er die Arbeit an Idea Futures auf und begann ein Studium der Sozialwissenschaften. 1994 erfuhr eine Studentengruppe der Universität Calgary, die sich unter dem Namen „Bio Simulation“ mit wissenschaftlichen Themen beschäftigte, von Idea Futures. Die Gruppe beschloß, die Idee im World Wide Web umzusetzen und nahm Kontakt mit Robin Hanson auf. So wurde das Konzept schließlich mit virtuellem Spielgeld im Internet realisiert und fand bei der Veröffentlichung Ende 1994 reges Interesse. Inzwischen ist die Veranstaltung im Internet unter der Bezeichung „Foresight Exchange“ zu erreichen. Die Wetten reichen von der Annahme, daß der Inernetbuchhandel Amazon bis zum Jahr 2002 sein Geschäft aufgegeben haben wird, über die Voraussage eines dritten Weltkrieges vor 2050 bis zur Prophezeiung, daß das Universum eines Tages in sich zusammenfällt. Die Mitspieler bestimmen durch ihren Wetteinsatz, für wie wahrscheinlich sie das Eintreffen des Ereignisses halten. Die Ergebnisse werden anhand von Kurven dargestellt, so wird zum Beispiel deutlich, daß Anfang 1999 unglaubliche 70 Prozent der Teilnehmer einen menschlichen Klon vor dem Jahr 2005 für möglich hielten, während es Anfang 2001 nur noch knapp 20 Prozent waren. Die Voraussage, daß ßßß Microsoft von der Firma Sun aufgekauft werden wird, trifft dagegen auf keinerlei Zustimmung. Robin Hanson arbeitet seit 1999 an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Fairfax. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Martin Hall

Englischer Informatiker, regte die Entwicklung des Windows Socket an.

Nach seinem Studium der Sozialwissenschaften arbeitete der am 3. Dezember 1960 im englischen Welwyn Garden City geborene Martin Hall zunächst ein Jahr auf einem Kibbuz in Israel. Wieder nach England zurückgekehrt, mußte er zu seinem Leidwesen feststellen, daß die Thatcher-Regierung nicht willens war, auch nur einen einzigen Sozialwissenschaftler einzustellen. Sein Vater, mit dessen Computer er auch die ersten Erfahrungen in der EDV gemacht hatte, machte ihn auf eine Kleinanzeige in der Zeitung aufmerksam, in der für ein Aufbaustudium zum Informatiker geworben wurde. Martin Hall nutzte die Chance und absolvierte diese Ausbildung. Danach war er bei einem englischen Unternehmen als Software-Entwickler für UNIX und frühe Windows-Systeme beschäftigt. Unter anderem arbeiteten er und seine Kollegen unter einem Windows 2-System an der Entwicklung einer Programmschnittstelle für ein lokales Netzwerk. Dabei machte es ihm zu schaffen, daß es beim Betriebssystem Windows, anders als bei UNIX, keine einheitliche Schnittstelle gab, die das Internetprotokoll TCP/IP unterstützte. Die Programmierer mußten jedesmal aufs neue die Möglichkeit schaffen, dieses Protokoll zu nutzen. Hall entwickelte zunächst auf Grundlage des Berkeley UNIX eine Programmschnittstelle (ein Socket), die mit den unterschiedlichen TCP/IP-Programmpaketen unter Windows umgehen konnte. Wenig später warb er auf einer Geschäftsreise in den USA bei diversen Herstellern für die Entwicklung einer entsprechend standardisierten Schnittstelle für Windows. Schließlich rief er auf der Computermesse „Interop“ im Jahr 1991 die „WinSock Group“ ins Leben, eine Entwicklergruppe, die wenig später das „Winsock API“ veröffentlichte, eine Programm-Schnittstelle, die auch Windows internetfähig machte. Martin Hall legt Wert auf die Feststellung, daß diese Entwicklung weder von der Firma „Netmanage“ noch von ßßß Microsoft gemacht wurde. Die Entwickler waren, neben Hall, Geoff Arnold vom Computerhersteller „ SUN“, David Treadwell und Henry Sanders von Microsoft, sowie Mark Towfiq, der damals bei „FTP Software“ beschäftigt war. Martin Hall lebt seit 1991 in den USA, er gründete die Firmen „Stardust“ und „Aventail“, die sich mit der Entwicklung von Internet-Technologie beschäftigen. Momentan arbeitet er an Systemen für das drahtlose Internet. Hall, der ein begeisterter Wassersportler ist, lebt in Los Gatos, Kalifornien. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Halfway

Der kleine Ort wurde zur ersten Dot-com-Stadt der Welt.

Halfway ist ein kleines Nest im US-Bundesstaat Oregon. Das Dorf liegt in der Mitte eines Tals, in dem 1860 die ersten Siedler auftauchten. Der Name Halfway entstand um 1880, als auf halbem Wege zwischen zwei Poststellen, die am nördlichen und südlichen Rand des Tals gelegen waren, eine dritte eingerichtet wurde. Zwar prägten Bauern und Viehzüchter das Bild der kleinen Stadt, doch zur Zeit des Goldrausches erlebte Halfway seine Blütezeit, als die Goldminen nördlich des Tals Arbeitskräfte suchten und Halfway außerdem zum Rastplatz der durch das Tal strömenden Menschen wurde. Die Zeit des Goldrausches ist längst vorbei, die letzte Mine schloß 1940 und das letzte Sägewerk wurde 1960 aufgegeben. So stimmte der Gemeinderat des mittlerweile knapp 360 Einwohner zählenden Ortes freudig zu, als sie im Dezember 1999 das Angebot der Firma Half.com erhielten, ihren Ort zur ersten Dot-com-Gemeinde der Welt zu wenn sie ihn in „Half,com“ umbenennen würden. Man versprach sich dadurch ein Aufblühen des Ortes durch Touristen und von der Firma geschaffene Arbeitsplätze. Auch sollte die Grundschule mit 20 Computern ausgestattet werden, die örtlichen Händler kostenlose Links von der Half.com Firmen-Web-Seite erhalten und der Ort mit Aktienoptionen und 75 000 Dollar unterstützt werden. Die Firma Half.com wurde im Juli 1999 vom damals 28-jährigen Unternehmer Joshua Kopelman gegründet. Kopelman, der Inhaber dreier Patente aus der Internet-technologie ist, hatte sich bereits als Gründer einen Namen gemacht, als er 1992 noch während seiner Studienzeit „Infonautics“ gründete, eine Online-Datenbank, die von sich reden machte als sie 1995 über den Online-Dienst ßßß Prodigy unter dem Namen „Homework Helper“ für Schüler und Studenten Informationen bereit stellte. Heute erhält man über Infonautics Zugriff auf über 150 Volltext Tageszeitungen, 800 Magazine und viele andere Quellen. Half.com ist ein „Garagenflohmarkt im Internet“, auf dem die verschiedensten Gebrauchtwaren zur Hälfte des Neupreises angeboten werden. Im Juli 1999 kaufte ßßß eBay die Firma für ein Aktienpaket im Wert von 350 Millionen Dollar. Im Dezember 1999 suchte Kopelman allerdings noch nach einem Marketing- Gag für Half.com und kam auf die Idee, eine Ortschaft nach seiner Firma zu benennen, wovon er sich einen großen Medienrummel versprach. Er wählte Halfway, da der Ort durch seinen offiziellen Namen und seine Lage unweit des 45. Breitengrades, der die Mitte zwischen Äquator und Nordpol markiert, am besten zum Unternehmen zu passen schien. Als im Januar 2000 die Aktion stattfand, war Half.com mit einem Schlag weltweit bekannt. Allerdings war dies nicht die erste Aktion dieser Art. Bereits 1950 änderte der Ort Hot Springs in New Mexico seinen Namen nach dem Titel einer Radiosendung in „Truth or consequences“ und 1993 wurde der Flecken Ismay in Montana in „Joe Montana“ nach dem Namen eines Sportlers benannt. Außerdem erscheinen diese Namen auf keiner offiziellen Landkarte, sie können nur zu Marketingzwecken der Orte verwendet werden. Die Hoffnungen der Bewohner von Halfway haben sich nicht erfüllt. Zwar erhielt die Schule die versprochenen Computer und die Gemeindekasse eine Finanzspritze. Es wurden jedoch nur eine Handvoll Arbeitsplätze geschaffen und der erhoffte Touristenstrom blieb völlig aus. Der Sheriff des Ortes, der inzwischen nebenberuflich als Webmaster für Half.com arbeitet, ist trotzdem zufrieden, meint aber: „Man braucht nicht anzunehmen, daß man vom Web gerettet wird.“

Beitragsbils: Screenshot des Ortes bei Google Maps

Teus Hagen

Holländischer Computerfachmann, Initiator des EUnet.

Ein Magnetband, das Teus Hagen von einer Usenix Konferenz (dem Treffen der an der Spitze der Entwicklung stehenden Computerfachleute) aus San Franzisko mitbrachte, führte zur Geburt des europäischen Usenet. Später erhielt er regelmäßig neue Bänder per Post aus den USA. So konnten auch die Teilnehmer des europäischen Netzwerkes an den Newsgruppen des amerikanischen Usenet partizipieren. Der am 6. Oktober 1945 im holländischen Wijnjeterp geborene Teus Hagen hatte als Mathematikstudent den ersten Kontakt mit der Computertechnik. Er war es leid nur „Mond und Sterne zu studieren“ und kam so zur Arbeit mit einem Philips ELx8 Computer. Nach seinem Studienabschluß 1975 begann er am „Centrum voor Wiskunde en Informatica“, dem späteren CWI, zu arbeiten. Gleichzeitig gründete er gemeinsam mit einem Partner eine Beratungsfirma, die sich auf die Portierung des Betriebssystems Unix spezialisierte. Am CWI installierte er auch, gemeinsam mit Piet Beertema,die erste Transatlantikverbindung zwischen einem Rechner in Europa und in den USA. Von 1986 bis 1998 war er in der Forschungsabteilung des Drucker-und Kopiererherstellers Oce tätig. Außerdem ist er seit 1994 Vorsitzender und Direktor des NLnet, einer Non-Profit-Organisation, die weltweit Forschungsprojekte in der Internet-Technologie finanziert. Während seiner Arbeit am CWI war er unzufrieden mit dem Betriebssystem des dort verwendeten Rechners, er schrieb an Ken Thompson in den USA, den Mitentwickler des Betriebssystems UNIX. Mit der Antwort bekam er eine kostenlose Kopie des Betriebssystems, übrigens die zweite in Europa. Seither engagiert er sich in der UNIX-Gemeinde. Er gehört zu den Gründern der europäischen UNIX User Group, EUUG, und dessen holländischen Pendants, NLUUG. Im April 1982 rief er das „Europeen Unix Network“, EUnet, ins Leben, das verschiedenen europäischen Universitäten erlaubte, E-Mails auszutauschen und Newsgroups einzurichten. Teus Hagen betont, daß andere den Löwenteil der Arbeit bei der Vernetzung Europas geleistet haben und er dabei eine Menge über die kulturellen Unterschiede innerhalb des Kontinents gelernt hat. Er lebt mit seiner Frau und einer Tochter in Holland.