Andy Müller-Maguhn

Deutscher Computerexperte und europäischer Vertreter in der ICANN.

Im Oktober 2000 veröffentlichte die eher konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung die „Regierungserklärung“ des als anarchistischen Hacker verschrienen Andy Müller Maguhn. Der war gerade als Vertreter Europas in das Direktorium der ICANN gewählt worden und legte hier die Beweggründe für sein Engagement dar. In seinem Artikel zog er gegen die wachsende Kommerzialisierung und Regulierung des Internet zu Felde und sprach sich für die Bewahrung des Netzes als „öffentlichen Kulturraum“ aus. Da er seine Gedanken mit den Worten „Frisch zementierte Betongefängnisse in die Luft zu sprengen, war schon irgendwie okay, aber ins Internet zu ziehen einfach der gründlichere Ansatz“ anschaulich zu machen suchte und auch ein Hinweis auf die RAF-Terroristen, deren Fahndungsplakat er sich im Alter von elf Jahren besorgte, da auch sie, genau wie Andy, die Krawattenträger nicht leiden konnten, wurde er von den Gazetten der „New Economy“ prompt als „ehemaliger RAF-Sympathisant“ geoutet. Ende 2000 wurde er für den „Bremsklotz 2000“ nominiert, „da er nichts, aber auch gar nichts“ für die New Economy in Europa getan habe. Das liegt dem 1971 in Hamburg geborenen Andy Müller-Maguhn auch fern, denn er kommt aus der Tradition der Nutzer, die das Netz als einen Raum begreifen, in dem fast alles erlaubt ist, sofern es keinen anderen schädigt und denen der freie Informationsfluß über alles geht. Daher lehnt er auch Bestrebungen ab, die etwa pornografische oder faschistische Inhalte im Netz verbieten wollen. Solche Angebote sind für ihn klare Anzeichen gesellschaftlicher Probleme, denen man durch Verbote keineswegs Herr werden kann, sondern mit denen man sich auseinandersetzen müsse. Müller-Maguhn hat in den 80-er Jahren als Schüler erste Bekanntschaft mit der Computertechnik gemacht und sich die Kenntnisse gemeinsam mit anderen selbst angeeignet. Er entdeckte die Mailboxsysteme und das Usenet. 1986 stieß er zum Chaos Computer Club, dessen Sprecher er seit 1990 ist. Nach dem Abitur absolvierte er das Grundstudium der Nachrichtentechnik und ist zur Zeit als Student der Informationswissenschaft an der Freien Universität Berlin eingeschrieben, wobei er betont, daß ihn die Auswirkungen der neuen Technologien auf die Gesellschaft am meisten beschäftigen. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Journalist (z. B. betreibt er ein „Datenreisebüro“) und gefragter Spezialist in Sachen Datensicherheit. Sein Amt bei der ICANN will er dafür nutzen, die Interessen der individuellen Netznutzer zu artikulieren, die Entwicklungen kritisch zu beobachten und die Entscheidungsprozesse der ICANN transparent zu machen.

Michaela Merz

Deutsche Unternehmerin.

1999 wurde in den deutschen Medien eine lebhafte Diskussion über das Programm „Web Washer“ der Firma Siemens geführt, eine Software, die das Ausblenden von Werbebannern beim Surfen im Internet erlaubt. Die damalige Geschäftsführerin des Providers „Germany.Net“ gehörte zu den entschiedenen Gegnern dieser Technologie. Kein Wunder, denn der von ihr im Jahr 1995 gegründete Dienst „Germany.Net“ bot einen, bis auf die Telefongebühren kostenlosen Zugang zum Internet, der sich durch Werbung finanzierte. Also beschwor sie den Konsens „Werbung gegen Information“, der im Internet zwischen Anbietern und Abrufern bestünde. Michaela Merz wurde 1960 in Kassel geboren und begann nach dem Abitur ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Während dieser Zeit war sie mit einem Informatiker liiert, von dem sie sich nach einem Streit trennte. Allerdings ließ er in ihrer Wohnung seinen Computer, einen Sinclair ZX 81, zurück. Michaela Merz begann, sich mit diesem Gerät zu beschäftigen. Sie lernte Programmieren und nutzte die Mailboxsysteme des Fido- und Magicnet. Auch entwickelte sie mit Freunden und Bekannten Software, die über eine eigene Mailbox verteilt wurde. Später entstand daraus die „Free Software Association of Germany“, FSAG, ein Unternehmen zur Entwicklung und zum Vertrieb freier Software. Zu den Kunden gehörten Unternehmen wie IBM, Siemens oder Hewlett Packard. Nach ihrem Studium arbeitete Michaela Merz zunächst als Trainee bei einer internationalen Werbeagentur und war dann Marketingleiterin eines japanischen Unternehmens, das elektronische Systeme für den Point of Sale entwickelte. Den Namen „Germany.Net“ ließ sie im Jahr 1994 registrieren und ein Jahr später wurde die Firma „Callisto Germany.Net“ gegründet. Michaela Merz wollte mit der Firma breitere Bevölkerungsschichten für das Internet interessieren, auch reizte sie die Aufgabe, die Kommunikationsmöglichkeiten, die sie im Netz kennengelernt hatte, mit dem Marketing zu verbinden. Ihr Plan sah daher vor, einen kostenlosen, durch Werbung finanzierten, Internetzugang anzubieten. Ihr Konzept ging auf und „Germany Net“ war 1996 der drittgrößte Online-Dienst Deutschlands, noch vor AOL oder dem Microsoft Network. 1997 verkaufte Merz ihre Firmenanteile an den Telefonanbieter „O.tel.o“ und zog sich schließlich 1999 gänzlich aus dem Unternehmen zurück. Inzwischen lebt sie in Florida, wo sie die Firma „Steyla Technologies“ gründete, welches Projekte und Technologien für Unternehmen im Bereich der Telekommunikation entwickelt. Außerdem ist sie Vorstandsvorsitzende eines Providers für E-Commerce-Lösungen. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich mit Dingen, die nichts mit dem Internet zu tun haben. Die begeisterte Pilotin fliegt außerdem viel und lernt auf diese Weise die Landschaften und Naturwunder der USA kennen.

Beitragsbild: Von Mathesar – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,

Marimba

Amerikanisches Softwareunternehmen.

„Surfen ist out, die Leute wollen, daß sich ihre Computer genauso leicht bedienen lassen wie Fernseher. Sie wollen nur ein paar Kanäle, die sie sich im Internet ansehen können“. So zitierte das Magazin „Focus“ im Jahr 1997 die Geschäftsführerin der kalifornischen Firma „Marimba“, Kim Polese. Die Softwareschmiede beschäftigte sich mit der „Push-Technologie“, die damals als der letzte Schrei im Internet galt. Die Nutzer des Netzes bedienen sich für gewöhnlich der „Pull-Technologie“, das heißt, sie suchen sich gewünschte Informationen selbst zusammen, indem sie etwa entsprechende Web-Seiten wählen. Bei Verwendung der „Push-Technologie“ hingegen werden die Inhalte den Nutzern frei Rechner geliefert. Eine spezielle Software sorgt dafür, daß Daten von zuvor festgelegten Rechnern aus dem Netz übertragen werden. Dabei kann es sich ebenso um Nachrichten wie um Updates für genutzte Software handeln. Das dafür notwendige Protokoll DRP (Distribution and Replikation Protocol) wurde von „Marimba“ sogar dem W3 Konsortium als Internet-Standard vorgeschlagen. Das Unternehmen wurde 1996 von vier ehemaligen Mitarbeitern der Firma SUN gegründet, die an der Entwicklung der Programmiersprache „JAVA“ mitgearbeitet hatten. Das bekannteste Mitglied des Teams war die damals 34 Jahre alte Italo-Amerikanerin Kim Polese, die für das Marketing des Java-Projektes verantwortlich gewesen war, außerdem gehörten Jonathan Payne, Arthur van Hoff und Sami Shaio zur Gruppe. Die „Push-Technologie“ hat sich zwar nicht großflächig durchgesetzt, doch Marimba beschäftigt sich immer noch mit der Softwareentwicklung in diesem Bereich.

Beitragsbild: Screenshot der Webseite 1999

Pattie Maes

Belgische Informatikerin am MIT.

Als Kind wäre die 1961 in Belgien geborene Pattie Maes am liebsten Tierärztin geworden oder hätte ein Tierheim eröffnet. Sie züchtete Kaninchen und erfreute ihre große Familie, sie hat drei Schwestern und zwei Brüder, ständig mit kranken Hunden und Katzen, die sie mit nach Hause brachte. Inzwischen ist sie selbst verheiratet, hat einen Sohn und lebt in den USA, wo sie vor einiger Zeit zu den „100 Amerikanern für das nächste Jahrhundert“ gewählt wurde. Pattie Maes hatte Informatik an der Universität in Brüssel studiert, da ihr dieses Studienfach am vielseitigsten erschien. Sie beschäftigte sich mit künstlicher Intelligenz und promovierte 1987 über selbstreflektierende Computerprogramme. Rodney Brooks vom Massachusetts Institute of Technologie, MIT, wurde auf ihre Arbeit aufmerksam und lud sie ein, dort für zwei Monate, gemeinsam mit dem Guru der Robotertechnik Marvin Misky, am Institut für künstliche Intelligenz zu arbeiten. Bevor ihr am MIT eine Gastprofessur angeboten wurde, arbeitete sie daran, Robotern das Gehen beizubringen. 1990 kam sie dann zum Media Lab des MIT, dort beschäftigte sie sich mit der Entwicklung von „Agenten“. Dies sind „lernfähige“ Programme, die bestimmte Aufgaben übernehmen und auf ihr Umfeld „reagieren“ können. Ein erstes Programm dieser Art war ein Terminplaner, ein zweiter Agent Namens „Maxim“ hatte die Aufgabe, Pattie Maes eingehende E-Mail in der Reihenfolge ihrer Priorität zu sortieren. Die Software „beobachtet“ einige Zeit, wie die eingehenden Mails behandelt werden und kann danach selbst „entscheiden“, wie die eintreffenden Nachrichten zu sortieren sind. Eine weitere Entwicklung waren Agenten, die miteinander kommunizieren konnten. Traf zum Beispiel die E-Mail eines Absenders ein, der dem zuständigen Programm unbekannt war, so konnte die Software bei anderen Agenten „nachfragen“, welchen Stellenwert der Absender wohl haben könnte. Auf der Grundlage dieser Entwicklungen gründete Pattie Maes gemeinsam mit Partnern 1995 das Unternehmen Firefly, um die Technologie außerhalb des Elfenbeinturms des MIT in der Praxis zu erproben. Die Firma verwendete Agenten, die aufgrund des Musikgeschmacks der Nutzer entsprechende Einkaufsvorschläge machten oder Kontakte zwischen Personen mit ähnlichen Vorlieben knüpften. Pattie Maes arbeitet als Leiterin der „Autonomous Agents Group“ des MIT weiter an dieser Technologie, die inzwischen schon recht weit fortgeschritten ist. Das Projekt „Kasbah“ ist zum Beispiel ein virtueller Markt, auf dem Agenten miteinander Handel treiben. Ein anderes Anwendungsgebiet dieser lernfähigen Software ist die Unterhaltungsindustrie, wo etwa bei animierten Filmen die Figuren keinen vorgegebenen Bewegungsmustern mehr folgen, sondern auf die sie umgebende „Umwelt“ reagieren. Auf diese Weise wurden die Fledermäuse in dem Film Batman II animiert. Den Vorwurf, die Agenten würden der zunehmenden Verblödung der Menschen weiteren Vorschub leisten, tritt sie entgegen. Für sie, die sich selbst als eher vergeßlich und unordentlich bezeichnet, sind diese Programme eine Hilfe, den Alltag besser bewältigen zu können, etwa wenn es darum geht, den günstigsten Preis für eine Ware zu ermitteln. Auch ist es ihr Anliegen, Menschen einander näher zu bringen und Gemeinschaften zu schaffen. Natürlich sollten die Nutzer in jedem Fall die Funktionsweise der Software kennen, wodurch es in Zukunft einer immer größer werdenden Anzahl von Menschen möglich würde, ihren Horizont zu erweitern.

Beitragsbild: Von Joi – , CC BY 2.0,

Vinny Licciardy

Held der frustrierten Computeranwender.

Wer hat sich nicht schon gewünscht, seinen Computer einfach an die Wand zu werfen, wenn die Software wieder einmal nicht das tat, wozu sie eigentlich angeschafft wurde. 1998 kursierte ein Videoclip im Internet, der einen offenbar heimlich aufgenommenen Mann zeigte, welcher in einem Großraumbüro seinen Computer demolierte und somit die Wünsche vieler Anwender auszuführen schien. Der kleine Film verbreitete sich im Schneeballsystem rasant über die ganze Welt und wurde schließlich sogar im Fernsehen gezeigt. Doch bald stellte sich heraus, daß die ganze Szenerie gestellt war. Spezialisten verkündeten, daß die Tastatur gar nicht an den Rechner angeschlossen war und der vermeintliche Übeltäter zwischendurch sogar in die Kamera grinste. Tatsächlich handelt es sich um einen Werbefilm der Firma „Loronix“ aus Durango, Colorado, die seit 1987 Überwachungskameras herstellt und vertreibt. Das Unternehmen hatte 1995 eine CD-ROM mit Werbespots für ihre Produkte produziert und an Kunden verteilt. Darsteller war der damals 32 Jahre alte Angestellte der Firma Vinny Licciardi. Seine Aufgabe als Schauspieler bewältigte er problemlos „Jeder ist mal frustriert. Ich mußte nur meinen Gefühlen freien Lauf lassen und es genießen“ bekannte er in einem Interview.

Olia Lialina

Russische Netzkünstlerin.

Der Name der Arbeit Olia Lialinas „If you want to clear your screen – scroll up and down“ ist gleichzeitig Programm: Die Web-Seite zeigt die Abbildung der Innenfläche einer geöffneten Hand, die mit Hilfe der Scrollbalken des Browsers hin und her bewegt werden kann, als würde der Monitor von innen mit einer Hand abgewischt. Die 1971 geborene Olia Lialina hatte in Moskau Journalistik studiert. Sie schrieb Filmkritiken, war als Kurator für das Moskauer Kino „Cine Fantom“ tätig (das sich der Präsentation russischer Experimentalfilme widmet) und hat selbst auch zwei Experimantalfilme gemacht. 1995 hatte sie ihren ersten Kontakt mit dem Internet als sie die Web-Seite für „Cine Fantom“ erstellte, dabei wurden auch Videosequenzen eingebunden. Lialina fragte sich, ob es nicht möglich sei, eine Bildsprache zu entwickeln, die es ermöglichte, mit den Mitteln dieses neuen Mediums Geschichten zu erzählen. Ihre erste Arbeit auf diesem Gebiet, „My Boyfriend came back from the war“, die 1996 veröffentlicht wurde, fand international Anerkennung. Der Betrachter steuert den Verlauf der Geschichte, da es an ihm liegt, welchen der angebotenen Links er anklickt, wodurch der Eindruck einer speziellen Montagetechnik entsteht. Der Bildschirm wird mit Hilfe der Frametechnik schließlich in 17 Segmente geteilt, die am Ende der Geschichte schwarz sind. Olia Lialina spielt mit den Inhalten und Techniken des Internet, wenn zum Beispiel bei „Anna Karina goes to paradise“ – einer Komödie in drei Akten und Epilog – auf schwarzweiß gehaltenen Seiten, die Web-Seiten von Suchmaschinen gezeigt werden. Sie zeigen die Ergebnisse der Suche nach den Begriffen „Love“, „Train“ und „Paradise“, deren Ergebnisse jedoch sämtlich ins Leere führen. Bei ihrer Arbeit „Anna Appears“ wird der Dialog zweier Personen mit dem Mauscursor sichtbar gemacht, indem beim Berühren der Figuren kleine Texte erscheinen und die Geschichte durch Mausklick fortgeführt wird. 1998 eröffnete die Künstlerin die „Art.Teleportica“, die erste Galerie für Netzkunst. Hier werden entsprechende Werke ausgestellt und verkauft, wobei der Käufer entscheiden kann, ob und wo das Kunstwerk künftig zu sehen sein soll. Als Echtheitszertifikat gilt dabei die originale Web-Adresse. Olia Lialina ist verheiratet und hat eine Tochter. Sie lebt und arbeitet in Moskau und München, wo sie Mitglied des Medienforums ist. Die gefragte Dozentin im Bereich Netzkunst hat zur Zeit einen Lehrauftrag an der Merz-Akademie, Stuttgart.

Vladimir Levin

Erster Bankräuber des Cyberspace.

Anfang 1994 wunderten sich Kunden der amerikanischen Citibank darüber, daß größere Geldsummen ohne ihr Zutun auf Nimmerwiedersehen von ihren Konten verschwanden und meldeten dies dem Geldinstitut. Da sich diese Vorfälle wiederholten, konnte festgestellt werden, daß jemand unberechtigterweise in das System der Bank eingedrungen war, Geld von diversen Konten abgebucht und es auf Banken überall auf der Welt verteilt hatte. Es gelang, sechs Personen festzunehmen, die Geld in San Francisco, Tel Aviv und Rußland abgehoben hatten. Sie identifizierten Vladimir Leonidovich Levin als eigentlichen Drahtzieher dieser Aktion. Der damals 26 Jahre alte Sohn eines Arztes hatte ein Studium der Biochemie abgeschlossen und arbeitete als Programmierer bei einer St. Petersburger Software-Firma, von wo aus er die Manipulationen vornahm. Zu Levins Glück existierte jedoch kein entsprechendes Auslieferungsabkommen zwischen den USA und Rußland, so daß er zunächst unbehelligt blieb. 1995 trat er eine Reise nach London an, wo er bereits am Flughafen von Interpol erwartet wurde. Sein gegen eine Auslieferung in die USA geführte Kampf durch alle Instanzen blieb jedoch ohne Erfolg und so konnte er 1997 nach Amerika überstellt werden. Der russische Hacker, den die amerikanische Presse eher mit einer Figur aus einem Dostojewski-Roman als mit einem High-Tech Spezialisten verglich, wurde Ende 1998 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Die Angaben über den von ihm gestohlenen Geldbetrag schwanken zwischen fünf und zehn Millionen Dollar. Bis auf einen Betrag von 400.000 Dollar hat die Bank das Geld zurückerhalten.

DrKoop.com

Amerikanisches Gesundheitsportal.

Das Traumland der Hypochonder liegt im Internet: Die von dem amerikanischen Arzt initiierte Web-Seite „DrKoop.com“, bietet Zugang zu Informationen über alle möglichen Krankheiten. Der 1916 in New York geborene Charles Everett Koop ist eine Ikone des amerikanischen Gesundheitswesens. Nach seinem Medizinstudium und der Erlangung des Doktortitels im Jahr 1947 arbeitete er von 1948 bis 1981 als Chefchirurg des Kinderkrankenhauses von Philadelphia. Außerdem war er lange Jahre Professor für Kinderheilkunde an der Universität von Pennsylvania. 1974 erregte er durch eine Operation, bei der Siamesische Zwillinge getrennt wurden, weltweit Aufsehen. Als Chef der Gesundheitsbehörde, unter der Reagen-Administration 1981-1989, machte der als konservativ geltende Mediziner durch seine fortschrittlichen Ansichten zu den Themen Rauchen und AIDS von sich reden. Er empfing zahlreiche Auszeichnungen und besitzt 35 Ehrendoktortitel. 1995 machte er sich die moderne Technik zur Aufklärung im Gesundheitswesen zunutze, als er gemeinsam mit dem Time Magazin eine Serie von Videos zu verschiedenen Themen rund um die Gesundheit produzierte. Den Internet-Boom Ende der 90-er Jahre nutzte Dr. Koop zur Etablierung einer entsprechenden Seite im Internet. Zwar gab es bis dato schon eine schier unübersehbare Anzahl entsprechender Seiten im Internet, doch die Bündelung solcher Angebote versprach ein einträgliches Geschäft zu werden. So stieg der Aktienkurs der Gesellschaft kurz nach dem Börsengang 1999 auf über 36 Dollar. Doch Dr. Koop hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Zwar wurde die Seite recht gut besucht, doch das Publikum scheute sich davor, etwa sensible Daten preiszugeben, um von der angebotenen individuellen Gesundheitsberatung zu profitieren. So rutschte der Aktienkurs auch schnell wieder ab und lag im April 2000 bei zwei Dollar. Dr. Koop mußte den größten Teil seiner Mitarbeiter entlassen, und das Unternehmen erschien auf der „Todesliste“ eines amerikanischen Wirtschaftsmagazins. Das Überleben des Unternehmens, das im Jahr 2000 bei einem Umsatz von 9 Millionen Dollar einen Verlust von 88 Millionen Dollar einfuhr, konnte bislang nur durch immer wieder neue Finanzspritzen wohlmeinender Investoren gesichert werden.

Beitragsbild: Screenshot der Seite 2000

Charley Kline

Amerikanischer Informatiker, versandte die erste E-Mail.

„LO“ so lautete die erste Botschaft, die mittels eines Internet-Protokolls über eine Telefonleitung von einem Rechner zu einem anderen geschickt wurde. Ein biblischer Ausdruck („lo“ heißt „siehe“) oder die phonetische Form des Wortes „hello“, wie Leonard Kleinrock sich erinnert. Eigentlich sollte „login“ übertragen werden, um eine feste Verbindung herzustellen. Doch die beteiligten Rechner stürzten ab, nachdem das „G“ eingegeben worden war. Eine Stunde später war der Fehler behoben, und das Internet war geboren. Der Versuch fand am 29. Oktober 1969 zwischen der University of California at Los Angeles (UCLA) und dem Stanford Research Institute (SRI) statt. Eine erste Übertragung zwischen zwei Rechnern, die allerdings nur zwei Meter voneinander entfernt waren, war bereits am 2. September geglückt. Im Oktober hatte der damals 21 Jahre alte Student Charley Kline die Ehre, das Terminal zu bedienen. Kline ist dem Internet treu geblieben, er arbeitet als „Senior Technologist“ bei der Firma Cisco. In einem Interview im Jahr 1999 bezeichnete er den Ausbau der Infrastruktur als vordringliche Aufgabe zur Entwicklung des Internet, da dadurch Anwendungen wie Internet-Telefonie oder Videoübertragungen in annehmbarer Qualität ermöglicht würden.

Leonard Kleinrock

Amerikanischer Ingenieur und Informatiker.

Bereits 1959 hatte sich der Student Leonard Kleinrock am ßßß MIT mit analytischen Modellen von Kommunikationsnetzwerken beschäftigt. 1961 schrieb er einem Aufsatz über die Lenkung von Datenströmen in Netzwerken und 1962 legte er mit seiner Dissertation „Communication Nets“, die 1964 auch als Buch veröffentlicht wurde, die Grundlagen für den Datenfluß im Internet, lange bevor der Vorläufer des Netzes, das ARPANET projektiert wurde. Daher wird Kleinrock zuweilen auch als Vater oder Erfinder des Internet bezeichnet. Leonard Kleinrock wurde am 13. Juni 1934 in Manhatten geboren. Angeregt durch die Lektüre eines Supermann Comic-Heftes, dem eine entsprechende Anleitung beigelegt war, baute der Sechsjährige sich einen Kristallempfänger (ein Radio, das ohne Versorgungsspannung arbeitet) und entwickelte sich zum begeisterten Radiobastler. Nach dem Besuch der High School of Science nahm er 1951 eine Stellung als Techniker bei einer kleinen Eletronikfirma an. Nebenbei studierte er in Abendkursen am renommierten New Yorker City College Elektrotechnik. Nach seinem Abschluß im Jahr 1957 schlug er ein Angebot Ken Olsens aus, sich an der Gründung der Firma DEC zu beteiligen. Statt dessen nahm der begabte Ingenieur ein Stipendium für das renommierte Massachusetts Institute of Technologie an, wo er sich mit der damals wenig populären Netzwerktechnolgie beschäftigte. Nach Beendigung seines Studiums ging er als Professor an die University of California at Los Angeles (UCLA). Als die ARPA sich Mitte der 60-er Jahre mit der Netzwerktechnologie zu beschäftigen begann, wurde natürlich auch Kleinrock in die Arbeiten einbezogen. Er leitete 1969 das Team der UCLA, welches dort den ersten Knoten des ARPANET etablierte, von dem aus die erste Nachricht über das Netzwerk versendet wurde. Zu seinen Mitarbeitern gehörten unter anderem Vinton Cerf, Stephen Crocker und ßßß John Postel. Leonard Kleinrock lehrt immer noch an der Universität von Kalifornien, seinen Studenten empfiehlt er, eingefahrene Wege zu verlassen und neue Ideen zu entwickeln. Mittlerweile hat er über 40 Doktoranden betreut, die zu den Experten der Informationstechnologie gehören. Er sitzt im Vorstand diverser Unternehmen und Organisationen und hat selbst mehrere Firmen mitbegründet, zum Beispiel im Jahre 1998 „Nomadix Software“, ein Unternehmen, das Software für den unproblematischen Internetzugang entwickelt. Kleinrock ist verheiratet, hat vier Kinder und fünf Enkelkinder. Als Freizeitbeschäftigung gibt er unter anderem Karate (er besitzt den schwarzen Gürtel) und Marathonlauf an. In einem Interview im Jahre 1999 warnte er davor, die Nutzer des World Wide Web durch übermäßige Bannerwerbung und schlecht gemachte Web-Seiten zu vergraulen.

Beitragsbild: Von Brewster Kahle – Personal camera, Gemeinfrei