Finnischer Informatiker, entwickelte den ersten anonymen Remailer.
Am 25. August 1996 erschien im Londoner „Obserever“ ein groß aufgemachter Bericht unter dem Titel: „Die Hausierer des Kindesmißbrauchs, wir kennen sie, doch niemand hält sie auf.“ Ein großes Foto zeigte den finnischen Computerspezialisten Johan Helsingius, der als „Zwischenhändler von 90 % der Kinderpornographie im Internet“ bezeichnet wurde. Was hatte Helsingius getan, daß man ihn so an den Pranger stellte? Er betrieb in seiner Freizeit den Server „anon@penet.fi“, welcher als erster anonymer Remailer des Internet gilt, der den Versand von Nachrichten an nahezu alle Newsgroups des Usenet ermöglichte. Die Nutzer seines Service konnten bei ihm ein Postfach einrichten, über das Nachrichten versendet und empfangen wurden. Das Besondere daran war, daß die Kennung der Absender der Nachrichten entfernt und ihnen eine Identität verliehen wurde, die es unmöglich machte, daraus Rückschlüsse über die wahren Urheber zu ziehen. Streng genommen war „anon@penet.fi“ nur teilweise anonym, denn das System kannte die wahren Adressen der Nutzer. Julf Helsingius war 1992 durch eine Diskussion in einer finnischen Newsgroup auf die Idee zu dem Remailer gekommen. Mitglieder der Gruppe waren der Ansicht, alle Diskussionsteilnehmer müßten sich mit ihrem wahren Namen identifizieren, um so persönlich für ihre Beiträge verantwortlich gemacht werden zu können. Helsingius war anderer Meinung, denn im Internet würde es immer die Möglichkeit geben, ein solches System zu unterlaufen. Um seine Behauptung zu beweisen, entwickelte er innerhalb einiger Tage den Remailer. Es meldeten sich viele Interessenten, die so einen Dienst gern nutzen wollten und Julf Helsingius beschloß, das System in seiner Freizeit zu betreuen. Als Mitglied der schwedisch sprechenden Minderheit Finnlands hatte er Verständnis für den Wunsch, seine Meinung unter Umständen anonym äußern zu wollen. Auch die Kenntnis über die Verhältnisse im Nachbarland Finnlands, der früheren Sowjetunion, hatten ihn für dieses Thema sensibilisiert. Dort mußten einst Schreibmaschinen registriert werden, und Fotokopierer waren verboten. Johan Helsigius wurde 1961 geboren und wuchs in Helsinki auf. Früh begeisterte er sich für die Computertechnik und begann ein Informatikstudium, was er allerdings nicht beendete, da er schon frühzeitig in diesem Bereich zu arbeiten begann. Er gehörte zu den Gründern der finnischen Unix User Group und zu den Aktivisten des EUnet, dessen ersten Knoten er in Finnland betreute. Inzwischen hat er eine Position bei KPNQwest, einem Unternehmen, das Teile des EUnet übernommen hat. Sein Remailer war bereits 1995 in die Schlagzeilen geraten. Damals hatte ein Nutzer ausgewählte Teile von Dokumenten der berüchtigten Scientologie-Kirche veröffentlicht, um über deren Machenschaften aufzuklären. Die Organisation wollte ihn wegen Verletzung des Urheberrechts verklagen und erzwang, mit Hilfe der Polizei, die Preisgabe seiner wahren Identität. Kurz nach dem oben erwähnten Bericht des „Observer“ schloß Johan Helsingius genervt seinen Remailer. Ein weiterer Vorfall hatte das Faß zum Überlaufen gebracht: Ein Nutzer hatte unter dem Namen des ehemaligen Ministerpräsidenten von Singapur erfundene Nachrichten veröffentlicht, welche die Regierung des kleinen Staates beleidigten. Ein erneuter Skandal war abzusehen.