Andy Müller-Maguhn

Deutscher Computerexperte und europäischer Vertreter in der ICANN.

Im Oktober 2000 veröffentlichte die eher konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung die „Regierungserklärung“ des als anarchistischen Hacker verschrienen Andy Müller Maguhn. Der war gerade als Vertreter Europas in das Direktorium der ICANN gewählt worden und legte hier die Beweggründe für sein Engagement dar. In seinem Artikel zog er gegen die wachsende Kommerzialisierung und Regulierung des Internet zu Felde und sprach sich für die Bewahrung des Netzes als „öffentlichen Kulturraum“ aus. Da er seine Gedanken mit den Worten „Frisch zementierte Betongefängnisse in die Luft zu sprengen, war schon irgendwie okay, aber ins Internet zu ziehen einfach der gründlichere Ansatz“ anschaulich zu machen suchte und auch ein Hinweis auf die RAF-Terroristen, deren Fahndungsplakat er sich im Alter von elf Jahren besorgte, da auch sie, genau wie Andy, die Krawattenträger nicht leiden konnten, wurde er von den Gazetten der „New Economy“ prompt als „ehemaliger RAF-Sympathisant“ geoutet. Ende 2000 wurde er für den „Bremsklotz 2000“ nominiert, „da er nichts, aber auch gar nichts“ für die New Economy in Europa getan habe. Das liegt dem 1971 in Hamburg geborenen Andy Müller-Maguhn auch fern, denn er kommt aus der Tradition der Nutzer, die das Netz als einen Raum begreifen, in dem fast alles erlaubt ist, sofern es keinen anderen schädigt und denen der freie Informationsfluß über alles geht. Daher lehnt er auch Bestrebungen ab, die etwa pornografische oder faschistische Inhalte im Netz verbieten wollen. Solche Angebote sind für ihn klare Anzeichen gesellschaftlicher Probleme, denen man durch Verbote keineswegs Herr werden kann, sondern mit denen man sich auseinandersetzen müsse. Müller-Maguhn hat in den 80-er Jahren als Schüler erste Bekanntschaft mit der Computertechnik gemacht und sich die Kenntnisse gemeinsam mit anderen selbst angeeignet. Er entdeckte die Mailboxsysteme und das Usenet. 1986 stieß er zum Chaos Computer Club, dessen Sprecher er seit 1990 ist. Nach dem Abitur absolvierte er das Grundstudium der Nachrichtentechnik und ist zur Zeit als Student der Informationswissenschaft an der Freien Universität Berlin eingeschrieben, wobei er betont, daß ihn die Auswirkungen der neuen Technologien auf die Gesellschaft am meisten beschäftigen. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Journalist (z. B. betreibt er ein „Datenreisebüro“) und gefragter Spezialist in Sachen Datensicherheit. Sein Amt bei der ICANN will er dafür nutzen, die Interessen der individuellen Netznutzer zu artikulieren, die Entwicklungen kritisch zu beobachten und die Entscheidungsprozesse der ICANN transparent zu machen.

Michael Mohr

Deutscher Internet-Unternehmer der ersten Stunde.

Als in Deutschland der Begriff „New Economy“ noch ein Fremdwort und auch das Internet nur unter Insidern bekannt war, hatte Michael Mohr schon eine konkrete Geschäftsidee im Kopf, an dessen Realisierung er Anfang 1993 ging. Der am dritten Januar 1969 in München geborene Mohr hatte schon als Schüler begonnen, sich mit Technik zu beschäftigen. Gemeinsam mit einem Freund gründete er im Alter von 15 Jahren unter der Bezeichnung „Buchstaller und Mohr“ eine Forschergruppe. 1970 erhielt Mohr für seine Arbeiten im Bereich der computergesteuerten Robotik den „Philip-Morris-Forschungspreis“. Während seiner Arbeit als Forscher hatte er immer wieder Probleme, preisgünstige Bauteile für seine Arbeit aufzutreiben. Natürlich kannte er auch das Internet und so entwickelte er die Idee einer weltweit verfügbaren Datenbank, welche die Beschaffung entsprechender Komponenten erheblich erleichtern würde. Im Januar 1993 gründete er in Starnberg bei München das Unternehmen „DCI Database for Commerce and Industry“, um seine Vision umzusetzen. Heute ist die Firma der größte Online Marktplatz dieser Art in Europa. 2.600 Hersteller, 20.000 Großhändler und 25.000 Fachhändler können aus über 260.000 Produkten auswählen. Bei DCI, dem „Unternehmen der dritten Generation des E-Commerce“, geben Firmen, die ein bestimmtes Produkt benötigen ein Gesuch auf. Eine selbstlernende Datenbank, für die Mohr und seine Kollegen fünf Patente halten, verknüpft die Anfrage mit den entsprechenden Angeboten, die dann dem nachfragenden Unternehmen zugeleitet werden. So kann ohne langwierige Recherche die passende Offerte ausgewählt werden. Für seine zukunftsweisende Geschäftsidee wurde Mohr im Jahr 1998 mit dem „e-Business Award“ der vom Computerhersteller IBM und vom Fernsehsender ZDF vergeben wird, ausgezeichnet. Er wurde in den Internet-Beirat der Bayerischen Staatsregierung berufen und vom Magazin „Wirtschaftswoche“ im Jahr 2000 zu den „Top 100 der New Economy“ in Deutschland gezählt. In seiner knappen Freizeit genießt Mohr, der südlich von München lebt und arbeitet, die dortige Fünf-Seen-Landschaft oder treibt Sport.

Thomas Middelhoff

Deutscher Manager bei Bertelsmann.

„Er erkannte sehr frühzeitig die Möglichkeiten, die das Internet zur Erneuerung von Kommunikation, Information, Nachrichtenübermittlung und Unterhaltung der Menschen bietet“, das sagte Steve Case, der Gründer von AOL über seinen Geschäftspartner Thomas Middelhoff. „The Standard“ erklärte ihn, im Frühjahr 2000, zum einflußreichsten Geschäftsmann der Internet-Wirtschaft außerhalb der USA. Thomas Middelhoff wurde am 11. Mai 1953 in Düsseldorf geboren. Er studierte Betriebswirtschaftslehre in Münster und promovierte zum Dr. rer. Oec. Seit 1986 ist er bei Bertelsmann und stets auf der Suche nach neuen Vertriebswegen. Als er 1994 das Internet entdeckte, war ihm klar, daß die Kombination von Inhalt und Kommunikation auch für Bertelsmann eine große Chance bedeutete. Als er im selben Jahr das Joint Venture mit AOL in die Wege leitete, schüttelte man in Amerika den Kopf darüber, daß er nicht mit CompuServe zusammenarbeitete. „Diese verrückten Deutschen, die haben keine Ahnung davon, was wirklich los ist“ erinnert er sich. Inzwischen ist Bertelsmann der drittgrößte Medienkonzern der Welt und schickt sich an, durch eine Beteiligung an der Musiktauschbörse Napster, die Musikindustrie zu retten.

Mary Meeker

Amerikanische Analystin und Börsenmaklerin, Cheerleader des Internet.

„Königin des Web“, „First Lady des Internet“ oder die Wahl zur drittwichtigsten Frau der Welt; die amerikanische Presse ist um Superlative für die Analystin Mary Meeker nicht verlegen. Kritiker sehen in ihr jedoch die Symbolfigur einer Fehlentwicklung der Wall Street, bei der selbst Unternehmen mit Verlusten in Millionenhöhe zu schwindelerregenden Preisen gehandelt werden. Meeker selbst gibt zwar zu, daß 70 Prozent der „Dot.Coms“, wie die Firmen im Internet heißen, weit über Wert gehandelt werden, trotzdem ist ihr Optimismus ungebrochen, was die Erfolgsaussichten der Internet-Wirtschaft anbelangt. Die im September 1959 in Portland, Indiana, geborene Mary Meeker hat Psychologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon während ihres Studiums begann sie als Börsenmaklerin zu arbeiten. 1986 trat sie eine Stelle als Analystin bei der Börsenmaklerfirma „Solomon Brothers“ an. Nach einem Engagement bei einer weiteren Maklerfirma kam sie schließlich 1991 zum Wertpapierhaus „Morgan Stanley Dean Witter“, wo sie als Analystin im Bereich Software/Hardware beschäftigt wurde. In diesem Zusammenhang lernte sie 1994 auch die Firma ßßß Netscape kennen und erkannte das wirtschaftliche Potential des Internet. Sie empfahl Firmen wie AOL oder ßßß Yahoo zum Kauf, als kaum jemand an den Erfolg von Unternehmen dieser Art glaubte. In ihrem 1996 erschienenen Buch „Internet Report“ prophezeite sie der Werbung im Netzt eine goldene Zukunft, was sich mit dem Ende der 90-er Jahre einsetzenden Internet-Boom bewahrheitete. Inzwischen entscheidet sie mit ihren Empfehlungen über Wohl und Wehe von Unternehmen. Auch nach der mittlerweile eingetretenen Abkühlung des Marktes (so sank etwa der Aktienkurs von Yahoo Anfang 2001 um 94 Prozent) ist sie weiterhin optimistisch. Das ßßß Silicon Valley vergleicht sie mit den Verhältnissen im Basketball während ihrer Hig-School Zeit, damals gab es noch keine Basketball-Liga, und auch unbekannte Mannschaften konnten gegen bislang erfolgreiche Teams spielen und gewinnen. Ebenso können heute kleine Garagenfirmen im Internet gegen Großkonzerne antreten. Über Mary Meekers Privatleben ist nicht viel bekannt, sie ist unverheiratet und verbringt ihre knappe Freizeit beim Angeln und Skilaufen mit ihrem 21 Jahre älteren Bruder.

Beitragsbild: CC BY 2.0

Jack Ma

Chinesischer Unternehmer.

Der Vater des „chinesischen E-Commerce“, wie Jack Ma von der chinesischen Presse genannt wird, sieht sich selbst immer noch als „Internet-Dummy“, der von Technik keine Ahnung hat. Daher besteht er auch darauf, daß die Seiten seines Unternehmens so gestaltet sind, daß auch er sie ohne Probleme bedienen kann, denn auch die meisten Chinesen verstünden nicht mehr von Technik als er. Seine erste Bekanntschaft mit dem Internet machte der am 10 September 1964 in Hangzhou geborene Jack Ma auf einer Auslandreise in Seattle. Dabei fiel ihm auf, daß es im Netz so gut wie keine Informationen über sein Heimatland gab. Nach China zurückgekehrt, entwickelte er für seinen Arbeitgeber, das „Hangzhou Electronic and Engineering Institute“, für das er seit 1988 als Englischlehrer arbeitete, einen Auftritt im World Wide Web. In den ersten Stunden nach Freischaltung der Seiten bekamen sie immerhin schon fünf Rückmeldungen von Besuchern der Seite. 1995 beschloß Jack Ma, selbst ein Unternehmen im Internet zu gründen, und es entstand mit „China Pages“ das erste Verzeichnis chinesischer E-Commerce-Unternehmen. Seine Geschäftsidee war damals noch so exotisch, daß er bei der Anmeldung der Firma dem Beamten erst zwei Stunden lang erklären mußte, was das Internet überhaupt ist, und die Leute in seiner Heimatstadt hielten ihn für verrückt. Doch das Netz wurde auch in China bekannter und 1997 wurde er vom Ministerium für Außenhandel mit der Erstellung einer Web-Präsenz beauftragt. Schließlich gründete er 1999, gemeinsam mit 18 Mitstreitern im Haus seiner Familie in Hangzhou, das Unternehmen „Alibaba“. Die B2B Plattform versteht sich als Vermittler von Geschäftskontakten von Firma zu Firma (Business to Business) und bietet ihre Dienste hauptsächlich kleinen und mittelständischen Unternehmen an. Bislang ist „Alibaba“ erfolgreich, die renommierten Risikokapitalgeber Goldman Sachs und die „Softbank“ haben sich an der Firma beteiligt. Auch konnte Ma namhafte Persönlichkeiten als Mitarbeiter für sein Projekt gewinnen, etwa den ehemaligen Chefdesigner von ßßß Yahoo und den vormaligen Chef der Welthandelsorganisation WTO. Jungunternehmern, die es ihm gleichtun möchten, rät Ma, bloß keinen komplizierten Businessplan zu erstellen, wer seine Idee nicht in einfachen Worten schildern könne, sei zum Scheitern verurteilt.

Sam Lowry

Anti Dot.com Bewegung.

Am Morgen des 29. Februar 2000 klebten überall in San Francisco und Umgebung Aufkleber, auf denen Dinge wie: ToothpasteDeliveredInAnHour.com, PetShit.com oder AnythingIFoundInMyGarageForSale.com
zu lesen waren. Daneben fand sich ein, wie ein Verkehrszeichen aufgemachtes, Logo mit einem durchgestrichenen schwarzen Punkt und der Zeile: BlowTheDotOutYourAss.com. Was übersetzt heißt: „Pfeif Dir den Dot aus dem Arsch.com“. Marketingleute hielten diese Aktion für die besonders pfiffige Werbeingidee eines neuen Internet Start-ups. Das war es aber mitnichten. Wer die BlowTheDotOutYourAss.com Seite im World Wide Web aufrief, erfuhr, um was für ein Unternehmen es sich tatsächlich handelte und konnte Vorlagen für die Aufkleber herunterladen. Unter dem Pseudonym Sam Lowry, einer Figur aus dem Science Fiction Film „Brazil“ von Terry Gilliam, die aufgrund eines Tippfehlers in die Fänge einer übermächtigen Bürokratie gerät, organisierten zwei Angestellte der New-Economy diese Aktion. Die beiden wollten auf die übertriebene Euphorie um die Internet-Wirtschaft und den Niedergang von San Francisco und dem ßßß Silicon Valley hinweisen, der seit dem Boom der Firmen der New Economie, der sogenannten Dot coms, ständig voranschreitet. Die ganze Gegend ist von jungen arbeits- und vergnügungssüchtigen Leuten, mit teilweise unvorstellbar hohem Einkommen bevölkert und alles dreht sich nur noch um die New Economy. Dies treibt natürlich die Preise für Wohnraum in immense Höhen, so daß inzwischen viele Familien mit „normalem“ Beruf und Einkommen obdachlos werden. Auch die Künstler und Musiker, die San Francisco einst so belebten, wandern ab. „Jeden Tag gibt es neue Millionäre, aber es gibt auch mehr Obdachlose als je zuvor. Irgendwie ist das Bild schief“ wie es einer der Sams in einem Interview ausdrückte. Eines Tages sah er sich in seinem Büro um und fragte sich, ob unter seinen Kollegen überhaupt noch jemand sei, der einen Tisch aus Holz zimmern könne oder Lust zum Säen hätte. Der Kragen platzte den beiden, als sie eines Abends zur Party eines Start-ups gehen wollten, doch eine Horde von coolen 24-jährigen, die ebenfalls Einlaß begehrte ihnen den Weg versperrte. Sie gingen nach Hause und begannen ihre „Revolution“. Die Web-Seite brach unter dem Ansturm der Zugriffe zusammen und sie wurden mit zustimmenden E-Mails aus aller Welt überhäuft. „Wenn wir der Euphorie über die coolen Dot.coms nur ein wenig die Spitze nehmen könnten, wäre das schon ein Erfolg“ Das hat offensichtlich nicht jeder begriffen: Die Aktion wurde im September 2000 für einen Marketing-Preis nominiert.

Beitragsbild: Screenshot der Webseite

Toby Lenk

Amerikanischer Unternehmer, Gründer von eToys

Der „Onkel des Aufsichtsrates“ (Uncle of the board), wie sich der Gründer und Vorsitzende des Aufsichtsrates des Spielwarenversenders eToys, Edward C. „Toby“ Lenk nennt, gibt sich selbst wie ein großes Kind. „Kein Büro ist ohne eine Darth Vader Action-Figur komplett“ vertraute er „Business Week an und es wird berichtet, daß er häufig Golfbälle durch die Flure des Firmensitzes schlägt oder mit den Kindern seiner Schwester Wasserschlachten veranstaltet. Sein organisatorisches Talent konnte er bereits im Alter von 19 Jahren unter Beweis stellen. Damals führte er als Chef der 70 Caddies eines Golfclubs erstmals einen verbindlichen Terminplan, für die zuvor ziemlich unkoordiniert arbeitenden Jungen, ein. Edward C. Lenk wurde 1961 als zweites Kind eines Bankangestellten und einer Hausfrau in Boston geboren. Er studierte am Bowdoin College und machte 1987 einen Abschluß an der Harvard Business School, wo er bis 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Von 1991 bis 1996 arbeitete er im Bereich der strategischen Planung der Themenparks des Disney Konzerns. Dort lernte er die Liebe zum Detail die auch in seiner Arbeit bei eToys deutlich wird: Die Pakete von eToys werden in neutralen Kartons verschickt, um die Neugierde der Kinder der Empfänger, gerade zur Weihnachtszeit, nicht unnötig anzustacheln. Auch diskutierte er zwei Stunden über die Farbe eines Feldes auf der Web-Seite der Firma. Angeregt zur Gründung von eToys wurde er durch seine frustrierenden Erlebnisse bei den Weihnachtseinkäufen für seine Nichte und seinen Neffen. Ende 1996 beschloß er, im Internet einen Handel mit exklusiven Spielwaren für Yuppies zu gründen. Seine Kapitalgeber konnten ihn jedoch davon überzeugen, daß eine Firma in dem von ihm gewählten Bereich im Internet nur etwas werden könne, wenn sie ein möglichst großes Sortiment anbietet. Diesen Rat nahm er sich zu Herzen und gründete im Mai 1997 gemeinsam mit Bill Gross von Idealab! eToys . Die Firma ging im Oktober 1997 online. Die Entwicklung der Firma verlief erfreulich und beim Börsengang 1999 hatte eToys einen Wert von sechs Milliarden Dollar. Eine erste Störung des Geschäftsverlaufs ergab sich Ende 1999 durch den legendären „toywar“ der Künstlergruppe etoy, die zum Boykott des Unternehmens aufgerufen hatte, nachdem eToys in einer Klage die Schließung der Seite der Künstlergruppe gefordert hatte. Auch verlief das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr nicht so wie erhofft. Zwar hatte eToys immer noch einen Zuwachs des Umsatzes von 366% gegenüber dem Vorjahr zu verbuchen, aber die Lieferung der bestellten Spielsachen erfolgte bei Tausenden von Kunden erst nach dem 26. Dezember. Der Aktienkurs der Firma sank um etwa 50% aber Lenk, dessen Aktienpaket im Sommer 2000 immer noch 49 Millionen Dollar wert war, hoffte das Problem durch Investitionen in die Logistik lösen zu können. Als der Umsatz Weihnachten 2000 hinter den Erwartungen zurückblieb, wurden im Januar 2001 zwei Warenlager geschlossen und 700 der 1000 Angestellten entlassen. Lenk selbst wohnt noch immer in einem gemieteten Haus und fährt einen geleasten Toyota. Seine Schwester wunderte sich noch im Jahr 2000 über seine Sparsamkeit, als sie bemerkte, daß er sich innerhalb der letzten vier Jahre nicht ein Paar neue Schuhe gekauft hatte.

Bernd Kolb

Deutscher Unternehmer.

Der „Evangelist der neuen Medien“, wie eine Fachzeitschrift Bernd Kolb nannte, hat die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt und mit seiner Werbeagentur „I-D Media“ früh auf die „Neuen Medien“ gesetzt. Inzwischen ist sein Unternehmen eine Aktiengesellschaft mit über 400 Mitarbeitern und gehört auch international zu den erfolgreichsten Firmen der Branche. Der am 21. 11. 1962 in Aalen geborene Bernd Kolb ging nach Beendigung seines Studiums (die Angaben über das Studienfach schwanken zwischen Psychologie und Jura) in die USA. Dort arbeitete er unter anderem für Andy Warhols Zeitschrift „Interview“ und lernte das gerade entstehende Internet kennen. Nach Deutschland zurückgekehrt gründete er 1988 in Eßlingen seine Agentur für Marketing und Kommunikation. Nachdem er 1991 die Bekanntschaft mit dem Protagonisten der digitalen Medien, ßßß Nicholas Negroponte, gemacht hatte, begann Kolb sich auf den Bereich „Neue Medien“ und „digitale Marketingstrategien“ zu spezialisieren. 1993 eröffnete er ein erstes Multimedia-Produktionsstudio, das 1994 das interaktive Lifestyle-Magazin „Radar“ auf CD-Rom herausbrachte. Es folgten 1995 das erste Werbeprojekt im Internet (für die Zigarettenmarke „West“) und 1996 ein Interent-Suchspiel, der „Swatch Net Hunt“. Weiterhin machte „I-D Media“ durch die Entwicklung von E-Cyas, einem Avatar (einer nur im virtuellen Raum existierenden Figur), der als „Botschafter zwischen realen Welten und dem Cyberspace“ fungieren soll, von sich reden. Der 1998 vorgestellte Onlinedienst „Cycosmos“ bietet Internet-Nutzern die Möglichkeit, sich in einer „selbstkreierten sozialen Rolle zu bewegen“ (Kolb). Die Aufgabe einer Werbeagentur im digitalen Zeitalter besteht laut Kolb nicht mehr darin, die Menschen zu manipulieren, sondern sie dazu einzuladen, virtuelle Universen zu erkunden. Dort würden spezielle Filtertechniken es ermöglichen, den Nutzern individuelle Informationen zur Verfügung zu stellen. Konsequenterweise sieht Bernd Kolb, der auch als Berater für die rot-grüne Bundesregierung im Gespräch war, den Wandel von der Industrie zur Informations- oder Wissensgesellschaft auch als einen mit der industriellen Revolution vergleichbaren Prozeß an. Dabei sei die Informationsgesellschaft nicht durch eine unüberschaubare Menge an Informationen, sondern durch deren intelligente Verknüpfung gekennzeichnet.

Holger Kayser

Deutscher Unternehmer, DINO-online.

Der 1963 in Bremen geborene Holger Kayser studierte nach seinem Abitur Wirtschaftsspädagogik und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Göttingen. Danach arbeitete er am Volkswirtschaftlichen Seminar der Universität. 1996 war er einer von zwei Gründungsgeschäftsführeren der Firma „AIS Axon Internet Services GmbH“, die zur Vermarktung des Web-Kataloges DINO-online gegründet worden war. Holger Kayser war hauptsächlich für die kaufmännische Leitung und das Marketing verantwortlich, wobei das Online-Marketing einen besonderen Schwerpunkt bildete. Nach dem Verkauf von „AIS“ Anfang 1999 schied er Mitte des selben Jahres aus der Firma aus. Seitdem ist er als Berater für unterschiedliche Internet-Firmen tätig, unter anderem für die Firma „Financial Networks“ die mit „zertifikatweb“ einen Katalog von Zertifikaten, einer besonderen Form von Wertpapieren, im Internet betreibt. Holger Kaysers eigenes Unternehmen, die „New Media Beteiligungsgesellschaft“, hilft ihm dabei, seine vielfältigen Aktivitäten unter einen Hut zu bringen. Der Unternehmer ist viel unterwegs, weshalb ihm kaum Zeit für Freizeitbeschäftigungen bleibt. Auf die Frage nach einem Hobby nennt er einzig die Anhängerschaft zum Fußballverein Werder Bremen.

Karstadt

Deutsche Kaufhauskette, ging 1996 online.

Unter dem Namen „MyWorld“ ging eines der bekanntesten Kaufhäuser Deutschlands am 28. Oktober 1996 ins Internet. In 18 verschiedenen Shops konnten 150.000 unterschiedliche Artikel geordert werden. Daneben gab es die Möglichkeit, als Mitglied bei „MyWorld“ eine eigene Homepage einzurichten oder mit anderen Mitgliedern zu „chatten“, also sich zu unterhalten. Das Konzept verfing jedoch nicht und „MyWorld“ wurde im Herbst 2000 wieder geschlossen. In der realen Welt kann das alteingesessene Unternehmen bislang auf eine weit positivere Geschichte zurückblicken. Die Ursprünge der Firma liegen in einer Geschäftsgründung des Wismarer Kaufmannes Rudolph Karstadt (1854 – 1944). Im Jahre 1881 eröffnete er mit einem Angestellten in Wismar ein „Manufactur-, Confections- und Tuchgeschäft“. Das Besondere daran war, daß Karstadt erstmalig Festpreise einführte (bis dahin waren langwierige Verhandlungen über den Preis allgemein üblich) und Barzahlung verlangte. 1885 übernahm Theodor Althoff (1858 bis 1931) in Dülmen (Westfalen) ein „Kurz-, Woll- und Weißwarengeschäft“ von seiner Mutter. Auch er verfolgte ein ähnliches Konzept. 1920 fusionierten die beiden Unternehmen zur Rudolph Karstadt AG. 1926 wurde die „EPA Einheitspreis AG“ gegründet, die später als „Kepa Kaufhaus“ bekannt wurde. Das Unternehmen überstand die Weltwirtschaftskrise 1931 und hatte 1939 bereits 67 Filialen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb in Westdeutschland mit 45 Filialen weitergeführt. In den 70-er Jahren erwarb Karstadt 51 Prozent des Neckermann Versandhauses. Nach dem Fall der Mauer konnte Karstadt durch Übernahme verschiedener „Centrum“- und „Magnet“- Warenhäuser wieder in Ostdeutschland Fuß fassen. 1992 begann die Kooperation mit dem bekannten Moskauer Kaufhaus „GUM“. Schließlich wurde in Deutschland 1994 die bekannte Hertie-Warenhauskette übernommen. Natürlich arbeitet man bei Karstadt an einem neuen Internet-Auftritt, aber auch das Wohl der Aktionäre liegt der Geschäftsleitung am Herzen: Zur Zeit (Anfang 2001)versucht man die Rendite zu erhöhen, was unter anderem durch Sparmaßnahmen beim Verkaufspersonal erreicht werden soll.

Beitragsbild: Von GeoTrinity – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,